Nuancen der Lust (German Edition)
zurück mehr. »Jemand hat sie mir geschenkt. Jemand, den ich nicht kenne.« Sie erzählte ihm von der seltsamen Stimme im Café, dem Brief und schlussendlich auch von den Päckchen.
»Für mich klingt das, ehrlich gesagt, nach Stalker«, brummte Erik, aber er wirkte nicht vollkommen überzeugt.
»Das dachte ich anfangs ja auch. Aber bisher … die Sachen, die mir der Kerl geschickt hat, die Anweisungen – er hat genau das getan, was er mir versprochen hat. Ich habe mich seit der Sache mit dem Ei nicht mehr bedroht gefühlt. Im Gegenteil, ich habe das Gefühl endlich einen Teil von mir kennenzulernen, den ich bisher immer ignoriert hatte.« Sie atmete tief durch. »Erik, es verschafft mir Vergnügen, wenn ich Befehle ausführe oder mich von einem Mann anleiten lasse. Und die Tatsache macht mir eine Heidenangst, aber auch … ich will mehr davon, verstehst du das?«
Lange Zeit sagte er nichts, sondern musterte sie nur eindringlich. Schliesslich nickte er. »Ich muss dir gestehen, dass ich es wahnsinnig aufregend finde, wenn eine Frau sich mir hingibt. Wenn ich die Kontrolle habe – und ich bin verrückt nach dir, Melanie. Schon seit du bei uns angefangen hast. Ich weiß nicht, ob du es gerne möchtest, aber ich wäre gerne der Mann, der dich anleitet, dein Herr«
Das letzte Wort sandte einen wohligen Schauer über Melanies Rücken. »Würdest du? Ich meine, würdest du mich als deine Sklavin annehmen?«
Er nickte.
Melanie spürte eine plötzliche Ruhe in sich, die sie breit lächeln ließ, was wieder verblasste, als ihr etwas einfiel. »Ich möchte aber dennoch gerne herausfinden, was es mit diesem geheimnisvollen Verehrer auf sich hat.«
Sie konnte sehen, dass Erik mit sich rang, immerhin war es für ihn eine Konkurrenz. »Bitte«, sagte sie leise und spielte mit den Handschellen.
Er schnaubte. »Na schön. Aber lass den Kerl nicht zu nah an dich herankommen. Und wenn du dich bedroht fühlst …«
»Rufe ich diesmal direkt bei dir an«, versprach sie lächelnd.
In den nächsten Tagen kamen keine weiteren Päckchen bei Melanie an. Sie schwankte zwischen Enttäuschung und Erleichterung, denn Erik bemühte sich umso intensiver darum, sie abzulenken. Nach der Episode mit den Handschellen, war es für sie, als hätte sie eine lang verschlossen gehaltene Tür aufgestoßen. Sie benutzten diese und auch andere Fesseln, das Ei und auch Dildos, die sie gemeinsam im Erotik Shop gekauft hatten. Melanie ließ sich fesseln, ließ sich von Erik befehlen, was sie tun sollte, wie sie ihm zu Willen zu sein hatte, was er von ihr wollte. Und nie hatte sie das Gefühl, dass er ihr Vertrauen missbrauchte. Sie konnte sich fallen lassen und erhielt als Geschenk Orgasmen, die sie sich selbst niemals zugetraut hätte. Es war die intensivste Zeit ihres Lebens und sie genoss sie in vollen Zügen.
Einen Tag vor Ablauf der Frist klingelte abends ihr Telefon. Erik war am Nachmittag zu ihr gekommen und sie hatten sich, ausnahmsweise ohne jedes Spiel, geliebt. Jetzt lag er schlafend in ihrem Bett, während sie flink aufsprang und ins Wohnzimmer lief, um den Hörer abzunehmen. Es war erst kurz nach acht, aber vor dem Fenster war die Nacht bereits tiefschwarz hereingebrochen. Aus dem Augenwinkel sah sie sich selbst in der Dunkelheit schweben, ein dünnes Spiegelbild, nackt aber zufrieden. »Ja?«, fragte sie in den Hörer.
»Hallo Mel.«
Daniels Stimme jagte wie ein Eisspeer durch ihren Körper. Sie hatte sie solange nicht mehr gehört und eigentlich auch gedacht, dass sie die Trennung überwunden hatte. Was für ein Irrtum.
»Hallo, Daniel«, sagte sie leise. »Was willst du?«
»Störe ich dich?«
Sie schwieg. »Nein«, sagte sie schließlich.
Sie fühlte sich seltsam befangen, ganz so, als wüsste Daniel von dem Mann, der in ihrem Bett lag und als ob sie sich deswegen schuldig fühlen müsste. Und genau das sollte es eigentlich nicht sein, oder?
»Ich … ich wollte hören, wie es dir geht.« Daniels Stimme klang ebenso brüchig wie ihre. Ging es ihm ähnlich? Melanie umklammerte den Telefonhörer. Etwas in ihr zog sich eng und schmerzhaft zusammen. Sie sah ihn vor sich, wie er in ihrer ehemals gemeinsamen Wohnung saß, das Telefon in der Hand, die blonden Haare zerrauft und unordentlich. Seine blauen Augen, in denen soviel mehr lag, als es auf den ersten Blick zu sehen war.
»Du fehlst mir«, sagte sie unvermittelt.
Am anderen Ende der Leitung konnte sie Daniel deutlich einatmen hören. Lange Zeit herrschte nur Schweigen,
Weitere Kostenlose Bücher