Nubila 02: Aufstand der Diener
größte war und am besten beschützt wurde, hatte Alexander beschlossen sie auszulassen. Jason war über diese Entscheidung sehr froh, da er keinerlei Interesse daran hatte, dem Vater seiner Halbschwester gegenüberzutreten, solange er an Kathleen gebunden war. Den Geheimgang hatte Theodor inzwischen wahrscheinlich ohnehin versperren lassen, weil er Jason nicht mehr vertraute.
„Alles okay, Jason?“, fragte Kathleen besorgt, als sie seine Stimmung spürte.
In den letzten Wochen hatten die beiden einander mit Samtpfoten angefasst und so verhindert, dass es wieder zu einem Vorfall kommen konnte wie nach dem Überfall auf die erste Fabrik. Sie hingen ständig zusammen, aber ließen einander trotzdem genug Abstand. Leider führte dies jedoch nicht dazu, dass sich die Begierde verringerte, sondern bewirkte eher, dass sie sich anstaute und die ganze Zeit unter der Oberfläche brodelte.
„Es gefällt mir nicht, dass Alexander jetzt auch Herrenhäuser angreifen will“, zischte Jason und schüttelte unzufrieden den Kopf. „Es kommt mir falsch vor.“
„Das ist verständlich“, gab Kathleen ihm Recht. „Es sind Personen, die wie du sind. Sogar vielleicht Personen, die du kennst. Kein Wunder, dass du etwas dagegen hast.“
„Aber wenn meine ganze Wahrnehmung dagegen protestiert, muss ich dann nicht etwas dagegen tun?“
Kathleen streckte eine Hand nach Jason aus, ließ sie aber dann wieder sinken. In den letzten Wochen hatte sie gelernt, dass es einfacher war, solange sie Jason nicht berührte. Aber dennoch hatte sie das dringende Gefühl, ihn trösten zu müssen und sein Leid zu lindern. Was immer ihn traurig machte, machte auch sie traurig. Und das machte wiederum ihn noch trauriger. Es war ein Teufelskreis.
„Du darfst nichts dagegen tun“, sagte Kathleen betrübt. „Du musst das ganz anders sehen. Du solltest sogar helfen. Denn mit deiner Hilfe läuft diese Aktion vielleicht genauso friedlich ab wie die Überfälle auf die Fabriken bisher.“
„Das bezweifle ich“, gab Jason zurück. „Die Fabriken sind unpersönlich für uns. Aber wenn jemand unser Heim angreift. Unsere Familie … Du hast ja keine Ahnung, wie meine Rasse darauf reagieren kann. Die meisten deiner Rasse sind dumm, Kath. Du magst das vielleicht nicht wahrhaben wollen, weil du hauptsächlich mit Thabea und Alexander zu tun hast, die eindeutig zu den Ausnahmen zählen. Aber die meisten sind nicht so.“
„Das stimmt“, bestätigte Kathleen. „Aber nur, weil ihr sie nicht gebildet habt.“
„Ja“, gab Jason zu. „Wahrscheinlich hast du Recht. Wir haben sie dumm gemacht. Aber das ändert nicht das Endresultat. Deine Rasse ist stärker und resistenter als meine. Aber dafür ist meine schneller und intelligenter. Unsere Taktiken sind sehr viel ausgereifter und ich warte jedes Mal darauf, dass wir in eine Falle tappen. Vermutlich ist es wirklich nur Gadha und Alexander zu verdanken, dass das bisher nicht geschehen ist.“
Kathleen verschränkte die Arme und sah Jason entschlossen an.
„Ein Grund mehr Alexander zu helfen“, sagte sie überzeugt und ging dann hinaus.
Das Herrenhaus, das überfallen werden sollte, befand sich in Texas und war groß. Wie alle Herrenhäuser lag es so weit wie möglich entfernt von allen Menschensiedlungen, mitten in einem Wald. Es war wichtig, sich vor den Menschen abzuschirmen, um sie zu schützen. Menschen waren von Natur aus neugierig und dumm. Beides war gefährlich.
Jason war in diesem Herrenhaus noch nie gewesen und es erleichterte ihn zu erfahren, dass er die Familie kaum kannte. Die Hauptbesitzer waren Jorge und Lupita. Da sie beide in Mexiko geboren waren, hatten ihre Eltern ihnen auch mexikanische Namen gegeben.
Jason kannte sie nur vom Sehen her und hatte noch nie zuvor mit ihnen geredet. Soweit Jason wusste, hatten sie auch keine Kinder, sondern lebten allein. Während ihrer Schlafphase wurde das Haus von Lupitas Bruder gehütet, der den Geschichten nach ziemlich grausam mit den Dienern umging. Jason hatte keine Ahnung, warum eine so kleine Familie überhaupt so viele Diener besaß, aber angeblich gab es an diesem Herrenhaus circa dreißig Kaltblüter.
Gadha war sich sicher, dass sich nicht mehr als drei Warmblüter in dem Herrenhaus aufhielten, und daher beschloss Alexander schließlich, dass es Zeit wurde anzugreifen.
„Dieses Mal wird der Angriff ein wenig anders verlaufen“, verkündete er. „Es ist zwar bedauerlich, aber bei diesem Angriff werden wir um Todesopfer vermutlich
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