Nuancen der Lust (German Edition)
den Keller. Die Tür, zu der der Schlüssel passt, gehört ihnen.«
Melanie war zu verwirrt um nachzuhaken, was genau das bedeuten sollte. Sie verliess das Foyer durch einen schmalen Flur und fand sich plötzlich vor einer riesigen Treppe wieder; sie führte sowohl nach oben als auch nach unten. Da ihr gesagt wurde, sie sollte in den Keller gehen, lenkte sie ihre Schritte auf den Weg nach unten. Die schmalen Pumps, die sie, passend zu ihrem trägerlosen Abendkleid angezogen hatte, klackten überlaut auf den Marmorstufen. Die Treppe führte in weiten Bögen nach unten und erschien Melanie endlos. Sie fragte sich, ob sie die einzige Person hier war, doch sie konnte Stimmen hören, die ächzten, stöhnten oder lachten. Die Geräuschkulisse bereitete ihr Gänsehaut, aber sie ging weiter, bis sie endlich den Fuss der Treppe erreicht hatte. Sie fand sich in einem weiteren Flur wieder, dessen Wände mit einer Stofftapete, bedruckt mit einem barocken Muster bedeckt waren. Das Licht war weich, ein wenig dämmrig, aber insgesamt sehr angenehm. Hier sah Melanie erstmals auch andere Menschen – Männer und Frauen, einige in Anzügen und feinen Cocktail Kleidern, andere in seltsamen Lack- und Ledergeschirren. Letzterewurden von den Männern und Frauen in Abendgarderobe an der Leine oder einem Führungsstrick durch den Flur geführt.
Melanie wurde von einigen mit einem Nicken begrüßt, die meisten ignorierten sie jedoch. Sie tat es ebenso und sah sich weiter um. Vom Flur gingen insgesamt sechs Türen ab, jede mit einem Symbol auf Kopfhöhe. Melanie musterte den Schlüssel, den sie von dem Mann am Tresen erhalten hatte und entdeckte jetzt erst die winzige aufgemalte Rose am Schlüsselbart. Tatsächlich gab es auch eine Tür mit einer stilisierten Rose.
Sekundenlang verharrte Melanie, den Schlüssel ausgestreckt in der Hand vor dieser Tür und versuchte, ihr wild schlagendes Herz zu beruhigen. Jetzt war es endlich soweit. Jetzt würde sie ihm gegenüber stehen. Sie atmete noch einmal tief durch und steckte dann mit einer einzigen ruckartigen Bewegung den Schlüssel ins Schloss.
Der Raum dahinter war dunkel, bis auf einen kleinen Tisch auf dem ein vierarmiger Kerzenleuchter stand. An diesem Tisch saß ein Mann. Auch wenn das Licht im Flur dämmrig gewesen war, war es doch heller als die Kerzen gewesen und im ersten Augenblick konnte Melanie nur seine Umrisse wahrnehmen. Doch dann erkannte sie ihn – und wich zurück.
»Erik?!«
Er lächelte und stand auf. »Ich habe dich überrascht, was?«
»Was machst du … wie …«
»Kannst du dir das nicht denken?«, fragte er sanft.
In Melanies Kopf drehte sich alles. Sie spürte ihre Beine nicht mehr und drohte einfach umzufallen, doch vertraute Hände fingen sie auf. Melanie blinzelte und sah auf. Daniel hielt sie fest und verhinderte, dass sie einfach zu Boden stürzte.
»Daniel?!«
Ihr Ex-Freund wirkte unsicher, doch sein Griff war fest und sicher. Melanies Blick ging immer wieder von dem einen Mann zum anderen. »Was für ein verdammtes Spiel ist das?«, fuhr sie auf. Sie wusste nicht, womit sie gerechnet hatte … aber damit sicherlich nicht.
»Setz dich erst einmal«, sagte Daniel und deutete auf den Stuhl, auf dem Erik bisher gesessen hatte. Der stand neben dem Tisch und deutete auf seinen Platz. »Er hat recht, wir wollten nicht, dass du es dich derart umhaut.«
Wie betäubt ließ Melanie sich zu dem angebotenen Sitzplatz führen. Ihr Mund war trocken und sie war noch immer verwirrt, doch langsam fasste sie sich wieder.
»Wer von euch beiden war es?«, fragte sie mit tonloser Stimme. »Wer hat mir die Sachen geschickt?«
Sie sah, wie Daniel und Erik Blicke tauschten. Es war Daniel, der sich räusperte und sagte: »Wir waren es beide. Aber es ging dabei nicht darum, dich zu ängstigen.«
»Worum dann, bitte? Um einen Witz über den ihr beide euch lustig machen könnt?«
»Melanie, sei nicht so misstrauisch. War irgendetwas von dem, was wir mit dir getan hatten, unangenehm, schmerzhaft oder demütigend gewesen?«, fragte Erik.
Sie schwieg.
Wieder dieser Blickkontakt. Wieder Daniel, der sagte: »Glaub mir, wir wollten dabei nur dein Bestes.«
»Ihr habt mich belogen! Woher kennt ihr euch eigentlich?!«
Daniel hockte sich vor den Stuhl und ergriff Melanies Hände. Sie erwiderte den Druck nicht, zog sie aber auch nicht zurück; das schien ihm zu reichen. »Wir beide … du und ich, wir haben uns sehr geliebt, nicht wahr? Und was mich angeht, liebe ich dich heute
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