Nr. 13: Thriller (German Edition)
Keine Besucher!“
„Lass den Jungen meine Sorge sein.“
„Ich werde das regeln.“
„Finger weg von ihm!“
„Dein Problem ist, dass du emotional wirst.“
„Er gehört mir. Halte dich von ihm fern, oder …“
„Oder was?“
Stille trat ein. Plötzlich hatte Benjamin Angst, dass sie seine Anwesenheit erahnten. Auf leisen Sohlen verließ er das Grundstück. Doch sobald er die Straße erreicht hatte, rannte er, bis er Seitenstiche bekam. Keuchend kam er an der Bushaltestelle an. Er hielt sich die Hüften, war außer Puste und versuchte, seine Gedanken zu ordnen.
„Ben gehört mir.“ Was hatte das zu bedeuten? Wollte sich Roman schützend vor ihn stellen oder meldete er Besitzansprüche an?
Harmonie herrschte jedenfalls nicht zwischen den Bewohnern. Es klang eher nach einer Art internem Ringen. Sie hatten etwas zu verbergen und der fremde Typ hatte eine Heidenangst, dass Ben es entdeckte. Nur was? Ging es um die Ermordung der Rothaarigen oder etwas völlig anderes?
Ben musste unbedingt herausfinden, wovon die Männer gesprochen hatten, weil er doch Daniel helfen und die Sache mit Julia wiedergutmachen wollte. Aber nicht nur deshalb. Er wollte auch unbedingt wissen, ob Roman ihn wirklich mochte oder nur seine Spielchen mit ihm trieb. Allein die Vorstellung, dass alles, was sein neuer Freund getan und gesagt hatte, nur eine Riesenshow gewesen war, verletzte ihn. Benjamin fühlte sich zu ihm hingezogen. Er wusste nicht, warum das so war, und wollte auch besser nicht genauer darüber nachdenken, aber es war so.
„Das ist doch purer Wahnsinn“, sagte er zu sich selbst und erntete komische Blicke von den anderen Leuten, die auf den Bus warteten.
Es war lebensgefährlich, aber er musste noch einmal die Bruchstraße 13 betreten.
20. KAPITEL
Daniel ließ seinen Bock vor dem Krankenhaus in Köln-Holweide ausrollen und schaute zu dem mehrstöckigen Gebäudekomplex auf. Warum mussten Kliniken immer so hässlich aussehen? Wieso konnte man sie nicht einladend gestalten, damit der Patient sich auf den ersten Blick wohlfühlte? Stattdessen dachte jeder sofort an Flucht.
Von außen waren sie Justizvollzugsanstalten nicht unähnlich. Grauer Beton, leblose Fenster und eine Aura der Trostlosigkeit.
Seine Handflächen schwitzten. Aber er zog seine Spezialhandschuhe nicht aus, damit niemand mitbekam, wie nervös er war. Das war auch der wahre Grund, weshalb er Leander nicht mitgenommen hatte.
Auf dem Präsidium hatte Daniel zu Leander gesagt, er hätte die Schnauze voll davon, dass er wie ein Wachhund hinter ihm herdackelte, nur weil Voigt befürchtete, sein Sarkasmus könnte seine Diplomatie mindern oder er könnte seinen Rollstuhl als Rammbock missbrauchen. Diese eine Befragung könnte er auch alleine durchführen, schließlich lag Michael Engel im Bett und Hospitäler waren behindertengerecht gebaut. Der Hospitant des KK 11 wurde von Tomasz dringender gebraucht, weil dessen private Situation an seinen Nerven zerrte, ihn dünnhäutig machte und erschöpfte. Außerdem konnte das Team, das den Mikwe-Fall bearbeitete, jede Unterstützung gebrauchen, um das Umfeld von Petra Schumann zu untersuchen.
Als Leander sich überraschenderweise ohne zu murren fügte, war Daniel beleidigt, hatte es sich aber nicht anmerken lassen.
Genauso wie seine Antipathie gegenüber Kliniken, nun, da er seine Krüppel-Harley hineinlenkte. Sein linkes Augenlid zuckte. Er versuchte, seine Übelkeit niederzuringen, und erkundigte sich an der Information, wo er Engel finden konnte, und steuerte den Aufzug an. Während er mit dem Lift in die Urologie fuhr, kribbelte es ständig in seinem Nacken. Doch jedes Mal, wenn er über die Stelle wischte, war dort nichts. Vielleicht ein Tier, das unter den Kragen seiner gefütterten Lederjacke rutschte und wieder hochkroch. Oder ein loses Haar. Bestimmt ein Haar, ja, so musste es sein.
Du bist nicht wegen dir hier. Vergiss, was vor etwas weniger als einem Jahr geschah. Du bist nur ein Besucher, kein Patient. Atme tief ein und langsam wieder aus. Beruhige dich. Dein Herz rast wie bei einem Marathonläufer. Krieg das endlich in den Griff, Mann!
Zögerlich rollte er durch den Flur und fragte sich, ob dieses Gefühl – als würde ein Lastwagen auf seinem Brustkorb parken –, das sich immer einstellte, wenn er ein Krankenhaus aufsuchte, jemals ausbleiben würde. Das Quietschen der Rollstuhlräder auf dem PVC-Boden, der Geruch von Desinfektionsmittel und die weiße Kleidung des Krankenhauspersonals
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