Nubila 02: Aufstand der Diener
reizen.“
Sofort bekam Kathleen ein schlechtes Gewissen. Alexander war so gut zu ihr gewesen, seitdem sie hier angekommen war und jetzt machte sie ihm nur Ärger. Wahrscheinlich bereute er längst sie in die Truppe mit aufgenommen zu haben und überlegte jetzt, ob er sie nicht besser hinrichten lassen sollte.
Doch auch wenn sie noch so ein schlechtes Gewissen hatte, das Bedürfnis das Lager zu verlassen war stärker. Wenn sie jetzt noch einmal die Wahl hätte, Jason in die Sonne hinaus zu folgen, um ihn daran zu hindern von ihr fort zu gehen, dann würde sie das tun. Aber diesen Moment hatte sie bereits ungenutzt verstreichen lassen und das bereute sie jetzt von ganzem Herzen.
In den letzten Stunden war die Sehnsucht nach Jason immer weiter angewachsen und inzwischen hatte sie wirklich das Gefühl, es nicht mehr länger zu ertragen. Ihr war nicht klar gewesen, dass die Verbindung eine solch starke Wirkung hatte. Sie hatte nicht geglaubt, dass sie einen so sehr aneinander fesselte. Die Erfahrung hatte sie jetzt eines Besseren belehrt und sie musste irgendetwas tun, um dieses Leid zu mildern.
„Ich wollte zu Anabell“, sagte Kathleen schlicht und sah Harold dabei unschuldig an. „Ich dachte, ich kann mich vielleicht ein wenig ablenken, solange ich warte.“
Harold zögerte einen Moment. Die Bitte schien nicht weiter ungewöhnlich, aber Alexander hatte eigentlich angeordnet, dass Kathleen in ihrem Zelt bleiben sollte.
„Wenn man Verbundene trennt, dann ist das, als wollte man einen Drogensüchtigen clean machen“, hatte Thabea ihm eingeschärft. „Sie lassen sich alles Mögliche einfallen, um das zu bekommen, was sie brauchen.“
Nach einigem Überlegen zuckte Harold schließlich mit den Schultern und machte den Weg frei.
„Aber keine Mätzchen, klar?“
Kathleen hatte bereits mehrfach in dieser Nacht zu spüren bekommen, dass Harold erheblich schneller und stärker war als sie. Die Verbindung hatte ihren Körper eindeutig geschwächt, so viel stand schon einmal fest. Inzwischen fürchtete Kathleen, dass sie ihre Stärke auch nicht wieder zurückbekommen würde.
Kathleen ging zu dem Käfig hinüber und begrüßte Anabell, die amüsiert lachte, als sie Kathleens gequälten Gesichtsausdruck sah. Harold blieb in einiger Entfernung stehen, aber ließ sie die ganze Zeit über nicht aus den Augen.
„Was auch immer du vorhast, Kathleen. Es wird nicht funktionieren“, sagte Anabell so leise, dass nur sie es hören konnte.
„Sei still“, fauchte Kathleen. „Es muss klappen. Du hast ja keine Ahnung, wie das ist.“
Kathleen näherte sich möglichst unauffällig der Tür, die man nur von außen öffnen konnte. Sie hatte zwar keinen Schlüssel, aber wenn sie sich geschickt anstellte, dann konnte sie das Schloss vielleicht mit einer Haarnadel knacken. Andererseits würde Harold das sofort auffallen. Anabell lachte wieder.
„Du bist einfach zu süß“, trällerte sie. „Und das für einen Warmblüter. Er muss es dir wirklich ganz schön angetan haben, nicht wahr?“
Kathleen knurrte wütend und versuchte möglichst noch einen Schritt näher an die Tür heranzukommen, ohne dass Harold sofort Verdacht schöpfte. Wenn sie die Neuen freiließ, würde das einen riesigen Tumult auslösen und alle wären erst einmal damit beschäftigt, die Verrückten wieder einzufangen. In diesem Chaos würde es ihr bestimmt gelingen zu entkommen. Entschlossen ging sie noch einen Schritt weiter.
„Das würde ich an deiner Stelle nicht tun“, erklang plötzlich Gadhas Stimme hinter ihr und Kathleen fühlte sich sofort ertappt.
Gadha trug ihr ewig langes Haar zu einem Zopf und hatte eine enge Jeans und ein blaues T-Shirt an.
„Was denn, Gadha?“, fragte Kathleen unschuldig.
Gadha atmete tief durch.
„Wenn du die Neuen freilässt, dann verlieren wir sie“, sagte sie nüchtern. „Es würde mich zwar freuen, wenn du wieder mal Ärger bekommst, aber es ist den Tumult nicht wert. Zumindest jetzt nicht mehr.“
„Warum?“, fragte Kathleen ohne weiter so zu tun, als wüsste sie nicht, was Gadha meinte. Ihre Sehnsucht war stärker, als ihr Drang sich zu verteidigen.
„Er ist bereits hier“, sagte Gadha und zeigte den Gang zwischen den Zelten entlang, wo sich die Menge der Vampire langsam teilte und Kathleen den Blick auf Jason freigab.
Kathleen schluckte. Sie hatte das Gefühl, als würde nach einem langen Regentag endlich die Sonne durch die Wolken brechen. Jason trug immer noch die Kleidung, die die Kaltblüter ihm
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