Novizin der Liebe
früheren Zeiten stammenden Gefolgschaftstreue. Ein falscher Schritt, und sie würden ihr die Kehle durchschneiden und sie als Verräterin in den nächsten Graben werfen.
„Kein geeigneter Ort für ihn?“, wiederholte Edmund in gereiztem Ton. „Inmitten seiner eigenen Leute? Ich würde sagen, es ist genau der richtige Ort für ihn! Als ich geschworen habe, für Euren Vater zu kämpfen, Cecily, habe ich einen lebenslangen Schwur geleistet. König Harolds Leibwächter sind bis auf den letzten Mann bei Hastings gefallen; sie haben ihr Leben für ihn gegeben, in Erfüllung eines Schwurs, wie auch ich ihn geleistet habe. Warum sollte es für mich und die Männer hier anders sein?“
Cecily legte Philip in einen Weidenkorb und nahm neben Edmund auf einer Bank aus Baumstämmen Platz. Er hatte den Sax zurück in die Scheide gesteckt, stellte sie erleichtert fest. „Loyalität ist etwas Bewunderungswürdiges“, sagte sie leise. „Doch bitte, Edmund, sieh dich vor. Was wird aus Loyalität, wenn eine Sache verloren ist?“
Edmund blickte finster drein und verschränkte die Arme vor der Brust. Cecily schöpfte Mut aus der Tatsache, dass er nicht sogleich aufgesprungen und davongestapft war. Wenn sie hier irgendjemanden erreichen konnte, dann war es Edmund, und das musste sie um Himmels willen versuchen …
„Edmund, was bedeutet Loyalität für dich?“
Regen tropfte auf das Segeltuch.
Er runzelte die Stirn. „Nun, das ist, wenn ein Krieger schwört, seinem Thane beizustehen.“
„Warum? Warum sind solche Schwüre nötig?“
Er machte eine ungeduldige Handbewegung. „Ha! Dass Ihr – die Tochter eines Thane – mich so etwas fragt!“
„Sag es mir, Edmund. Ich möchte es verstehen.“
Er zuckte die Schultern. „Ein Thane muss sich darauf verlassen können, dass seine Krieger ihm stets zur Seite stehen, mit ihm durch dick und dünn gehen. Das war schon immer so. Ohne Krieger, um dem Gesetz Geltung zu verschaffen, würde jeder machen, was er will, und die Welt würde im Chaos versinken.“
„Und wenn ein Krieger von seinem Schwur zurücktreten würde?“
„Dann würde er zu einem Ausgestoßenen, von allen verachtet.“
„Man sagte mir, dass König Harold bei seinem Aufenthalt in der Normandie selbst einen feierlichen Eid geschworen hat, als er versprach, Herzog Wilhelms Anspruch auf den englischen Thron zu unterstützen.“
Edmund sprang auf. „Das ist eine Lüge! Normannisches Gerede! Harold wurde getäuscht.“ Er beugte sich zu Cecily hinab, bis sein Gesicht ganz nahe an dem ihren war. Seine Pupillen waren winzig klein. „Wenn Ihr alles schluckt, was Euch dieser fremde Eheherr vorsetzt, werdet Ihr ersticken!“
Cecily faltete die Hände, damit sie nicht so zitterten, und setzte sich kerzengerade auf die behelfsmäßige Bank. „Es tut mir leid, Edmund“, sagte sie so kleinlaut sie konnte. „Ich versuche nur, zu verstehen. Und nun beruhige dich, sonst weckst du Philip auf.“
Zu ihrer Erleichterung setzte Edmund sich wieder an ihre Seite. Zaghaft berührte sie seinen Arm. „Ich fürchte, dass du und Judhael diesen Menschen keinen guten Dienst erweist, wenn ihr meinem Vater die Treue haltet. Sieh dich um – ihr lebt wie die Tiere, und die Menschen auf Fulford brauchen deine Stärke …“
Edmund blickte finster drein. „Der Schwur, den ich Eurem Vater geleistet habe, war heilig.“
„So heilig, dass er dich und diese Menschen“, sie wies mit dem Kopf auf die anderen, „in ein frühes Grab bringen wird?“
„Wenn es sein muss.“
Cecily schüttelte den Kopf. Es war hoffnungslos. Edmund war ebenso starrköpfig im Angesicht der Niederlage, wie ihr Vater es gewesen wäre, und wie Judhael es zweifellos ebenfalls war. War der männliche Charakter immer so starr und unbeweglich?
Der Gedanke an Adam blitzte in ihr auf. Sie erinnerte sich daran, wie er ihr in ihrer Hochzeitsnacht die Hand entgegengestreckt hatte – und an jenen Anflug von Verletzlichkeit in seinen Augen, als er angeboten hatte, sie zu heiraten. Adam war irgendwie rätselhaft. Hatte er sie nicht auf ihren Vorschlag hin zur Frau genommen, obwohl er vorgehabt hatte, Emma zu ehelichen? Der Charakter ihres Mannes war ganz und gar nicht starr und unbeweglich …
In der Tat hatten Adam und seine Landsleute eine bemerkenswerte Offenheit an den Tag gelegt, wenn man bedachte, dass sie als Eroberer nach Fulford gekommen waren. Vor ihrem geistigen Auge sah Cecily, wie Adam und Richard über einen Becher Wein gebeugt dasaßen und die
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