Nuke City
der Lage seid, etwas dagegen zu unternehmen?«
Ravenheart schüttelte den Kopf und lächelte dünn. »Und der Regierung was gesagt? Herr Präsident, wir haben ein Eliteteam in Chicago, das die Möglichkeit hat, eine Atombombe zu zünden. Sie brauchen nur Ihr Einverständnis zu geben.« Sie schüttelte wiederum den Kopf. »Entschuldige, aber ich glaube nicht, daß Thomas Steele einem Megakonzern die Erlaubnis geben wird, eine seiner Städte in Schutt und Asche zu legen.«
Ravenheart musterte die ganze Gruppe. »Wie ich schon sagte, zeigt mir eine Alternative, und ich greife zu.«
Kyle nickte. »Du kannst mir glauben, wenn mir etwas einfällt, erfährst du es sofort. In der Zwischenzeit sollten wir vermutlich alle nötigen Vorbereitungen für den Einsatz der Drone treffen.« Er ließ seine Blicke schweifen und sah die Resignation in den Augen der um ihn versammelten Soldaten. Seeks-the- Moon stand schweigend ein wenig abseits. Kyles Blick blieb auf dem Geist haften. »Was ist mit dir? Hast du eine Meinung dazu?«
Der Geist blinzelte und lachte leise. »Ja, aber sie ist unerheblich.«
»Warum?«
»Weil das euer Land, eure Stadt und euer Volk ist«, sagte er. »Nicht meines. Was auch passiert, ich kann immer von hier weg.«
»Das stimmt«, sagte Kyle. »Aber ich würde trotzdem gerne wissen, wie du darüber denkst.«
Der Geist starrte ihn ein paar Augenblicke an, dann sagte er schließlich: »Ich glaube, dein Volk hat oft eine schreckliche Alternative gewählt, um eine andere zu bekämpfen. Das ist eure Art, die Dinge anzugehen, etwas, wovon ihr einiges versteht.«
»Also hältst du die Sache mit der Bombe für eine schlechte Idee.«
»Das habe ich nicht gesagt. Wenn das Ausschlüpfen der neuen Geister nicht verhindert wird, könnte das furchtbare Konsequenzen haben. In der Stadt sind bereits Tausende gestorben. Was sind schon ein paar Tausend mehr im Vergleich zu dem, wovor ihr euch fürchtet?«
»Wirst du uns helfen?«
Seeks-the-Moon hielt kurz inne, bevor er sich abwandte und ins Nichts starrte.
»Wirst du uns helfen?« wiederholte Kyle.
»Ich weiß es nicht.«
»Wirst du mir wenigstens helfen, meine Frau und meine Tochter zu suchen, solange du noch unentschieden bist?«
Der Geist sah ihn wieder an. »Das werde ich.«
Zu Fuß wäre es ein weiter Weg zu Ellen Shaws Wohnung gewesen, also borgten sich Kyle und Seeks-the- Moon die Talente eines der Soldaten aus und requirierten einen schmutzigen, verbeulten Chrysler-Nissan Jackrabbit, der auf dem Parkplatz vor dem Lagerhaus stand. Die Batterie des Wagens war noch zu drei Vierteln voll, also dauerte es nur eine halbe Stunde, sie an das immer noch aktive Stromnetz des Hauses anzuschließen und sie voll aufzuladen. Kyle hatte von Stromausfällen in anderen Stadtteilen gehört, wo Leitungen gerissen oder Masten gefallen waren, aber bis jetzt erfreute sich der größte Teil des Sperrgebiets noch der Versorgung mit Strom und Wasser. Die Versorgung mit Gas war jedoch eingestellt worden, wahrscheinlich aus Angst vor Explosionen und Bränden.
Kyle und Seeks-the-Moon fuhren zügig über die Addison zur Western, da sie keinen Wert auf eine Wiederholung der Konfrontation mit der Gang auf der Ashland legten. Dort bogen sie nach Süden ab. Die meisten Verkehrsampeln funktionierten noch, doch Kyle ignorierte sie. Auf ihrer Fahrt über eine der wichtigsten Nord-Süd-Verkehrsadern von Chicago sahen sie nur vier fahrende Autos. Alle waren mit Jugendlichen vollgestopft, die sie mißtrauisch beäugten, aber ansonsten in Ruhe ließen.
»Wie lange es wohl noch dauert, bis sie Barrikaden errichten, um ihr Revier abzugrenzen?« fragte Seeksthe-Moon.
Kyle antwortete nicht, obwohl er sich genau dieselbe Frage gestellt hatte.
Sie fuhren weiter nach Süden und in der Nähe der Chicago Avenue an ein paar Straßenzügen vorbei, die nur noch ein verkohlter Trümmerhaufen waren. Sie erinnerten Kyle an Bilder, die er von ausgebombten Städten gesehen hatte. Keine Menschenseele war zu sehen.
Ohne jede Vorwarnung bockte der Wagen plötzlich, als das Fließheck des Jackrabbit erbebte und barst. Kyle trat auf die Bremse und drehte sich um, als ihm ein widerlich süßer Geruch in die Nase drang und der Insektengeist schrill zu zirpen begann. Metall kreischte und barst, als das Heck des Wagens aufriß und eines der langen schwarzglänzenden Beine der Ameise in den Innenraum eindrang. Der bremsende Wagen hatte das Insekt aus dem Gleichgewicht gebracht, und sein krallenbewehrtes
Weitere Kostenlose Bücher