Nudeldicke Deern
sonnengelben Melonen – warum soll man all diesem Wunderwerk widerstehen? Weil’s nicht auf deinem Zettel steht? Blödsinn. Geh mit offenen Augen über den Markt, lunger vor Käsetheken rum, probier dich durch alle Olivensorten, die der Marktstand bietet, und wenn es dir möglich ist, kauf, bis das Portemonnaie weint. Denn wenn du deine ganzen Schätze zu Hause auspackst, wirst du dich bei jeder Zutat an dieses wunderbare Gefühl erinnern, als du sie auf dem Markt gesehen hast und haben wolltest. Und jetzt liegt sie hier vor dir und wartet nur darauf, von dir genossen zu werden.
Probieren ist auch ein gutes Stichwort. Was mir am Foodcoaching so gut gefallen hat, war genau das: probieren. Ich selbst wäre nicht auf die Idee gekommen, ausgerechnet Öl zu testen, aber selbst dabei schmeckt man Unterschiede, wenn man sich einfach mal damit beschäftigt. Versuch das ruhig: Geh in die Küche, such dir deine Ölsorten zusammen und probier jede aus. Wenn du so kochst, wie ich bisher gekocht habe, dann hast du wahrscheinlich gerade zwei Flaschen im Regal stehen, aber das geht auch. Und selbst wenn du nur ein Öl hast – lass das Buch liegen und probier es, ganz pur, ohne es wie sonst mit Essig im Salat verschwinden zu lassen oder gedankenlos in die Pfanne zu kippen. Schmeckst du die leicht bittere Olive? Die milde Sonnenblume? Die süße Walnuss? Ehe ich vollends ins Schwärmen gerate: Ich habe früher eine einzige Flasche billiges Olivenöl in der Küche gehabt. Seit dem Foodcoaching steht eine Batterie von Ölen um mich herum, und ich kombiniere sie mit einer ebensolchen Batterie an Essigsorten. Ja, wahrscheinlich
braucht
man keine zehn Ölsorten. Aber wenn du sie erst mal hast und merkst, dass ein Salat ganz anders schmeckt, wenn du ihn statt mit Olivenöl und Rotweinessig mit Walnussöl und Honigessig anmachst, wirst du verstehen, warum ich ein Fan von immer mehr Flaschen in meiner Küche geworden bin. Und wie im letzten Kapitel angesprochen: Wenn du die Schätze erst mal hast, wirst du sie auch benutzen und so in ganz kleinen Schritten deinen eigenen Esshorizont erweitern.
Die Horizonterweiterung ist sowieso das Tollste am Essen. Ich suche ständig nach neuen Rezepten. Dafür muss man sich heutzutage netterweise keine Regalmeter Kochbücher mehr zulegen, sondern man kann stattdessen das wunderbare Internet nutzen. Sobald du ein Kochblog gefunden hast (einige stehen in diesem Buch im Anhang), führt dich die Blogroll – eine Art Linkliste mit weiteren Webseiten – zu immer mehr Kochblogs, und irgendwann wirst du kaum noch damit nachkommen, Lesezeichen zu setzen, weil du in so unglaublich vielen Blogs unglaublich viele Rezepte findest. Hier gilt das Gleiche wie beim Kochen: einfach machen. Nimm das erste Rezept, bei dem dir das Wasser im Mund zusammenläuft, kauf dafür ein und koch es nach. Schon ist der erste Schritt getan: zur Horizonterweiterung, zu mehr Vorräten in der Küche, die es dir einfacher machen, neue Rezepte auszuprobieren, zum Selberkochen und vielleicht auch dazu, neue Menschen kennenzulernen. Denn wie ich aus eigener Erfahrung weiß, sind Menschen, die gerne kochen und darüber schreiben, sehr gerne bereit, dich an ihrem Wissen teilhaben zu lassen. Wenn du etwas nicht verstehst oder nicht weißt, wo du eine bestimmte Zutat bekommst – frag nach. Wir haben alle mal angefangen, und wir sind noch lange nicht am Ende unseres Wissens. Aber dafür reden wir verdammt gerne über gutes Essen und wie es uns täglich belohnt: mit viel guter Laune. Immer und immer wieder.
Blogeintrag: Ein Jahr nach dem Foodcoaching
Diese Freude über gutes Essen, die mich jeden Tag erwischt. Leute, die seit 20 Jahren «vernünftig» kochen, finden das wahrscheinlich total verquast, aber für mich ist das immer noch neu, dieses In-die-Vorratskammer-Gucken, die vor guten, gesunden und vor allem leckeren Zutaten überquillt, und sich darüber zu freuen.
Die Freude, wenn aus der Pfanne ein ganz neuer Duft aufsteigt, von Fleisch, das man so noch nie zubereitet, von Fisch, den man völlig neu entdeckt hat, von Gemüse, das man plötzlich ganz anders betrachtet, nicht mehr als blöde Beilage, sondern als buntes, schmackhaftes Nahrungsmittel.
Die Freude zu wissen, dass, wenn jetzt plötzlich vier Leute vor der Tür stünden mit flaschenweise Wein und Hunger, man sie locker bewirten könnte, weil eben auf einmal alles da ist, was man für ein einfaches und gutes Essen braucht.
Die Freude, aus
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