Novizin der Liebe
richtige Weg. Philip sollte nicht inmitten mordgieriger Eroberer leben.“
Maurice Espinay und Geoffrey de Leon traten auf den Hof. Edmund verstummte. Seine Brust hob und senkte sich, so schwer atmete er, doch er beherrschte sich, bis die beiden Männer in den Ställen verschwunden waren.
„Ich werde Philip hier herausholen“, murmelte er grimmig.
„Nein, Edmund! Dazu hast du kein Recht!“
„Ich bin dem Hause Wessex treu“, sagte Edmund. „Wie es auch Euer Vater war.“
„Die Macht des Hauses Wessex ist gebrochen“, entgegnete Cecily seufzend. „Edmund, ich habe die normannische Garnison in Winchester gesehen, und es wäre heller Wahnsinn, sich gegen eine derartige Übermacht zu erheben – erst recht jetzt, wo König Harold tot ist und seine Familie in alle Winde zerstreut. Du siehst die Dinge nicht, wie sie wirklich sind.“
„Ich bin froh, dass Euer Vater von uns gegangen ist und Euer verräterisches Gerede nicht mehr mit anhören muss.“ Aus Edmunds Blick sprach Verachtung. „Und ich bin froh, dass Judhael Euch nicht hören kann. Er kämpft hart für die angelsächsische Sache, versucht, Geld aufzutreiben und die Truppen zu einer letzten, entscheidenden Schlacht zu sammeln.“
„Edmund, ich möchte mich nicht mit dir streiten, doch du und Judhael, ihr seid auf dem falschen Weg. Die Sache ist bereits verloren. Wir täten besser daran, uns mit diesen Männern zu verbünden. Siehst du das nicht? Wenn der Widerstand bei London mit solcher Rücksichtslosigkeit gebrochen wurde, können Kämpfe hier nur noch mehr Schmerz bringen, noch mehr Tod, noch mehr Leid. Ist es das, was du für die Menschen von Wessex willst? Dass auch ihr Land verwüstet wird?“
Edmund griff nach seinen Krücken. „Vielleicht ist unsere Sache noch nicht ganz so verloren, wie Ihr glaubt.“
„Was meinst du damit?“
„Das werdet Ihr schon sehen.“
Die Flaumhaare in ihrem Nacken richteten sich auf. „Da ist noch etwas, nicht wahr? Du weißt noch etwas anderes. Edmund, was …?“
Edmunds Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, aber es lag wenig Wärme darin. „Das werdet Ihr früh genug herausfinden.“
„Sag es mir!“
„Ich habe bereits zu viel gesagt. Ihr seid nur eine Frau, und eine blinde noch dazu. Ihr habt so lange abgeschottet von der Welt gelebt, dass Ihr es einfach nicht verstehen könnt.“
Cecily ballte die Hände zu Fäusten, doch Edmunds Miene war wie versteinert. Um des Friedens willen hielt sie den Mund.
So kam es, dass Cecilys Gedanken an jenem Abend von einer weiteren Sorge verdüstert wurden, die wie eine dunkle Gewitterwolke über ihr schwebte. War Edmund im Begriff, etwas Unbesonnenes zu tun? Waren andere daran beteiligt? Als sie in das Küchenhaus ging, um Brian Herfu dabei zu helfen, die Müllersöhne einzuweisen, kam die Wolke mit ihr. Sie verschwand auch nicht, als sie zu den Ställen lief, um die Wolfshunde ihres Vaters zu füttern, und nicht einmal die Freude darüber, dass Lightning und Greedy sie wiedererkannten und sie freudig beschnupperten, vermochte ihre düsteren Gedanken zu vertreiben. Auch kurz vor Beginn der Abendmahlzeit, als sie im großen Saal die Tafeln aufbocken ließ, hing die Wolke über ihr.
Den dunkelsten Schatten warfen die Sorgen jedoch auf ihre Stimmung, als sie an Adams Seite das Tischgebet sprechen wollte. Es war seltsam, neben dem Mann zu stehen, der den Platz ihres Vaters eingenommen hatte, doch die Ängste, die sie Edmunds wegen ausstand, überschatteten alles andere. Nicht einmal daran, dass Adam sie heute Abend zum ersten Mal in weltlicher Kleidung sah, dachte sie mehr, und so entging ihr sein anerkennender Blick und sein zufriedenes Nicken.
Im Schein des Feuers erkannte Cecily viele Gesichter aus ihrer Kindheit wieder. Auf der gegenüberliegenden Seite der Tafel stand Vater Aelfric neben Sigrida, und der Junge und das Mädchen, die kaum über die Tischkante blicken konnten, mussten ihre Kinder sein. Auch der alte Vogt Godwin und seine gichtgeplagte Frau Aella waren gekommen, ebenso wie Gudrun, Wilf und Wat. Der Müller und seine Frau waren da, begleitet von ihrer Tochter Matty … und sogar Edmund kam im letzten Augenblick hereingehumpelt. Gewiss, seine Miene war so finster, dass Cecily sich verkrampfte, doch er war da. Niemand fehlte, außer Lufu und Marie, das Dienstmädchen ihrer Mutter. Das Rätsel um Lufus Verschwinden musste noch gelöst werden, und Marie war ins Kloster begleitet worden.
„Wie ist Euch das gelungen?“, flüsterte sie Adam zu,
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