Nubila 01: Das Erwachen
der Oberste jede einzelne der Frauen seiner Familie mit den Augen auszuziehen schien.
Sowohl um klarzustellen, wo Cynthia hingehörte, als auch um Tristan loszuwerden ergriff er Cynthias Hand und ging mit ihr zur Tanzfläche.
Kapitel 20
Neid
Die Party schien endlos zu sein. Offenbar hatten einige der Gäste sich vorgenommen die gesamte Nacht durchzutanzen und Kathleen war froh, dass sie nicht mehr schlafen musste, denn ansonsten wäre sie vor Erschöpfung wahrscheinlich schon längst umgekippt.
Sie eilte zwischen den Gästen umher und passte auf, dass alle Gläser immer voll waren. Wenn jemand taumelte, stellte sie ihn wieder auf und wenn jemand etwas verschüttete, dann kümmerte sie sich um das Dilemma.
Als das Brautpaar sich endlich zurückzog, atmete Kathleen erleichtert aus.
„ Das wurde ja auch langsam Zeit“, zischte sie durch die Zähne, als sie neben Delilah stand.
„ Sie konnten nicht eher gehen“, sagte Delilah schulterzuckend. „Es wäre unhöflich, die Gäste zu früh zu verlassen. Außerdem ist es wichtig, dass alle sehen, wie sie aufbrechen.“
„ Warum?“, fragte Kathleen etwas verwirrt. Natürlich war das Brautpaar die Hauptattraktion auf einer Hochzeit, aber Kathleen hatte das Verschwinden des Paares eigentlich eher als etwas Nebensächliches gesehen. Irritiert sah Kathleen zu, wie Kirsten sich bei den Gästen einzeln verabschiedete und von jedem aufmunternde Worte zu hören bekam. Alle schienen sich für das junge Paar zu freuen. Nur Larissa stand unzufrieden an der Seite und hatte die Hände zu Fäusten geballt, als ihre Kusine von allen geneckt und beglückwünscht wurde.
„ Der Vollzug der Ehe ist ein wichtiges Ritual bei der Verbindung“, sagte Delilah.
Überrascht sah Kathleen auf.
„ Heißt das, Lady Kirsten ist noch Jungfrau?“, fragte sie perplex.
„ Oh nein“, erwiderte Delilah sofort und schien verwundert, wie Kathleen auf eine solch abstruse Idee kommen konnte.
„ Kaum einer der Herrenrasse ist bei der Hochzeitsnacht noch unberührt“, sagte sie. „Die Ältesten verlangen regelrecht, dass man `seiner Pflicht´ nachkommt.“
Sie lächelte ein wenig spöttisch.
„ Auch wenn die Herren sich viel darauf einbilden im Gegensatz zu uns Kinder bekommen zu können, so haben sie aber trotzdem erheblich weniger Kinder, als sie gerne hätten. Vielleicht wird ihre Fruchtbarkeit auch durch die Schlafphasen beeinträchtigt, oder es liegt einfach an den Genen. Wer weiß. Auf jeden Fall sind in diesem Saal ungefähr zweihundert Vampire, davon sind nur fünf Kinder und zwei Jugendliche. Greg und Simon nicht mitgezählt. Und zwar nicht, weil man die Kinder zu Hause gelassen hat, sondern weil es einfach nicht mehr gibt.“
„ Du meinst überhaupt?“, fragte Kathleen überrascht. „Allgemein gibt es nicht mehr Herren, als die, die gerade in diesem Saal sind?“
„ Oh doch. Das schon“, revidierte Delilah sofort. „Nicht alle Anhänger der Herrenrasse sind eingeladen und eine Person der Familie muss auch immer zu Hause bleiben, um auf das Haus aufzupassen und die Diener zu beaufsichtigen. Aber Kinder und ihre Eltern sind auf Hochzeiten immer eingeladen. Vielleicht sind nicht alle gekommen, aber eingeladen werden sie immer. Bei den Herren läuft Hierarchie nach zwei Gesichtspunkten ab: Alter und die Anzahl der Kinder. Daher sind die Ältesten auch die Höchsten in der Rangfolge und Doreen genießt eine Menge Respekt, weil sie drei Kinder zur Welt gebracht hat. Wäre sie heute hier, dann könnte sie sich vor Ehrerbietungen wahrscheinlich gar nicht retten.“
Kathleen schnaubte. Sie konnte sich nur zu gut daran erinnern, dass in der modernen Welt der Menschen so ziemlich jeder, der mehr als drei Kinder hatte, als asozial galt. Aber das war natürlich auch etwas anderes. Die Menschen vermehrten sich, wie die Karnickel. Die Herrenrasse hingegen schien bereits mehr oder weniger vom Aussterben bedroht zu sein.
„ Wie viele Herren gibt es wohl auf der Welt?“, fragte Kathleen interessiert.
„ Schwer zu sagen“, gab Delilah zurück, während sie dabei weiter ein paar Gläser nachfüllte. „Auf jeden Fall nicht mehr als 2000.“
„ Und Diener?“
Delilah lachte.
„ Oh Gott. Von uns gibt es glaube ich mehr als man noch zählen könnte. Auf unser Haus kommen sieben Herren und dreißig Diener. Ist schwer zu sehen, wer da in der Überzahl ist, oder?“
„ Das finde ich eigenartig“, gab Kathleen zu und redete jetzt bewusst leiser, um sicherzugehen
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