Nubila 01: Das Erwachen
nichts. Jede Erwiderung hätte wie eine Ausrede geklungen und er hatte kein Interesse daran sich zu verteidigen. Es war seine Sache wen er wie lange ansah und Marlene sollte sich lieber um ihren eigenen Kram kümmern.
„ Du wirst doch nicht etwa auf die schiefe Bahn geraten, oder?“, fragte Marlene ernst.
„ Ich kenne die Regeln, Älteste“, sagte Jason ausweichend. „Ich habe bisher keine davon übertreten und habe es auch nicht vor. Die Konsequenzen sind mir bewusst.“
„ Und angenommen es hätte keine Konsequenzen, wenn ihr eure Beziehung zu der Dienerin vertiefen würdet… Wie wäre es dann?“
Jason warf seiner ehemaligen Schwiegermutter einen wütenden Blick zu.
„ Ich hoffe wirklich, das ihr diese Frage nicht ernst gemeint habt, Älteste“, sagte Jason grimmig und sah dabei wieder zu Kathleen hinüber.
Sie war heute wirklich ziemlich hübsch und stach tatsächlich durch ihre Größe und ihr langes Haar hervor. Delilah hatte es ihr zu einem schlichten Dutt gebunden, damit es nicht ganz so sehr auffiel, aber trotzdem erschien Jason alles an ihr sonderbar und exotisch. Das bedeutete aber noch lange nicht, dass er sich auf eine verbotene Weise für sie interessierte. Sie faszinierte ihn einfach nur, so wie ein Mensch von einem Puma fasziniert war.
„ Wenn Kara das wüsste“, sagte Marlene kopfschüttelnd und Jason hätte ihr am liebsten den Hals umgedreht.
Marlene hatte die Beziehung von Jason und ihrer Tochter nie unterstützt und wenn das möglich wäre, dann würde sie wahrscheinlich heute noch gerne die Vergangenheit ändern. Das einzige, was Jason wirklich traurig machte war die Tatsache, dass Kara wahrscheinlich wirklich überlebt hätte, wenn sie damals bei ihrer Mutter geblieben wäre.
„ Es ist immer noch, als würde mir ein Teil fehlen“, sagte Marlene jetzt etwas melancholischer.
Jasons Miene blieb starr. Er wusste, dass er eigentlich sein Beileid beteuern sollte, weil Marlene ihre einzige Tochter verloren hatte, aber das konnte er nicht. Sein eigener Schmerz war noch zu aktuell.
„ War das alles, was ihr wolltet, Älteste?“, fragte Jason steif ohne Marlene dabei anzusehen.
Marlenes Miene erstarrte vor Wut und sie atmete hörbar lauter. Doch nach einer Sekunde hatte sie sich bereits wieder im Griff und lächelte strahlend zu Jason hinüber.
„ Nein“, sagte sie gut gelaunt. „Da gibt es noch etwas. Es ist zwar eigentlich nicht meine Aufgabe dir so etwas zu sagen, aber ich dachte es schadet nichts, wenn du es schon mal weißt.“
Jason starrte weiter geradeaus und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass sie seine Aufmerksamkeit gewonnen hatte.
„ Aber wenn du nichts davon hören willst…“, sagte Marlene und schickte sich an, sich umzudrehen.
Jason seufzte.
„ Also gut“, sagte er. „Es tut mir leid, wenn ich euch vor den Kopf gestoßen habe, Älteste. Bitte. Sprecht weiter.“
Marlene war anzusehen, dass sie ihren Triumph genoss, doch zumindest drehte sie sich wieder um. Es gab wenige, die es wagten einer der Ältesten die Stirn zu bieten und Jason gehörte nur dazu, weil er dank Kara wusste dass die Ältesten eigentlich auch nicht anders waren, als alle anderen. Die Macht, die die drei Schwestern ausstrahlten beruhte auf Alter und Weisheit, doch sie waren alle drei verbittert und traurig. Wahrscheinlich war das der Grund, warum sie ihren ersten Töchtern das Glück einer Beziehung missgönnten. Kirsten hatte nur die Erlaubnis zum Heiraten bekommen, weil sie bereits Noemis zweite Tochter war.
„ Die Force zieht wieder Rekruten ein“, verkündete Marlene. „DU warst seinerzeit einer der besten und deshalb kann man davon ausgehen, dass sie dich auch ansprechen werden. Möglicherweise sogar Greg.“
„ Greg?“, fragte Jason verwundert. „Aber er hat doch noch nicht mal die erste Schlafphase hinter sich. „Wieso…? Was ist passiert?“
Jason hatte lange genug in der Force gedient, um zu wissen, dass irgendetwas Schlimmes geschehen sein musste, damit die Force Minderjährige einzog. Greg würde sich zwar über diese Ehre mit Sicherheit freuen, aber er war nicht ausgebildet und dieser Auftrag klang nach Ärger.
„ Tja“, sagte Marlene knapp. „Um das herauszufinden, wirst du dich wohl mit meinem Sohn auseinandersetzen müssen. Einen schönen Abend noch, Jason.“
Damit drehte sie sich um und war innerhalb von wenigen Sekunden verschwunden.
Jason seufzte. Er hätte sich denken können, dass Marlene ihm nicht alle Informationen geben würde, die
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