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Nr. 13: Thriller (German Edition)

Nr. 13: Thriller (German Edition)

Titel: Nr. 13: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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umsehen konnte, spähte er zu Elisabeth Hamachers Fenster hinüber. Zwei Männer in roten Jacken hantierten dort herum. Er vermutete, dass es sich um Mitarbeiter der Caritas oder des Roten Kreuzes handelte, die die alte Dame abholten und in ein Altersheim brachten. Sie tat ihm leid. Erst verlor sie ihre Tochter, jetzt ihr Zuhause.
    Beinahe hätte er in ein Kaugummi, das an seinem Reifen klebte, gefasst. Er musste es gerade erst aufgenommen haben. Angeekelt entfernte er es. Es konnte nicht sehr alt sein, sonst wäre es nicht haften geblieben. Hatte etwa jemand hier gestanden und die Hamachers beobachtet?
    Plötzlich sah er aus dem Augenwinkel etwas Rotes. Sein Puls beschleunigte sich. Handelte es sich um Blut? Fest legten sich seine Hände um die Greifringe. Sein Kopf flog herum. Er schaute geradewegs ins Badezimmer hinein. Eine Patina aus Schmutz überzog Fliesen und Armaturen. Dort in der Wanne lag ein Vogel. Er sah aus, als hätte man sein Innerstes nach außen gekehrt, daher konnte Daniel nur anhand der Größe vermuten, dass es sich um eine Taube handelte.
    „Sie muss durch das gekippte Fenster reingekommen sein.“
    Erschrocken zuckte Daniel zusammen. Auf leisen Sohlen hatte sich Schäfer hinter ihn geschlichen. Daniel bekam eine Gänsehaut und dachte, dass Schäfer der geborene Tierfänger wäre. Selbst ein gerissener Hund wie er hörte ihn nicht kommen. Vielleicht hatte er sich aber auch nur von dem entsetzlichen Anblick ablenken lassen. Seine Halsschlagader pochte unangenehm. Er fühlte sich verletzlich und das gefiel ihm nicht. „Durch den schmalen Spalt?“
    Mit eingezogenem Bauch schob sich Roman Schäfer an dem Rollstuhl vorbei und schloss das gekippte Fenster. „Wir lüften regelmäßig, wegen des Schimmels.“
    „Die Taube wurde regelrecht abgeschlachtet!“, sagte Daniel aufbrausend. Das Blut war noch nicht vollkommen getrocknet. Da hatte wohl jemand eine Scheißwut gehabt. Aber würde das den Staatsanwalt davon überzeugen, einen Durchsuchungsbefehl für das komplette Haus auszustellen? Wohl kaum.
    Lässig setzte sich Schäfer auf den Badewannenrand und schaute auf die zerfleischte Taube hinunter, als handele es sich um ein Stofftier. „Die Nachbarschaft wimmelt von Katzen.“
    „Lassen Sie mich raten. Auch die ist durch den Spalt rein und wieder raus.“ Zischend trat Daniel den Rückzug an.
    Als er durch den Flur fuhr, hörte er hastige Schritte im Treppenhaus. Jemand huschte auf Zehenspitzen von Etage zu Etage, aber diesmal nahm Daniel es wahr. Jemand belauschte sie! Er fuhr zur Wohnungstür und stieß mit seinem Bock dagegen, sodass sie krachend zufiel. „Ich muss mit Michael Engel sprechen.“
    „Warum? Ich sage Ihnen doch schon alles, was Sie wissen wollen.“
    „Er könnte etwas gehört oder gesehen haben, das wichtig ist im Zusammenhang mit dem Mord … der eventuell hier stattgefunden hat.“ Oder er könnte sogar der Täter sein, fügte Daniel in Gedanken hinzu.
    Schäfer rieb seine Handflächen aneinander, als wäre ihm kalt. Oder als freute er sich darüber, eine schlechte Nachricht zu überbringen. „Er liegt im Krankenhaus.“
    „Seit wann?“
    „Seit vorgestern.“
    Während Leander sein Notizbuch zückte, überlegte Daniel. Leider konnten sie den genauen Tag, an dem die Tat verübt worden sein sollte, nicht bestimmen, da die Aussagen von Gitte und Elisabeth Hamacher sich nicht deckten. Aber Engels Einlieferung fiel immerhin in den ungefähren Zeitraum. „Wurde er zusammengeschlagen?“
    „Nein.“
    Es ärgerte Daniel, dass er Schäfer alles aus der Nase ziehen musste. „Blinddarm?“
    „Er ist nicht krank.“
    „Was macht er dann in einer Klinik?“
    „Es ist sehr persönlich.“
    Daniels Skepsis wuchs. „Eine Überdosis?“
    „Gott bewahre. Nein! Keine Drogen.“
    „Ein Suizidversuch?“
    Seufzend rieb Schäfer über seinen Nacken. „Er hat sich den Penis abgeschnitten.“
    „Wie bitte?“
    „Kurzschlussreaktion. Der Ekel vor sich selbst wurde zu groß. Da hat er ein Fleischermesser genommen und …“ Schäfer sprach den Satz nicht zu Ende, er wirkte ehrlich betroffen.
    Leander wandte sich ab, aber Daniel bekam mit, dass er seine Hände schützend auf seinen Schritt legte. Obwohl er von der Hüfte abwärts nichts mehr spürte, bekam er Phantomschmerzen. Wie verzweifelt musste jemand sein, um so weit zu gehen? Ein Seelenklempner würde bestimmt vermuten, dass Engel seine perversen Sehnsüchte immer noch quälten. Aber Daniel gab nichts auf das

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