Nubila 02: Aufstand der Diener
mehreren Stunden keine einzige Stadt entdeckt. Und das obwohl er schwören könnte, dass er zwar nicht schneller, aber immerhin ausdauernder lief als normalerweise. Allgemein schien sein Körper aus irgendeinem Grunde stärker geworden zu sein. Er verspürte keinerlei Müdigkeit, obwohl er seit Stunden unterwegs war, und empfand kaum Schmerzen, obwohl er sich daran erinnern konnte, dass er von einer Feuerbombe getroffen worden war. Auch sein Puls war ungewöhnlich niedrig, wo er durch die Anstrengung doch eigentlich höher sein sollte als normalerweise. All das ergab keinen Sinn.
Als er an einer Felskante ankam, hielt er inne. Er war immerzu nach Osten gelaufen und hätte eigentlich früher oder später wieder beim Lager ankommen müssen. Aber offensichtlich befand er sich nicht mehr an der Stelle, wo er verwundet worden war. Egal wo er hinsah, überall waren nur Bäume. Bäume, Bäume und noch mehr Bäume. Wo um Himmels Willen hatten diese treulosen Diener ihn bloß hingebracht? Und Kathleen … Wut kochte in ihm auf.
Er hatte Kathleen das Leben gerettet und sie hatte nichts Besseres zu tun gehabt, als auf direktem Wege zu seinen Feinden zu laufen. Wahrscheinlich hatte sie ihnen auch noch ein paar nützliche Tipps gegeben, wo man die Force finden konnte. Enttäuschung machte sich in ihm breit, aber vor allem begann er jetzt, wo er sich langsam wieder beruhigte, eine unglaubliche Traurigkeit zu spüren, die sich langsam in ihm ausbreitete.
Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte, aber sein Instinkt zog ihn aus irgendeinem Grund wieder nach Westen. Irritiert schüttelte Jason den Kopf. Im Westen waren die Aufständischen. Inzwischen war es vollständig dunkel geworden und vielleicht suchten sie ihn schon. Er verstand ohnehin nicht, wieso sie ihn nicht eingesperrt oder wenigstens bewacht hatten. Es war ihm möglich gewesen, einfach aus dem Lager zu spazieren. Ein solches Verhalten war sogar für die Diener ziemlich unüberlegt.
Entschlossen wandte er sich nach Süden und rannte wieder los. Aber es dauerte nicht lange, bis er stehen bleiben und sich wieder orientieren musste, weil er vom Kurs abgewichen war. Irgendetwas zog ihn wieder zurück.
Jason musste nachdenken. Er setzte sich auf einen Stein und vergrub das Gesicht in den Händen. Etwas stimmte nicht mit ihm und er konnte nicht einfach weiter im Wald herumirren, wenn er nicht wusste, was es war. Am besten sollte er seine Situation erst einmal genauer unter die Lupe nehmen. Was wusste er? Er wusste, dass er in eine Falle der Diener geraten war. Seine Truppe war tot, daran hatte er keine Zweifel. Aber ihn hatten sie mitgenommen. Vermutlich hatte er die Tatsache, dass er noch lebte, Kathleen zu verdanken, aber wie …
Plötzlich kam ihm ein schrecklicher Verdacht und er sprang auf. Seine veränderten Vitalfunktionen, sein verwirrter Orientierungssinn und diese Traurigkeit, die irgendwie von außen zu kommen schien. All das deutete auf nichts Gutes hin. Ohne weiter zu überlegen oder auf die Richtung zu achten, lief er wieder los und ein innerer Zwang brachte ihn ganz automatisch dazu, in eine bestimmte Richtung zu laufen. Er ließ es zu, denn er hatte inzwischen keine Zweifel mehr, dass sein Weg ihn automatisch wieder zu Kathleen führen würde.
Kathleen lief unruhig auf und ab. Sie hatte inzwischen schon drei Mal versucht aus dem Lager zu kommen, um Jason zu folgen, aber sie war jedes Mal von irgendjemandem zurückgehalten worden. Man hatte ihr sogar schon gedroht, dass man sie zu Anabell und den anderen Neuen stecken würde, wenn sie sich nicht langsam zusammenriss.
„Diese Sehnsucht ist ein gutes Zeichen“, hatte Thabea ihr erklärt. „Wenn es dich so sehr zu ihm hinzieht, dann wird er ganz genau dasselbe empfinden. Er wird zurückkommen. Glaub mir.“
Doch er war nicht zurückgekommen. Es waren bereits fünf Stunden seit seinem Verschwinden vergangen und Kathleen hatte das Gefühl sterben zu müssen. Jede einzelne Faser ihres Körpers sehnte sich nach ihm und es war ihr gleichgültig, dass ihr Verstand ihr sagte, dass das vollkommen irrational war. Sie wollte zu ihm und zwar sofort. Entschlossen trat sie aus dem Zelt.
„Na?“, fragte Harold amüsiert. „Wieder mal einen Fluchtversuch geplant?“
„Nein“, gab Kathleen zurück. „Ich denke, dass ich mich wohl damit abfinden muss, dass ihr mich nicht fortlassen werdet.“
„Gutes Mädchen“, gab Harold zurück. „Alexander ist sowieso schon böse auf dich. Da musst du ihn nicht noch mehr
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