Nr. 13: Thriller (German Edition)
die Maik, Denis und er sich so oft geteilt hatten, wurde ihm kotzübel. Der ganze Dreck rief Erinnerungen an Schmerzensschreie, Verzweiflung, Blut, Tod und vor allen Dingen Schuld wach.
Wie gerne hätte er jetzt seine Overears aufgesetzt, um seine Gedanken mit lauter Musik zu überdröhnen. Aber die Kopfhörer hätten nicht zu seiner Scharade gepasst.
Er spürte eine Aggression, die ihm neu war. Sein Blut schien zu kochen.
Aber er war meilenweit davon entfernt, abgebrüht zu sein. Denn auch seine Aufregung wurde schlimmer. Ihm war übel. Der Griff des Kochmessers, das er aus Maries Küche genommen hatte, drückte gegen seinen Rücken. Ben befürchtete, die Klinge könnte ihn in den Rücken schneiden, aber er wagte nicht, danach zu tasten, um herauszufinden, ob der Griff noch richtig unter seinem Hosenbund steckte.
Du bist Kick-Ass! Du bist Defendor! Du bist Phoenix Jones! peitschte er sich an. Letzterer kämpfte auf den Straßen von Seattle gegen das Verbrechen. In echt! Gekleidet wie ein Superheld. Er war nicht nur eine Filmfigur wie die anderen beiden. Benjamin trug zwar kein Kostüm, aber er hatte sich auch verkleidet. Normalerweise hätte er sich für diesen abgefuckten Aufzug geschämt, aber dies war nicht der Moment für Eitelkeiten.
Als er in die Bruchstraße einbog, stampfte er so fest auf wie ein marschierender Soldat. Und das war er ja auch irgendwie. Ein Kämpfer für Gerechtigkeit. Niemand sollte so leiden wie Julia. Seine Freundin würde er nicht mehr retten können, aber vielleicht andere, die genauso hilflos waren.
Außerdem – was sollte er sonst mit seiner Freizeit anfangen? Seine Eltern befanden sich auf dem Egotrip und seine Freunde hatte er an die dunkle Seite verloren. Also hatte er beschlossen, diese zu bekämpfen, um Unschuldige zu retten. Und um sich nicht zu Tode zu langweilen.
Als er gestern Nacht noch einmal auf Toilette musste, hatte er gehört, wie sich Marie und Daniel im Bett unterhielten. Obwohl die Beweise fehlten, glaubte Daniel fest daran, dass eine Frau im Haus der perversen Schweine umgebracht worden war. Die Kinderficker würden gegen die Bullerei jedoch blocken. Eine Mauer des Schweigens. Keine Chance! Marie sprach aufgewühlt von ihrem Big Boss und erwähnte einen Artikel über die Wohngemeinschaft der Pädophilen. Die Zeitung hatte Ben in dem Korb, in dem das Altpapier gesammelt wurde, gefunden und mit wachsender Verärgerung gelesen.
Nachdem er sich wieder hingelegt hatte, war er so aufgewühlt gewesen, dass er nicht einschlafen konnte. Diese Idee nagte an ihm. Es gab eine Möglichkeit, die Wahrheit über den Mord, den diese alte Dame beobachtet haben wollte, herauszufinden. Aber weder Daniel noch Marie konnten diesen Weg gehen – er dagegen schon.
Benjamin musste sich in das Haus einschleusen.
Er würde die Leiche für Daniel finden!
Doch nun, da er sich dem Gebäude näherte, sah er seine Felle davonschwimmen. Durch diese Scheiß-Typen, die ständig Parolen schrien und mit ihren Schildern winkten, kam er nicht ungesehen in das Haus rein. Er musste unbedingt unter dem Radar bleiben. Denn wenn er noch einmal mit Verbrechern in Zusammenhang gebracht würde, brächte er keinen Fuß mehr auf den Boden. Niemand würde ihm eine Ausbildungsstelle geben oder eine Wohnung an ihn vermieten. Diese Mission, wie er sein eigenmächtiges Vorhaben nannte, war daher doppelt riskant. Er konnte seinen Ruf endgültig zerstören oder sogar sein Leben verlieren, wie die Frau, die er suchte.
Benjamin scannte die Situation mit seinem Blick. Mülltonnen standen, anders als er erwartet hatte, auch nicht davor. Sein Plan schien schon im Ansatz zu scheitern. Ernüchtert blieb er stehen.
Aber er musste sich reinwaschen. An seinen Händen klebte zwar kein Blut, aber da war ein dunkler Fleck auf seiner Seele und Ben befürchtete, dass er wuchs. Wie ein Melanom, das zu Krebs wird, wenn man es nicht entfernen lässt. Er konnte das nur bereinigen, indem er etwas Gutes tat. Etwas wirklich Gutes. Nichts, das zu einfach war, sondern etwas, das ihm Angst machte, ihn Kraft kostete und riskant war.
Benjamin drehte um, ging in die Parallelstraße und steuerte den Hintereingang an. Obwohl es hier keine Hausnummern gab, erkannte er ihn sofort, denn das Haus war im Gegensatz zu den anderen heruntergekommen und voller Efeu, in dem Spinnen und andere ekelige Viecher lebten.
Als er in Sichtweite kam, hielt er an.
Er bückte sich, doch nicht etwa, weil sein Schnürsenkel locker war, sondern er nahm eine
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