Novizin der Liebe
Köpfe zusammensteckten; sie konnte Adam sehen, wie er auf ebensolche Weise mit seinem Knappen Maurice sprach, und auch mit Brian Herfu … Damals war ihr die Bedeutung entgangen, doch hatte Adam sich in all diesen Fällen nicht mit den anderen ausgetauscht, ehe er seine Entscheidungen getroffen und Befehle erteilt hatte? Er besaß die Angewohnheit, auch Sir Richards Einschätzung und die seiner Männer in Betracht zu ziehen und seine eigenen Pläne dann gegebenenfalls zu ändern.
Ihr Vater hätte es als Zeichen großer Schwäche betrachtet, sich mit anderen zu beratschlagen. Nicht so Adam. Und wenn man sie fragte, eine Frau, welcher der beiden – ihr Vater oder ihr Ehemann – der Stärkere war, würde sie für ihren Mann stimmen. Adams Stärke war eine neue Art der Stärke; seine Herrschaft eine neue Art der Herrschaft, eine, die weit über jene alte Gefolgschaftstreue mit ihren heiligen Eiden hinausging, die Männer verblendet in den Tod schickte. Die Zeit für solche Treueeide war vorüber, die Welt änderte sich, und wenn Judhael und Edmund sich nicht auch änderten, würden sie untergehen.
Adams Weg war der Weg nach vorn, und dafür liebte sie ihn.
Liebte ihn? Beinahe hätte sie sich verschluckt.
Sie liebte ihn? Sicher jedenfalls war, dass sie sich sehnlich wünschte, er wäre da und stünde ihr bei.
Cecily senkte rasch den Kopf, damit Edmund ihren bestürzten Gesichtsausdruck nicht bemerkte. Nein – man konnte gewiss niemanden lieben, den man erst seit wenigen Tagen kannte.
Doch – doch, sagte ihr Herz. Das konnte man, wenn dieser Jemand Adam Wymark war. Sie hatte ihn beinahe von Anfang an gemocht und … ja, natürlich liebte sie ihn. Warum schmolz sie sonst jedes Mal dahin, wenn er sie berührte? Sie liebte Adam und er – sie verspürte einen Stich im Herzen – er liebte seine erste Frau Gwenn.
Cecily blickte auf ihren Bruder hinab, der friedlich in seinem Weidenkorb schlummerte, ohne etwas von all den Gefahren zu ahnen, die um ihn herum lauerten. Vor ihr lag kein einfacher Weg, das wusste Cecily. Doch wenn es einen Weg gab, dann würde sie ihn finden. Und das, mein Freund Edmund, dachte sie grimmig, ist ein Eid, den ich mir selber schwöre, ein Eid, für dessen Erfüllung ich bis zum letzten Atemzug kämpfen werde.
Der Regen sammelte sich im Segeltuch über ihnen. Edmund zog die Leinwand straff, sodass das Wasser über den Rand zu Boden schwappte. Sogleich begann es, von den Seiten her in den Unterstand zu sickern. Alles war feucht – der kreidige Schlamm unter ihren Füßen, die Holzklötze, auf denen sie saßen, ihre Kleider, ja, sogar die Luft, die sie atmeten – denn sie konnten unter dem Zeltdach kein Feuer entzünden. Es war kein geeigneter Ort für ein kleines Kind.
Zitternd schmiegte Cecily sich tiefer in Adams Mantel. Sie senkte die Stimme. „Edmund, lass mich Philip zurück nach Fulford bringen. Wenn du wirklich nur das Beste für ihn willst, dann erlaube, dass ich ihn mitnehme. Was nützt eine Galionsfigur, die an Lungenfieber gestorben ist?“
„Nein.“
„Aber Edmund …“
„Nein!“ Mit einem Satz sprang Edmund hoch und baute sich vor ihr auf. „Philip bleibt hier! Und da Ihr gekommen seid, um ihn zu besuchen, könnt auch Ihr hierbleiben.“ Er streckte ihr die offene Hand hin. „Gebt mir Euer Speisemesser.“
Cecily erstarrte. „Bin ich deine Gefangene, Edmund?“
Seine Wangenmuskeln zuckten. „Euer Messer, wenn ich bitten darf.“
Widerstrebend zog Cecily ihr Messer aus dem Gürtel und überreichte es ihm. „Du hast mir nicht geantwortet. Bin ich deine Gefangene?“
„Fragt Judhael, wenn er zurück ist“, gab Edmund barsch zur Antwort, drehte sich auf dem Absatz um und marschierte in den Regen hinaus.
18. Kapitel
Adam fluchte und griff nach seinem Schwert. „Maurice!“
Kaum aus Winchester zurückgekehrt, war eine Flut schlechter Nachrichten auf ihn eingestürzt: Cecily war fort, offenbar auf der Suche nach Philip, der entführt worden war. Gewiss würde sie sich auch mit ihrer Schwester treffen, die sich, wie Adam von seinem Späher Tihell erfahren hatte, mit den Aufständischen irgendwo im Hügelland aufhielt. Auch Lufu, die Köchin, war verschwunden, ebenso wie das Maultier des Müllers …
„Herr?“
„Bring mir einen trockenen Mantel und sattele den grauen Wallach. Und die beiden Rappen.“
„Reiten wir noch einmal aus?“
„Schlaues Kerlchen.“
„In voller Rüstung, Herr?“
„Mit Helm, doch ohne Kettenhemd. Ich will keine
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