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Nudeldicke Deern

Nudeldicke Deern

Titel: Nudeldicke Deern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Groener Anke
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werde. Und das ist schließlich das Schlimmste, was man sich selber antun kann. Könnte man ja ändern. Man müsste ja nur weniger essen und sich mehr bewegen, und schon ist man schlank und glücklich. Lustig, dass «schlank» immer gleichgesetzt wird mit «glücklich». Lustig auch, dass uns Dicken immer und überall eingeredet wird, wir seien so dermaßen unliebenswert und unsexy, dass sich niemand mit uns abgeben könnte. Wenn diese Scheißtheorie stimmt, müssten alle dünnen Menschen in tollen Beziehungen leben, und wir Dicken würden einsam und alleine sterben, um von Ameisen aufgefressen zu werden, in unseren anonymen Ein-Zimmer-Wohnungen, die wir mit niemandem teilen, weil wir hässlich und doof sind. Merkt ihr was?
     
    Es gab bei der BBC mal eine faszinierende Sendung [66] , bei der zehn schlanke Menschen an einem Versuch teilgenommen haben. Sie mussten vier Wochen lang täglich 10 000 Kalorien zu sich nehmen (googelt bitte selber, wie viele BigMacs das sind. Ne Menge), durften keinen Sport mehr treiben und wurden danach wieder gewogen. Einige haben richtig schön zugelegt, andere hingegen sind trotz dieser Mast kaum ein oder zwei Kilo schwerer gewesen. Jeder Mensch ist eben anders. Jeder Mensch verarbeitet Nahrung anders. Deswegen kennt auch jeder einen schlanken Freund oder eine schlanke Freundin, die täglich eine Sahnetorte essen können, ohne zuzunehmen, während andere nur an ein Bild einer Sahnetorte denken müssen, und schon sind fünf Kilo auf den Rippen.
     
    Und genauso ist es mit dem Abnehmen. Ja, ich kenne immerhin einen Menschen, der mal 15 Kilo abgenommen hat und bei dem sie auch seit 20 Jahren nicht wiedergekommen sind. Ich kenne allerdings auch mindestens zehn Leute, die sich seit Jahren mit der einen oder anderen Methode quälen, ein bisschen dünner zu werden und stattdessen immer mehr in die Breite gehen. Oder die ihr Leben lang ihr Essen rationieren und/oder jeden Tag Sport treiben
müssen
, um nicht wieder zuzunehmen. Das mag für einige okay sein, für mich klingt das nach einem Scheißleben. Jedenfalls scheißiger als dick zu sein.
     
    Ich habe durch das Foodcoaching etwas viel Wichtigeres gelernt als abzunehmen: Essen zu genießen.
     
    Essen war für mich immer das Böse, das Verbotene, eine Sünde (dieses verfickte Scheißdreckswort will ich nie wieder im Zusammenhang mit Essen hören). Essen war immer etwas, was sein musste, was ich aber nie wollte. Schokolade war böse, weil sie dick macht und dick war ich ja schon und oh Gott jetzt ess ich schon wieder Schokolade oh Gott ich werde noch fetter oh Gott keiner hat mich lieb oh Gott dagegen hilft nur Schokolade die hat mich lieb. Und so weiter. Ganz vereinfacht gesagt. Mein Kopf ist noch etwas komplizierter gestrickt, aber Essen war nie einfach. Oder genussvoll. In wenigen Momenten, ja. Wenn ich es zelebriert habe. Wenn ich das Gefühl hatte, mir etwas Gutes tun zu wollen. Aber diese Momente waren selten, denn ich habe es ja nicht verdient, dass ich mir etwas Gutes tue, denn ich bin schließlich fett und damit doof und undiszipliniert und scheiße.
     
    Inzwischen ist Essen ein täglicher Genuss geworden. Ich habe bis heute keine Ahnung, was Lu mit mir gemacht hat, außer mich an die Hand zu nehmen und mir zu sagen: «Du darfst alles essen, was du willst.» Weil nämlich alles schmeckt und alles guttut, vor allem mir. Und seitdem zelebriere ich Essen so gut wie jeden Abend und genieße und freue mich darüber. Und ich habe kein Gramm abgenommen, obwohl ich gesünder esse und bewusster und mich einen Hauch mehr bewege. Und wisst ihr was? Es ist egal. Weil es mir so wichtig geworden ist, nicht mehr gegen meinen Stoffwechsel, meine Eigenarten und meinen Hunger anzugehen, sondern stattdessen mich zu mögen, mich um mich zu kümmern, mich nicht mehr zu verstecken, obwohl ich doch dick bin und damit ganz schlimm für anderer Leute Augen.
     
    Ich habe wunderbare Gelegenheiten ausgelassen wie zum Beispiel einen Bericht im ZDF über die Tagebuchhölzer [67] meines Opas, weil ich dick bin und nicht vor eine Kamera wollte, um Hasspost zu bekommen. Ich habe jahrelang Einladungen zu Bloggertreffen abgelehnt, weil mich da ja jemand sehen könnte, der bisher durch mein Blog eine gute Meinung von mir hatte – die sich natürlich sofort ändert, wenn er oder sie mich sieht. Ich habe so viele Dinge nicht gemacht, die ich hätte machen können – nicht, weil mich mein Dicksein daran gehindert hat, sondern das soziale Stigma, das Dicksein mit

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