Nr. 13: Thriller (German Edition)
stecken blieben.
„Sei nicht leichtsinnig, Junge“, sagte Beck mit gedämpfter Stimme. „Schäfer hat früher Burschen wie dich zum Frühstück verspeist.“
„Quatsch.“ Oder doch nicht?
„Nicht wortwörtlich natürlich.“ Beck rieb über die grobkörnige Haut seiner Wange. „Aber er war Lehrer und missbrauchte seine Schüler, Knaben wie dich, etwas jünger vielleicht, aber heutzutage kann er nicht mehr wählerisch sein.“
So etwas Ähnliches hatte Roman auch gesagt, nur in Bezug auf seine Möbel. Etwas Dunkles rührte sich in Benjamin.
„Er ist gebildet und kann gut reden. Ein Wolf im Schafspelz, falls dir das etwas sagt.“
„Er war immer freundlich zu mir.“
Beck lachte abfällig. „Da haben wir die Scheiße. Er hat dich längst um den Finger gewickelt.“
Eine Alarmsirene schrillte in Ben. Er sprang von der Couch auf und blieb mitten im Raum stehen. War er zu vertrauensselig gewesen? Hatte er sich einlullen lassen?
„Geh lieber, bevor es zu spät ist.“ Im Erdgeschoss fiel eine Tür zu. Beck zuckte zusammen. „Er ist zurück. Lauf weg.“
„Er hat Bier und Knabberzeug geholt.“
„Damit ködert er dich doch nur. Stefan Haas von unten hat Kinder mit Süßigkeiten in seine Wohnung gelockt und Michael Engel von oben kaufte seiner Schwester immer kleine Geschenke, nachdem er sie gefickt hatte.“
„Und was haben Sie Ihren Opfern geschenkt, um sie zu blenden?“
„Gar nichts, Junge. Ich habe nie eine Maske getragen. Habe fair gespielt. Sobald sie mich sahen, wussten sie, mit wem sie es zu tun hatten. Aber Schäfer hat die meisten Kerben in seinem Gürtel. Er ist gefährlich! Ein verdammter Magier. Er verzaubert dich. Alles an ihm ist Illusion. Die Seifenblase platzt erst, wenn es schon zu spät ist.“ Immer wieder spähte Beck über seine Schulter zurück. „Flieh und komm nie wieder hierher!“
Er verschwand so schnell, wie er aufgetaucht war. Aber seine Warnung hing noch in der Luft.
Kurze Zeit später betrat Roman das Apartment. Lächelnd stellte er das Bier auf den Sofatisch und drapierte Nüsse, Chips und Gummizeug drumherum.
„Ich glaube, ich sollte besser gehen.“ Selbst Benjamin hörte die Angst heraus, obwohl er sie zu vertuschen versucht hatte.
„Warum? Was ist passiert?“
„Nichts. Ich …“ Ben fiel keine Ausrede ein. Unauffällig wischte er seine schweißnassen Hände an seinem Po ab.
Das Strahlen in Romans Gesicht erstarb. „Während ich weg war, hast du nachgedacht, stimmt’s? Und Angst bekommen.“
Da Benjamin nicht wusste, was er darauf sagen sollte, schwieg er. Sein Herz schlug hart gegen seinen Brustkorb. Würde Roman böse werden? Stand er kurz davor, sein wahres Ich zu zeigen? Ben versteifte sich. Für den Fall eines Angriffs stellte er sich breitbeinig hin. Hinter seinem Rücken ballte er die Hände zu Fäusten, denn unglücklicherweise hatte er das Messer diesmal zu Hause gelassen.
Roman wirkte betroffen und ließ die Arme hängen. „Ich hatte gehofft, dass die ungezwungene Atmosphäre dich auflockert.“
Das hatte sie. Aber aufgrund von Becks Mahnung war Ben sich nicht mehr sicher, ob das etwas Gutes war. Er hatte sich durch Romans harmlose Fassade davon ablenken lassen, dass er ein verurteilter Kinderschänder war.
„Und dass meine Ehrlichkeit und Offenheit dir zeigt, was für ein Mensch ich wirklich bin.“
Als Roman sich auf die Couch setzte, öffnete Ben seine Fäuste. Er entspannte sich wieder etwas.
„Ich habe schlimme Dinge getan und bereue sie von Herzen, aber ich kann sie nicht ungeschehen machen. Alles, was ich tun kann, ist sicherzustellen, dass sie nie wieder passieren.“
„Dafür gibt es aber keine Garantie.“
„Bei mir doch.“
Machte Roman ihm etwas vor oder sich selbst? Benjamin schnaubte.
„Bei mir haben die Ärzte einen Riegel vorgeschoben.“
Von einer Sekunde auf die andere bekam Benjamin Phantomschmerzen zwischen den Beinen. Roman hatte sich doch nicht etwa seinen Schwanz abschneiden lassen? Ging das überhaupt? „Wie meinst du das?“
„Ich habe mich für eine Depot-Therapie entschieden. Freiwillig.“
Weil Ben keine Ahnung hatte, was das war, zuckte er nur mit den Achseln.
„Das ist eine chemische Kastration.“
Also doch! „Chemisch?“
„Ich muss regelmäßig Medikamente gespritzt bekommen, die verhindern, dass meine Hoden und Nebennieren Testosteron produzieren.“
Eigentlich wollte Ben nicht über so etwas mit Roman sprechen, aber er war einfach zu neugierig. Außerdem gab diese
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