Novizin der Liebe
nach der Hütte“, beendete Cecily den Satz an Wats Stelle, „Seven Wells?“
„Ja, Seven Wells.“ Seine Miene verdüsterte sich, und er tastete nach dem Dolch an seinem Gürtel. Vielleicht war er doch nicht ganz so unbekümmert, wie Cecily vermutet hatte. „Cec auf der Hut sein in Seven Wells!“
„Das werde ich.“
Sie ließen das düstere Waldland hinter sich und ritten hinaus in die offene Weite abgegraster Schafweiden – das Hügelland. Ein schneidender Wind blies ihnen ins Gesicht, und über ihnen wölbte sich der Himmel wie ein großes blaues Tuch, während von Osten her dunkle Wolken heraufzogen. Heidekraut säumte den Weg, Gruppen von Stechginstersträuchern lockerten hie und da die Eintönigkeit des welligen Graslandes auf.
Wats Pony stolperte über einen alten Ameisenhügel. „Gunnis Hütte“, sagte er und zeigte nach vorn.
Die Hütte war nichts weiter als ein Haufen grob aufeinandergeschichteter Steine mit einem Dach aus getrocknetem Farnkraut. Ein äußerst schlichter Unterschlupf, der jedoch Schutz vor den ärgsten Unbilden der Witterung bot, wie Cecily erkannte. Von Gunni fehlte jede Spur, allerdings waren die meisten Schafe auch gerade geschlachtet worden. Ein oder zwei waren diesem Schicksal entronnen und grasten in den Hügeln. Ein Hirte war nicht in Sicht.
„Nicht mehr weit bis zur alten Festung, Wat?“
„Sind auf halbem Weg“, entgegnete Wat, die Finger um den Griff seines Dolches geschlossen. „Auf halbem Weg.“
Beinahe zufällig stießen sie auf das Lager der Aufständischen. Es lag in einer bewaldeten Senke, genau am Fuße von Seven Wells Hill. Gerade noch hatten Cecily und Wat auf den steinigen Pfad geblickt, der hinauf zur alten Festung führte, offenbar als einzige Menschen weit und breit, und im nächsten Augenblick war ein halbes Dutzend Männer wie aus dem Nichts aufgetaucht und hatte sie umzingelt.
Eine zerlumpte Gestalt griff nach Clouds Zaumzeug. Während sie an den Zügeln riss, erhaschte Cecily einen Blick auf ein gezücktes Schwert, auf zwei furchterregende Dolche, die in einem breiten Gürtel steckten, und ein Paar wild blickender blauer Augen. Die Züge des Mannes waren teils vom Nasensteg seines Helmes verborgen, teils von einem Bart, der mindestens einen Monat lang nicht gestutzt worden war. Jeder sichtbare Zoll seiner Haut starrte vor Schmutz, von seinem halb verdeckten Gesicht bis zu der Hand, mit der er am Zaumzeug ihres Ponys zerrte. Sein Wams aus Schaffell war nicht sauberer.
Zwar hatte Cecily gewusst, dass Aufständische in der Gegend waren, und damit gerechnet, ihnen zu begegnen, doch nun hatte sie Mühe, die in ihr aufsteigende Panik zu unterdrücken. Diese Männer waren Angelsachsen wie sie. Sie war in Sicherheit. Oder etwa nicht?
Eine Stahlklinge blitzte in der Wintersonne auf.
Wat gab einen würgenden Laut von sich, sein Gesicht war kreidebleich. Einer der Männer zerrte an den Zügeln von Wats Pony, während ein anderer dem unglücklichen Burschen das Schwert an die Gurgel hielt.
„Nein! Aufhören!“, schrie Cecily. Wirke ganz ruhig! Sie reckte das Kinn empor und blickte ihrem Landsmann geradewegs in die Augen. „Mein Name ist Cecily. Ich bin Thane Edgar Fulfords jüngste Tochter und auf der Suche nach den Leibwächtern meines Vaters – Edmund und Judhael. Würdet ihr uns freundlicherweise zu ihnen führen?“
Um ihr Zittern zu verbergen, schloss sie die Hände fester um die Zügel. Sie fürchtete sich mehr als damals, als sie Adam und Sir Richard zum ersten Mal begegnet war! Das konnte nicht sein. Diese Männer waren Angelsachsen …
Cecily reckte das Kinn noch eine Spur höher. „Und würdet ihr die Güte haben, meinen Reitknecht loszulassen?“
Sie wurden tiefer in das Gehölz am Fuße von Seven Wells Hill geführt. Es begann zu regnen – ein feines Nieseln, mehr Nebel denn Regen, der Cecilys Schleier benetzte und sich als dünner Film über Clouds Hals und Mähne legte. Der Geruch von Holzrauch, schwach, doch unverwechselbar, stieg ihr in die Nase.
Einige Zeit später erreichten sie eine natürliche Lichtung, in deren Mitte ein rauchendes, zischendes Feuer brannte. Tief in ihre Mäntel geschmiegt, hockten weitere bewaffnete Männer darum herum. Cecily atmete noch immer schnell, ihre Haut war kalt wie Eis. War das Angst? Sollte sie sich vor ihren eigenen Landsleuten fürchten? Adam, o Adam, hilf mir!
„Judhael!“, rief der Angelsachse, der Cloud führte. „Edmund!“
Zwei Männer lösten sich aus der Gruppe am Feuer.
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