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Nr. 799 (German Edition)

Nr. 799 (German Edition)

Titel: Nr. 799 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuna Stern
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Hanna M. Ich bin mir sicher, dass Sie sich hier bald – wie die Lebenden wohl sagen – pudelwohl fühlen werden. Unser Komitee freut sich, dass Sie ein Teil unserer Gemeinschaft werden. Sollten Sie Fragen haben, wenden Sie sich an Nummer Sechshundertzweiundzwanzig, kurz genannt Eleonore S. Das ist die zuständige Leiterin Ihrer Abteilung. Eine überaus mitfühlende Überführerin. Sie wird Ihnen zu jeder Zeit zur Seite stehen. Also, gehaben Sie sich wohl!«
    Fräulein Ingrid W. zupfte ihre Bluse zurecht, verbeugte sich vor mir und verschwand aus dem Zimmer. Hinter der Tür konnte ich sie erneut mit dem Schlüsselbund klappern hören. Sie sperrte mich ein, damit ich nicht davonlaufen konnte. Aber wohin sollte ich abhauen? Wenn ich tatsächlich tot war, wo sollte ich mich vor ihr und ihrer kranken Anstalt verstecken?
    Ich sah mich wieder um. Auch dieser Raum besaß keine Fenster, nur einen Lüftungsschacht. Sonst war alles weiß, wie in dem Zimmer zuvor. Auf dem Pult stapelten sich mehrere Aktenordner, die mit Nummern beschriftet waren. Ganz oben lag die Nummer – na, welche wohl – Siebenhundertneunundneunzig. Meine Akte also.
    Als ich einen Schritt in die Richtung tat, versperrte mir eine Maschine den Weg. Sie blitzte mich an, so dass ich erneut zurückwich. Wurde sie von jemandem gesteuert, der mich mithilfe einer Kamera beobachtete? Misstrauisch wandte ich mich von der Maschine ab. Ein anderer Apparat, der zwei Augen besaß – besser gesagt Linsen – streckte seinen Metallarm aus, um über meinen Rücken zu streichen. Ich zuckte zurück und stellte mich an meinen vorherigen Platz.
    Dort verharrte ich, bis ich vor der Tür Schritte vernahm. Das Schloss wurde vorsichtig geöffnet, die Klinke heruntergedrückt. Alles in behutsamer Langsamkeit. Als Nächstes trat ein hochgewachsener Mann ein. Um mit dem Kopf nicht gegen den Türrahmen zu stoßen, zog er ihn ein. Sein weißer Kittel war glattgebügelt und faltenfrei, im Gegensatz zu seinem Gesicht. Das erinnerte mich an zerknittertes Zeitungspapier, grau und bedruckt mit schwarzen Stoppelhärchen, die sich über seinen gesamten Kiefer zogen.
    Bei seinem Eintreten verstummten jegliche Apparate und glitten zurück an ihre Ausgangsplätze. Doktor Aurelian P.s Hakennase war in meine Unterlagen vertieft. Er strich mit seinem blitzenden Kugelschreiber mehrere Abschnitte durch, kreuzte andere an und kritzelte schnell etwas nieder – ehe er mich überhaupt ansah.
    »Nummer Siebenhundertneunundneunzig«, brummte er dann, noch immer, ohne mir einen Blick zu widmen. »Ich begrüße Sie, blabla, seien Sie willkommen in der Hölle. Schön, dass Sie da sind, das geht mir eigentlich am Allerwertesten vorbei. Was kann ich für Sie tun? Alles in Ordnung mit Ihnen? Sie sehen überfordert aus. Vielleicht kann ich Ihnen einen Termin mit Doktor Nummer Dreiundfünfzig empfehlen, unserem Psychologen, blabla, kurz genannt Alfred B., und so weiter und so fort ...« Er leierte die auswendig gelernte Rede herunter, als würde sie ihm unheimlich auf die Nerven gehen, als würde ihm alles auf die Nerven gehen – auch ich.
    Seine grauen Haare standen zu allen Seiten ab und ließen ihn wie einen typisch verrückten Wissenschaftler aussehen. Ein wenig eingeschüchtert senkte ich meinen Kopf und murmelte: »Nein, Psychologen waren mir noch nie geheuer.« Verrückte Wissenschaftler auch nicht.
    Zum ersten Mal hüpfte sein Blick in meine Richtung. Er ließ sich auf den Drehstuhl hinter seinem Pult fallen und betrachtete mich mit zuckenden Mundwinkeln. Seine Augen flogen über meinen Körper und blieben an meinem Gesicht hängen. Schließlich zückte er wieder sein Klemmbrett und verschwand für eine Weile dahinter. Ich konnte nur noch seine gerunzelte Stirn und seine buschigen Augenbrauen sehen, die auf und ab sprangen.
    Irgendwann seufzte er und murmelte: »Ach, Hanna ...« Er legte meine Akte beiseite und stand nachdenklich auf. Dabei sah er mich plötzlich so freundlich an, dass ich mich wunderte. Mit einem Mal kam er mir bekannt vor, aber ... Nein. Ich verwarf den Gedanken wieder. Ich musste mich irren.
    Da er meine Verwirrung zu spüren schien, wandte er seinen Blick schnell wieder ab. Mit seiner Zunge fuhr er sich über die Zähne, als wäre er auf der Suche nach Essensresten. »So darf ich Sie doch nennen, richtig?«
    »Hanna?«
    »Ja, Hanna. Das ist Ihr Name. Hanna M.«
    »Meinetwegen.« Ich zuckte mit den Schultern. Ich wusste nicht mehr, wie mein Name lautete. Er hätte mich auch

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