Nudeldicke Deern
Selbstgemachtem die einzelnen Zutaten rausschmecken zu können, rausschmecken zu wollen, überhaupt: selbermachen, kaum noch Fertigzeug im Haus und wenn, dann bio oder Vollkorn oder beides, und nicht, weil mein Kopf sagt, das ist besser für dich, sondern weil mein Bauch, mein Gaumen und meine gute Laune das sagen.
Die Freude, wenn ein Gericht gelungen ist, das man noch nie ausprobiert hat, wenn man im Kochbuch etwas findet, was man jetzt ganz dringend zubereiten möchte und das dann noch besser schmeckt als gedacht, wenn aus dem Ofen ein noch nie gebackener Kuchen duftet, Weihnachtskekse, die man seit der Kindheit nicht mehr gemacht hat.
Die Freude, wenn die Küche benutzt aussieht, der Müll dauernd runtergebracht werden muss, weil er von Gemüseabfällen überquillt anstatt von Pizzaboxen, dass seltsame Gerätschaften, die man vor Jahren angeschafft oder geschenkt bekommen hat, endlich benutzt werden.
Und vor allem Freude darüber, dass so etwas Simples wie Gemüse nicht mehr die kalorienarme Langeweile ist, sondern neuerdings meine Lunchbox füllt, und zwar nicht, weil ich Punkte zähle, sondern weil ich Lust darauf habe, auch mittags etwas Gutes zu essen. Freude darüber, das Franzbrötchen vom Bäcker nicht zu vermissen, sondern mit dem selbstgeschmierten Käsebrot viel glücklicher zu sein. Freude darüber, zu genießen, zu schmecken, sich noch tagelang an ein gelungenes Filet zu erinnern, nicht mehr darüber nachzudenken, was man da jetzt eigentlich macht, sondern es einfach machen, Zutaten aus der vollen Vorratskammer holen, in Töpfe und Pfannen werfen, gemeinsam essen, Wein entkorken, Kerzen anzünden. Und morgen das Gleiche nochmal. Nicht weil ich muss, sondern weil ich will.
Ich habe noch nie so gegessen bzw. noch nie so an Essen gedacht, so ohne Zwang und Kalorientabellen und Fettpunkte und was weiß ich, und ich genieße es so unglaublich, das könnt ihr gar nicht nachfühlen. Ich platze fast vor Glück (und gutem Essen). Darauf ’nen Wein und ein fettes HACH !
Blogeintrag 4. Februar
Da sitze ich so im Bus zur Arbeit und guck so nach draußen und denk so, ach, denk ich so, guck an, wie’s dir gerade geht, der Schnee ist toll, und die Stadt ist schön leise, und du hast eine neue MP 3-Sammlung auf dem iPhone, die dir gerade charmant die Fahrtzeit verkürzt, und du hast ein spannendes Buch im Rucksack, womit du die Mittagspause rumbringst, und du bist seit Monaten in der Lieblingsagentur für den Lieblingskunden gebucht, und dir gefallen deine Klamotten, und du trägst seit Ewigkeiten mal wieder lange Ohrringe und ein buntes Tuch, und der Rücken tut nicht weh, und nachher wird wieder gekocht und am Kerl rumgeschnuffelt, und dann gibt’s «American Idol» und die «Daily Show», und im Regal warten Dutzende von DVD s und Büchern und Comics, und auf Twitter schreiben Leute lustiges Zeug, das dich zum Lachen bringt, und du kriegst nette E-Mails und kannst Wein online ordern und Kunst und noch mehr Bücher und noch mehr Klamotten, in denen du dich endlich mal wieder wohl fühlst, und selbst die Zahl auf der Waage ist gerade irgendwie egal, weil sie nicht mehr so bestimmend ist, vielmehr ist die Speisekammer bestimmend, weil in der gutes Zeug liegt und weil du dir jeden Abend deine Lunchbox fertig machst mit Vollkornbrot und haufenweise Gemüse und ’nem Stück gutem Käse und Biojoghurt und dich da täglich drüber freuen kannst, dass sich das auf einmal nicht mehr nach Diät und Kalorienzählen anfühlt, sondern nach Genuss und Selbstbestimmung, ohne Selbsthass, ohne Selbstekel, ohne Selbstzweifel, und das fühlt sich so neu und toll und wunderbar an, und dann spielt das iPhone dein Lieblingslied, und es schneit weiter leise vor sich hin, und du gehst ohne Rückenschmerzen zur Arbeit, und alles ist gut.
Alles ist gut.
Blogeintrag 23. Juni
Kiss the cook
Manchmal fotografiere ich unser Abendessen und denke, toll, wieder was fürs Blog. Und zwei Minuten später denke ich, nee, das ist doof, weiß eh jeder, wie Gnocchi gemacht werden, das bloggste doch nicht. Nochmal zwei Minuten später denke ich, aber es haben auch schon alle «Avatar» gesehen und trotzdem haste drüber geschrieben und lustigerweise dafür ein paar Cents (?) bei Flattr gekriegt und ein paar nette Mails, scheint also okay zu sein. Dann kannste auch Rezepte bloggen, die jeder kennt.
Es ist jetzt fast ein Jahr her, seitdem Lu unsere Speisekammer umgeräumt hat und wir sie seitdem mit leckerem Zeug
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