Nubila 01: Das Erwachen
Leben mit in die Fabrik genommen. Es stimmt, dass ich wollte, dass du dir mehr überlegst, was du sagst. Aber ich wollte doch nicht, dass du ganz aufhörst zu sprechen.“
„ Aber die anderen Diener sprechen doch auch nur, wenn sie gefragt werden“, wandte Kathleen verwirrt ein.
Jason nickte. Über diese unabstreitbare Tatsache hatte er sich noch nie Gedanken gemacht, aber darum ging es jetzt gerade gar nicht. Kathleen war nicht irgendeine Dienerin. Er hatte sie verwandelt und er vermisste ihre Gespräche. Die Diskussionen, die sie beide bisher geführt hatten waren für ihn äußerst anregend gewesen.
Durch Kathleen war seine Existenz wieder etwas bereichert worden und zum ersten Mal seit Karas Tod hatte er das Gefühl, dass sein Leben wieder einen höheren Sinn erfüllte, als nur den seine Tochter groß zu ziehen. Es gab jemanden, der auf ihn angewiesen war und der ihn brauchte. Auch wenn es sich dabei nur um eine Dienerin handelte.
„ Ich will, dass du mit mir wieder ganz normal sprichst, wenn wir alleine sind“, bat Jason. „Ich möchte, dass du mir von den Dingen aus der Menschenwelt erzählst, an die du dich erinnerst und dass du mir Widerworte gibst, wenn du glaubst, dass ich etwas sage das nicht stimmt. Behandele mich nur nicht respektlos, wenn die anderen aus meiner Familie gerade in der Nähe sind.“
„ Warum, Herr?“
„ Die anderen würden das nicht verstehen, Kath.“
„ Nein. Ich meine, warum… Warum wollt ihr plötzlich wieder, dass ich mit euch diskutiere? Ich dachte, deswegen hättet ihr mich zur Fabrik gebracht. Als Drohung sozusagen.“
Jason zögerte einen Moment. Wieder einmal faszinierte es ihn, wie scharfsinnig Kathleen in Bezug auf seine Motive war. Der einzige Diener, den man auf dem Hof wirklich als intelligent bezeichnen konnte war Antonio. Aber er war bereits ziemlich alt und stammte aus einer ganz anderen Zeit. Delilah war vielleicht noch ganz clever, aber alles was sie wusste kam von Antonio und war dementsprechend auch ziemlich veraltet. Kathleen hingegen war modern. Sie war in diesem Zeitalter geboren und kannte die Gepflogenheiten und Eigenarten der Menschen. Sie erinnerte sich zwar an viele Dinge nicht mehr, weil sie durch die Verwandlung verschwommen waren, aber ihre Erinnerungen waren deshalb trotzdem nicht ganz verschwunden.
„ Ich habe mich an dich gewöhnt“, sagte Jason ausweichend. „Zu sehen, wie du tatenlos vor Violette standest, fand ich einfach grauenvoll.“
Kathleen sah ihn zweifelnd an. Immer noch befürchtete sie, dass all dies ein grausamer Scherz sein sollte.
„ Es ist mir egal, was die anderen davon halten“, sagte Jason trotzig, als wollte er ihr eine Erklärung für sein Verhalten geben. „Du bist nicht, wie die anderen Diener und deswegen finde ich, dass du auch nicht wie die anderen behandelt werden solltest.“
„ Na das hättet Ihr euch vielleicht auch ein wenig eher überlegen können“, sagte Kathleen gereizt und entlockte Jason damit ein schiefes Lächeln.
„ Siehst du?“, sagte er glücklich. „Genau das meine ich. Du schockst mich immer wieder und irgendwie finde ich das faszinierend an dir. Ich will nicht, dass du das komplett änderst. Ich dachte, dass es besser wäre für Violettes Seelenfrieden und auch für das Zusammenleben aller auf dem Hof, wenn du dich eingliederst. Irgendwie denke ich das wohl immer noch. Aber ich habe es satt so zu tun, als wärst du für mich genau wie alle anderen.“
Kathleen sah zu Boden. Sie hatte keine Ahnung, was sie von dieser Aussage halten sollte und fürchtete sich auch ein wenig davor, dass er vielleicht ganz und gar nicht das meinte, was sie sich erhoffte. Auf jeden Fall war es sicherlich besser nicht danach zu fragen. Da Jason ihr Zögern bemerkte, fühlte er sich dazu verpflichtet noch konkreter zu werden.
„ Versteh das jetzt bitte nicht falsch, Kathleen“, sagte er eindringlich. „Ich entbinde dich hiermit nicht von deinen Pflichten und ich kann und will auch nichts an der Tatsache ändern, dass du eine Dienerin bist.“
Kathleen verzog ein wenig missmutig den Mund und zuckte dann mit den Schultern.
„ Das wäre vermutlich dann auch doch zu schön gewesen, nicht wahr?“, kommentierte sie und brachte Jason dazu zu lachen.
„ Vermutlich schon“, bestätigte er. „Was ich aber tun kann ist, dir einige Freiräume zu lassen, die den Anderen nicht zustehen. Wenn wir alleine sind, kannst du offen mit mir reden und darfst mich meinetwegen auch dabei ansehen. Trotzdem musst
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