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Nudeldicke Deern

Nudeldicke Deern

Titel: Nudeldicke Deern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Groener Anke
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genauso beknackt wie der Absatz da oben? Ist es auch. Und trotzdem habe ich das jahrzehntelang geglaubt.
    Ich sag dir mal was: Du bist immer noch du, ganz egal, wie viel oder wie wenig du wiegst. Das mag sein, dass eine Diät kurz dein Selbstbewusstsein hebt – ich kann mich gut daran erinnern, dass mir das so ging –, aber sobald die Kilos wieder drauf sind, ist auch das Selbstbewusstsein wieder weg. Auch daran kann ich mich erinnern, und es sind keine schönen Erinnerungen. Warum es so schwer ist, sich selbst in einem dicken Körper zu akzeptieren, ist das Perfide an der «fantasy of being thin»: Sie gaukelt uns vor, wir würden jemand anders werden, wenn wir dünner wären. Jemand, der viel toller, klüger, spannender, erfolgreicher ist. Sich selbst anzunehmen, wie man ist, bedeutet nicht nur, sich als dicker Mensch anzunehmen, sondern auch als jemand, der vielleicht schüchtern ist, komplett unfähig für Gesellschaftsspiele, der keine Fremdsprache spricht, Schlümpfe sammelt und selten auf Partys geht, weil es zu Hause auf dem Sofa so schön kuschelig ist. Was auch immer dich ausmacht: Das bist du. Nicht dein dicker Hintern. (Der wahrscheinlich eh nicht so dick ist, wie du glaubst.)
     
    Das Problem mit der Vorstellung, das Dicksein sei schuld an allem, ist, dass man sich selbst zu wenig traut und zutraut. Ach, den Job krieg ich eh nicht, ich bin zu dick. Ach, den Urlaub mach ich später, wenn ich dünner bin und in Shorts besser aussehe. Ach, den Typ quatsche ich erst an, wenn ich weniger wiege. Ach, die Klamotten kaufe ich mir erst, wenn ich eine kleinere Kleidergröße im Etikett sehe. Unter uns: Dein Lebenslauf beeindruckt, auch wenn du Größe 46 trägst. (Oder 36 oder 56.) Wenn du erst mal im Urlaub bist, ist es total egal, wie du in Shorts aussiehst – du bist im Urlaub, genieß das, verdammt nochmal. Vielleicht hat der Typ, den du anschmachtest, genau auf dich gewartet, und vielleicht siehst du in diesen neuen Klamotten ganz großartig aus – du musst sie nur anprobieren.
    Ich weiß, das klingt alles nach: «Glaub an dich, du bist toll, und die Welt wird von heute auf morgen ein Paradies.» Ich weiß auch, dass ich das nie glauben konnte, bis ich es eben geglaubt habe. Okay, die Welt ist immer noch kein Paradies, aber ich habe mich inzwischen mit mir und meinem Körper angefreundet. Das war übrigens kein bewusster Schritt. Es funktioniert nicht, sich vor den Spiegel zu stellen und sich zu sagen, wie großartig man sich findet, wenn man sich in Wirklichkeit fett und elend fühlt. Ich glaube aber, dass es ein Schritt in die richtige Richtung sein kann, sich und seine Fähigkeiten zu würdigen. Wir werden tagtäglich mit Bildern bombardiert, denen wir nicht entsprechen können – da ist es doch kein Wunder, wenn wir manchmal an uns verzweifeln, selbst wenn wir liebevolle Mütter sind, einen tollen Job haben, ein eigenes Dach über dem Kopf, gute Freunde oder was auch immer dir in deinem Leben wichtig ist. Vielleicht hilft es, dir das ab und zu mal zu sagen, anstatt dich dauernd dafür auszuschimpfen, dass du nicht einem völlig irrealen Bild entsprichst.
     
    Mein Weg zur Körperakzeptanz hat mit dem guten Essen angefangen. Dem «guten» Essen, nicht dem gesunden, kalorienarmen, bewussten oder was weiß ich. Nein, dem guten. Dem Essen, auf das ich jetzt so richtig Lust hatte. Dem Essen ohne schlechtes Gewissen, ohne Selbstvorwürfe, ohne an Kalorien zu denken und was ich mir dafür später verkneifen muss, wenn ich jetzt diesen einen Riegel Schokolade esse. Ich esse gut, denn ich bin es mir wert. Ich sorge gut für mich, denn ich bin es mir wert. Ich bin kein schlechter Mensch, nur weil ich dick bin. Ich habe ein Recht darauf, mich wohlzufühlen und mich gut zu finden. Das dürfen schlanke Menschen ja auch. Die dürfen sogar chipsessend vor dem Fernseher rumgammeln, ohne dafür angepampt zu werden, aber das ist ein anderes Thema.
    Die Unterscheidung zwischen «gutem» und «gesundem» Essen werfe ich übrigens auch ansonsten wohlmeinenden Menschen wie Jamie Oliver und Sarah Wiener vor. Ich finde es großartig, dass sie Kindern das Kochen beibringen wollen, dass sie ihnen zeigen wollen, wie lecker Gemüse sein kann und wie toll es ist, sich selbst eine Mahlzeit zuzubereiten, die nicht eingeschweißt aus dem Supermarkt kommt. Was mich an den beiden allerdings wahnsinnig macht, ist der blöde Gesundheitsansatz. Klar bekommt man so die Eltern dazu, die Kinder in die Kurse zu schicken, weil Eltern

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