Novizin der Liebe
Aufmerksamkeit erregen, deswegen nehme ich auch den Wallach und nicht Flame.“
Maurice öffnete den Mund, schloss ihn jedoch sogleich wieder.
Adam knirschte mit den Zähnen. „Was?“
„Sir Richard würde das nicht gutheißen, Herr.“
„Sir Richard ist in Winchester geblieben. Was er gutheißen oder missbilligen würde, spielt keine Rolle. Doch wir werden lederne Gambesons tragen, gepolsterte. Bewegung , Mann!“
„Jawohl, Herr.“
Gudrun, die mit ihrer kleinen Tochter am Eingang saß, zog Agatha hastig aus dem Weg, als Maurice ins Freie stürmte.
„Du, Frau“, sagte Adam auf Englisch, ehe er sich daran erinnerte, dass ihre frühere Herrin, Cecilys Mutter, Normannin gewesen war. Erleichtert wechselte er zurück ins Französische. „Komm her, bitte.“
Agatha auf der Hüfte, näherte Gudrun sich zögernd. „Sir Adam?“
„Du weißt, wohin sie geritten ist?“
„I…ich weiß, welches Ziel sie hatte, Sir.“
Ein Teil der Anspannung fiel von ihm ab. Adam brachte ein Lächeln zuwege.
„Gut. Wo ist dein Mann?“
„Wilf? Hinter dem Küchengebäude, zerlegt dort die geschlachteten Schafe, Sir.“
„Kann Wilf reiten?“
„Natürlich, Sir.“
„Hol ihn. Er kann uns den Weg zeigen. Herfu, du bleibst hier. Postiere ein paar Wachen auf der Anhöhe.“
„Rechnet Ihr mit Schwierigkeiten, Herr?“
Adam gürtete seine Schwertkoppel und folgte seinem Knappen mit großen Schritten. „Wann wirst du es lernen, Junge? Alles ist möglich.“
Philip an die Brust gedrückt, kämpfte Cecily unter dem dürftigen Schutz der Zeltleinwand gegen die Verzweiflung an. Nicht einer dieser Menschen wollte ihren Blick erwidern. Sie ließ sich von ihrem abweisenden Verhalten jedoch nicht abschrecken, räusperte sich und fragte: „Hat irgendjemand meine Schwester Emma gesehen? Judhael sagte, sie sei hier.“
Draußen stapfte jemand durch den Schlamm. Ein Pferd wieherte. Und noch immer wichen alle Cecilys Blick aus. Sie sah dem Schafhirten geradewegs ins Gesicht. „Gunni, geht es Emma gut?“
Gunni zuckte die Schultern. Widerstrebend erwiderte er ihren Blick. „Lady Emma geht es gut genug. Sie ist losgegangen, um trockenes Reisig zu suchen, denn wir zünden heute Abend ein richtiges Feuer an.“
Emma? Suchte nach Brennholz im Regen? Doch statt entsetzt dreinzuschauen, nickte sie, als sei es die Gewohnheit ihrer Schwester, niedere Arbeiten zu verrichten. „Dann werde ich sie also bald sehen?“
Gunni nickte. „Ja, Mylady, bald.“
Keine zehn Minuten später schlüpfte eine Frau unter den Regenschutz. Obwohl sie Emma erwartet hatte, dauerte es einen Augenblick, bis Cecily ihre Schwester erkannte. Ihr Mantel war dunkel vor Nässe und Schmutz, und als sie die Kapuze vom Kopf streifte, sah Cecily, dass sie keinen Schleier mehr trug, so wie eine Bauersfrau. Ihre Nase war rot, die Wangen waren bleich, und ihr Haar war zu einem einzigen Zopf geflochten, der aussah, als hätte sie darauf geschlafen. Cecily hätte sich niemals träumen lassen, ihre Schwester einmal derart zerzaust zu sehen.
Sie sprang auf. „Emma!“
„Cecily!“ Philip zwischen sich, umarmten sie einander. „Sie haben dir doch nichts zuleide getan? Ich habe Judhael schwören lassen …“ Emma löste sich von ihr und zog ihre Lederhandschuhe aus. Sie waren an den Nähten eingerissen und ihre ehemals cremeweiße Farbe hatte sich in ein schmutziges Graubraun verwandelt. Statt der herrlichen, mit Stickereien versehenen Reitstiefel, die Cecily in Erinnerung hatte, lugten nun klobige Arbeitsstiefel unter Emmas schmutzigen Röcken hervor. Die Verwandlung ihrer Schwester verschlug ihr die Sprache.
„Was?“, fragte Emma, als sie ihren Gesichtsausdruck sah.
„Nichts. Du hast dich nur so … so verändert.“
Emmas Lächeln erstarb. „Wir haben uns alle verändert.“
„Das ist wahr.“
Mit einer Geste, in der noch etwas von ihrem früheren Stolz mitschwang und die Cecily beinahe zu Tränen rührte, warf Emma die Handschuhe beiseite, zog Cecily neben sich auf die Bank und betrachtete das Kind in ihren Armen.
„Ich habe mich gefragt, ob er dich dazu bringen würde, herzukommen. Ich habe gehofft …“ Emma verstummte.
„Was? Dass ich mich Euch anschließen würde?“ Entschlossen schüttelte Cecily den Kopf. „Das ist kein geeigneter Ort für unseren Bruder, Emma. Das musst du doch sehen!“
Emma seufzte betrübt. Mit gesenkter Stimme erklärte sie: „Natürlich sehe ich das. Doch Judhael kann so … so überzeugend sein. Er weiß immer,
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