Novizin der Liebe
bemüht, wandte sie sich ab.
„Vielleicht“, sagte der Knappe leise, „solltet Ihr eher Harold of Wessex die Schuld für das geben, was in Hastings geschah? Er war es, der Herzog Wilhelm feierlich geschworen hatte, dass die englische Krone in die Normandie gehen solle. Er brach sein Wort. Es war seine Schmach. Für das, was dann geschehen ist, trägt der Thronräuber Harold die Verantwortung, nicht Herzog Wilhelm.“
Da Mutter Aethelflaeda die spärlichen Nachrichten, die sie hinter den Klostermauern erreichten, für sich zu behalten pflegte, waren Cecilys Kenntnisse über das, was draußen in der Welt geschah, äußerst beschränkt. Und so verstand sie kaum, wovon der Knappe sprach.
Ihre Aufmerksamkeit wurde von einer Bewegung abgelenkt, als der Ritter – wie hatte Emma ihn genannt? Sir Adam Wymark? – aufstand, seine Panzerhandschuhe auszog und den Helm vom Kopf nahm. Als er seine Kettenhaube zurückschob, sodass sein dichtes dunkelblondes Haar zum Vorschein kam, und ihr quer durch den Raum zulächelte, verschwand der fremde Krieger, der für das Leid ihrer Familie verantwortlich war, und an seine Stelle trat ein kräftiger, freundlich wirkender Mann. Wie sein Schildknappe war er jung – nicht so gut aussehend wie dieser, doch keinesfalls unansehnlich …
Cecily fingerte an der Schnur ihres Gürtels, während sie über diese plötzliche Verwandlung nachsann, und allmählich nahm eine Idee Gestalt an – eine Idee, die Emma ihr halb im Scherz vorgeschlagen hatte. Es war kein Einfall, der ihr besonders behagte, vor allem da sie, hätte sie die Wahl zwischen den beiden Männern gehabt, den Knappen bevorzugen würde.
Emmas beunruhigende Abschiedsworte hallten noch in ihren Gedanken wider: „Sir Adam Wymark … Ich überlasse ihn dir, denn ich will ihn nicht …“ Konnte sie das wirklich tun? Nicht für mich selbst, dachte Cecily mit Blick auf den gepanzerten Ritter. Doch für ihren Bruder und die Leute ihres Vaters? Sie straffte die Schultern.
Sie würde es tun. Für ihren Bruder … Sie musste es tun …
Mutter Aethelflaeda trat von einem Bein auf das andere. „Treib sie zur Eile an, Cecily“, sagte sie in barschem Ton auf Englisch, ein Zeichen, dass ihre übliche Kaltblütigkeit die Oberhand über ihre Furcht gewann. „Je eher wir dieses normannische Gesindel loswerden, desto besser.“
„Ja, Mutter Oberin“, entgegnete Cecily in gespielter Demut, obgleich sie selbst es keineswegs eilig hatte. Solange sie mit diesen Männern sprach, vergrößerte sich Emmas Vorsprung.
Die grünen Augen des Knappen blickten sie eindringlich an. Seine Miene war ernst. „Eure Schwester hat Euch nichts über das Ziel ihrer Reise gesagt?“
„Nein.“
„Das würdet Ihr auf die Bibel schwören?“
Cecily reckte das Kinn empor und zwang sich, die Lüge über die Lippen zu bekommen – nicht um der Ehre willen, denn diese war eine kalte, tote Angelegenheit, eine fixe Idee der Männer, sondern ihrer Schwester zuliebe. Emma hatte so verzweifelt versucht zu entkommen. „Beim Grabe meines Vaters.“ Sie wappnete sich innerlich, denn sie wusste, dass alle Anwesenden den Vorschlag, den sie nun zu unterbreiten gedachte, als unziemlich und dreist verdammen würden. Gerade wollte sie zu sprechen beginnen, da wandte der Knappe sich ab und warf seinem Ritter ein schiefes Lächeln zu.
„Richard, mein Freund“, sagte er, „wie es aussieht, ist meine Dame wirklich und wahrhaftig davongelaufen.“
Cecily verschlug es beinahe den Atem. Verblüfft sah sie zu der gepanzerten Gestalt an der Wand hinüber. „Ihr … Ihr seid nicht Sir Adam?“
„Nein.“ Der Ritter wies mit einer Kopfbewegung auf den Mann, den Cecily für seinen Knappen gehalten hatte. „Sir Adam Wymark steht neben Euch, Schwester Cecily. Ich bin Richard, Sir Richard of Asculf.“
„Oh.“ Cecily schluckte. Mit glühenden Wangen überdachte sie ihr kühnes Vorhaben noch einmal. Ihr Herz begann heftig zu pochen, viel rascher als zuvor, als noch Sir Richard im Mittelpunkt ihres Plans gestanden hatte. „Ich b…bitte um Verzeihung, S…Sir Adam. Ich habe Euch verwechselt …“
Eine dunkle Augenbraue hob sich.
„I…ich dachte, Sir Richard wäret Ihr, wegen des Kettenpanzers, und Ihr … Ihr …“
Sir Richard brach in schallendes Gelächter aus. „Himmel, Adam, das wird dich lehren, dein Kettenhemd abzulegen! Sie hat dich für meinen Knappen gehalten!“
Cecilys Wangen glühten, doch sie widersprach nicht.
Dies war kein guter Auftakt für das, was
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