Nubila 01: Das Erwachen
Gift konservierte sie, genau wie jeden anderen Diener. Die Herren waren nur die Überträger.
„ Warum richten sie die Hochzeit dann nicht selber aus?“, fragte Kathleen weiter.
„ Na das liegt doch auf der Hand“, gab Delilah zurück. „Wie du siehst ist so eine Hochzeit ziemlich viel Arbeit. Das wollen die Ältesten sich doch nicht selbst antun.“
Kathleen verzog unzufrieden das Gesicht. Seitdem Jason ihr die Erlaubnis gegeben hatte sich wieder so zu verhalten wie früher, war ihre lethargische Stimmung ziemlich verflogen, aber der Wunsch nach Freiheit war wieder zurückgekehrt. Und zwar deutlicher und eindeutiger denn je. Aber Freiheit war nichts mehr, was ihr zustand. Sie würde versuchen müssen, sich einfach mit ihrem Schicksal abzufinden und die Dinge zu nehmen wie sie waren.
Nachdem sie mit den Fenstern fertig waren, brachten sie das dreckige Wasser weg und nahmen sich als nächstes wieder die Böden vor. Bevor die Party anfing, gab es noch viel zu tun.
Die Party verlief im Prinzip ungefähr genauso, wie die zur Verabschiedung von Jasons Eltern. Es waren unheimlich viele Leute da, die in die schönsten Ballkleider gehüllt waren und herumstanden, um zu reden. Jason langweilte das Ganze fast zu Tode.
„ Du solltest aufpassen, dass du sie nicht so auffällig ansiehst“, sagte Greg ernst und stellte sich neben Jason, der gerade an seinem Wein nippte.
Jason zog eine Grimasse. Ihm war klar wovon Greg redete, aber er hatte keine Lust sich zu rechtfertigen. Es gab hunderte hübsche Frauen in diesem Saal gegen die Kathleen absolut nichtssagend und schlicht wirkte, aber dennoch suchte er sie immer wieder mit seinen Blicken. Sie trug wieder die etwas hübschere Festkleidung, die ihre hübsche Figur ein wenig mehr hervorhob, als die gewöhnliche Kleidung es tat. Kathleen machte ihren Job gut, aber sie fühlte sich unwohl, das merkte er ihr an. Und aus irgendeinem Grunde hatte er das Gefühl ihr helfen zu müssen. Er fand es schade, dass sie nicht einfach mitfeiern konnte nur weil sie eine Dienerin war und auf einmal verspürte er den unwahrscheinlichen Drang sie zum tanzen aufzufordern.
„ Du hast Recht“, sagte Jason um sich selbst abzulenken und nicht weiter einen Gedanken zu verfolgen, der ziemlich gefährlich werden könnte. „Ich werde mehr darauf achten.“
Greg wartete einen Augenblick in der Hoffnung sein Cousin würde sich noch weiter irgendwie äußern, aber das tat er nicht.
„ Schöne Party, was?“, meinte Greg dann nach einer längeren Gesprächspause um die Stimmung wieder aufzulockern.
„ Wunderschön“, bestätigte Jason ohne wirkliche Begeisterung. „Violette hat sich mal wieder selbst übertroffen.“
Gregs Lächeln erstarb als er den Sarkasmus in der Stimme seines Cousins hörte und er boxte Jason kameradschaftlich gegen die Schulter.
„ Jetzt hör auf Trübsal zu blasen“, sagte er auffordernd. „Du bist doch sonst nicht so mies drauf um diese Uhrzeit.“
Jason sah in Richtung des Einganges und sog grimmig die Luft ein.
„ Nein“, sagte er. „Du hast Recht. Normalerweise bekomme ich immer erst schlechte Laune, wenn meine Schwiegermutter auftaucht.“
Greg folgte seinem Blick und erstarrte genau in demselben Moment, wie alle anderen auch. Die Musik verstummte sofort und Dana hörte auf zu singen. Alle, die in der Nähe der Tür gestanden hatten traten respektvoll zur Seite und wie immer musste Jason widerwillig feststellen, dass man bereits vor dem Auftauchen der Ältesten die Aura der Macht spüren konnte, die ihnen anhaftete. Eine Macht, die nicht aufgrund von körperlicher Stärke verströmt wurde, sondern die etwas zu tun hatte mit Respekt.
Einen Augenblick war alles still, aber dann ertönte eine volle Stimme, die laut ankündigte:
„ Die ÄLTESTEN! Lady Marlene und Lady Noemi. Mit ihnen ist eingetroffen Lady Larissa.“
Gut sichtbar, traten zwei Frauen herein, die einander exakt glichen. Sie hatten beide langes pechschwarzes Haar und dunkle Augen. Die feinen Gesichter sahen haargenau gleich aus. Sie hatten hohe Wangenknochen und ihre Lippen waren dunkelrot. Die helle Haut stand in einem starken Kontrast zu dem dunklen Haar und trotz ihres unglaublichen Alters gehörten sie immer noch zu den schönsten Frauen, die Jason jemals gesehen hatte. Der einzige Unterschied zwischen den beiden war, dass die eine Frau ein rotes Kleid trug, während die andere ein blaues anhatte. Und wenn man genau hinsah, dann konnte man erkennen, dass die Frau in dem roten
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