Novizin der Liebe
hatte ihr Versprechen, nach Edmunds verletztem Bein zu sehen, nicht vergessen. Nachdem sie mit dem Umkleiden fertig war, ließ sie ihm ausrichten, er solle auf der Bank vor dem Herrenhaus auf sie warten. Auf diese Weise konnte sie das verbliebene Tageslicht nutzen, um ihn gründlich zu untersuchen.
Die Luft war eisig. Auf ihrem Weg nach draußen griff Cecily nach dem blauen Mantel, den Adam ihr geborgt hatte, und wickelte ihn um ihre Schultern. Sie war froh, ihn zu tragen, nicht nur der Kälte wegen, sondern auch, weil Emmas Kleid viel mehr von ihren Formen erkennen ließ als ihre Nonnentracht, und das erfüllte sie mit Verlegenheit.
Als Cecily sich an Edmunds Seite auf der Bank vor dem Herrenhaus niederließ, blies der Wind einen Stoß goldgelben Herbstlaubs über den Dorfanger, das schließlich neben dem Pranger zu Boden trudelte. Adam kam gerade mit Sir Richard aus der Waffenkammer und war auf dem Weg zurück ins Herrenhaus.
„Verfluchte Teufel“, knurrte Edmund und starrte die beiden Ritter finster an. „Sie haben mir meine Waffen weggenommen, sogar meinen Sax, Herrgott noch mal! Ein Leibwächter ohne Sax! Ich fühle mich nackt, wie entmannt!“
„Du bist am Leben, Edmund, und das ist wahrhaftig ein Segen“, sagte Cecily leise. Behutsam berührte sie sein Bein und hob es auf ihr Knie, um den Verband zu lösen, der um die Schienen gewickelt war. „Wie lange ist es her, dass du es dir gebrochen hast?“
Edmund zuckte die Schultern, und seine silbernen Armreifen klirrten. „Ich erinnere mich nicht mehr genau.“
„Einige Zeit vor Hastings, sagtest du, wenn ich mich recht entsinne.“
Abermaliges Achselzucken. „Wird wohl so sein, sonst hätte ich Euren Vater und Cenwulf in die Schlacht begleitet.“
„Es müsste mittlerweile fast verheilt sein.“ Cecily schob die Schienen beiseite und untersuchte Edmunds Wade. „Dieser Knochen?“
„Ja.“ Er zuckte zusammen.
„Schmerzt es, wenn du das Knie beugst?“
Edmund nickte, eine tiefe Furche zwischen den Augenbrauen.
Verwundert beobachtete Cecily, wie Edmund das Bein bewegte. Der Knochen schien sauber zusammengewachsen zu sein, es waren keine Narben zu sehen, die Haut war nicht verletzt worden, und soweit sie sehen konnte, war er nicht in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt.
Adam und Richard hatten die Tür des Herrenhauses erreicht, und obwohl Cecilys Aufmerksamkeit Edmund galt, spürte sie, dass Adam auf der Schwelle innegehalten und zu ihr herübergeschaut hatte, ehe er Richard nach drinnen gefolgt war. Er beobachtet mich ständig. Ständig. Ich muss auf der Hut sein.
Vorsichtig stellte Edmund den Fuß auf den Boden. Cecily erhob sich und bot ihm den Arm an. „Hier, versuche, dein Gewicht auf das verletzte Bein zu verlagern.“
Edmunds Blick kreuzte sich mit dem ihren. „Ist das wirklich nötig?“
„Ja. Ich muss sehen, wie es dir dabei ergeht. Wie soll ich dir sonst helfen?“
Edmund presste die Lippen zusammen, stand auf, hielt sich Halt suchend an ihr fest und verlagerte sein Gewicht behutsam auf das gebrochene Bein. „Ah, herrje, Mylady, das sind Höllenqualen!“ Er ließ sich auf die Bank zurückfallen.
Sie runzelte die Stirn. Irgendetwas stimmte hier nicht. Ein sauberer Bruch, ein ordentlich zusammengewachsener Knochen …
„Es dürfte nicht derart wehtun, Edmund. Nicht nach all der Zeit. Ich weiß nicht, woran das liegen könnte. Vielleicht musst du das Bein noch etwas länger schonen?“
Sie hob die Bandagen und die Schienen auf und machte sich daran, Edmunds Bein wieder zu verbinden. Wenigstens war er nicht blass geworden, als er zu stehen versucht hatte, und sie hatte auch keinen Schweiß auf seiner Stirn entdeckt – ein sicheres Anzeichen für ernsthafte Schwierigkeiten. Edmund hatte auch nicht über Übelkeit geklagt, als er sein Gewicht auf das verletzte Bein verlagert hatte, wie es bisweilen bei schlecht heilenden Brüchen der Fall war. Der anhaltende Schmerz war ihr ein Rätsel.
„Wir gehen besser kein Risiko ein und lassen dies hier dran“, erklärte sie. „Benutze deine Krücken, doch versuche ab und zu, das Bein zu belasten. Nächste Woche schaue ich es mir noch einmal an.“ Sie lächelte. „Vielleicht hilft ein Gebet an Sankt Swithun?“
„Vielen Dank“, sagte Edmund, ohne ihr Lächeln zu erwidern.
Cecily wollte sich erheben, doch Edmund hielt sie zurück. „Geht noch nicht“, verlangte er in gepresstem Ton. „Es gibt etwas, das wir regeln müssen, und zwar schnell, solange diese Mistkerle
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