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Nukleus

Nukleus

Titel: Nukleus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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Fenstern geworfen hatten, und steckten es ein. Dann liefen sie mit schrillem, triumphierenden Wolfsgeheul zurück zum Cayenne, stiegen ein und rasten davon, die leere Straße hinunter bis zur nächsten Ecke, hinter der sie mit jaulenden Reifen verschwanden.
    »Verdammte Scheiße«, stöhnte der Deutsche auf dem Beifahrersitz des Austin leise. »Verdammte Scheiße!« Er neigte sich zu dem Mann am Lenkrad hinüber, verschwand halb aus Ellas Sichtfeld. »Alles klar, MacLean? Bist du in Ordnung?«
    »Was war das?«, fragte der Student. »Was, zum Teufel, war das?«
    »Kommen Sie, Doc, wir müssen los«, sagte Cassidy. »Wenn wir noch länger warten, war die ganze Show für die Katz!«
    »Ich habe mir in die Hose gepisst«, murmelte der Student im Austin fast staunend und blickte an sich hinunter. »Scheiße, ich habe mir wirklich und wahrhaftig in die …«
    »Halt die Klappe«, sagte der Deutsche. »Wir müssen uns um MacLean kümmern. Das ganze Blut, da kommt immer mehr …« Er schwieg einen Moment. »Alles in Ordnung, Mac? He, sag doch was … sag was …«
    »Lass ihn«, sagte der Student. »Siehst du nicht, was mit ihm los ist? Meine Hose, verdammter Mist, das fühlt sich …«
    »He, Mac … Mac?«
    »Der muss jedenfalls nicht mehr stempeln gehen«, sagte der Student. »Sieh dir doch bloß mal das ganze Blut an. Es kommt aus dem Ohr, weißt du nicht, was das bedeutet?«
    »Nein, weiß ich nicht, verdammte Scheiße! Mac!«
    »Ich hab’s ja immer gesagt«, meinte der Student, »die ganze Zeit. Ich war von Anfang an gegen diese Operation. Jetzt können wir nur noch eins machen.«
    »Was denn?«
    »Samson abschalten. Warten, bis Delilah wieder auftaucht und sie dann auch abschalten. Alle abschalten, die etwas wissen könnten. Vor allem aber Cassidy und die Ärztin, die zuerst.«
    Aber das hörten Ella und Cassidy schon nicht mehr, denn sie waren längst aus der Wohnung und dem Haus und sogar schon die Straße hinunter bei dem Rover, den der Detective Inspector in einer Seitenstraße abgestellt hatte.

5 4
    Das mit magentaroten und blauen Glühbirnen bestückte Riesenrad vor Ella drehte sich so langsam, dass es scheinbar bewegungslos in den Nachthimmel ragte. In dem unruhigen Wasser der Themse spiegelte sich das Licht der kleinen Lämpchen wie der Widerschein eines Feuers auf dem Grund des Flusses. Auch über die noch vom Regen nassen Steine der Promenade geisterte ein farbiger Glanz. An der Rampe des schlanken Rads aus weißen Stützen, Rohren und Spannelementen drängte sich eine lange Besucherschlange, die nur träge vorwärtskroch. In den Gondeln hoch oben in der Luft flackerten Fotoblitze auf wie vereinzeltes Wetterleuchten.
    Detective Inspector Cassidy pflügte sich einen Weg durch die Menschenmenge zwischen den Imbissbuden und Souvenirläden. Ella blieb dicht hinter ihm. Sie gingen an der County Hall vorbei und weiter zum Ticketschalter. Sie entdeckten den Professor halb verborgen hinter einer Platane. Er sah sie im selben Moment und winkte ihnen.
    »Idiot!«, zischte Cassidy, dessen Blicke unablässig hin und her flogen, von den Gesichtern der Passanten zu Gershenson und zurück zu Männern oder Frauen, die ihn vielleicht beobachteten. Der Professor kam ihnen schnell entgegen. Im Licht des Riesenrads warf er einen doppelten Schatten, als hätte er zwei Seelen, die in verschiedene Richtungen strebten. Der Detective Inspector schüttelte den Kopf, aber Gershenson reagierte nicht. »Herrgott, was für ein verdammter Idiot!«, sagte Cassidy noch einmal.
    »Ich habe etwas entdeckt!«, rief der Professor. »Ich muss Ihnen unbedingt …«
    »Nicht hier!«, fuhr Cassidy ihn an. Er packte Gershenson am Arm und steuerte auf eine abgesperrte Zone bei der hellblau angestrahlten Rampe des Riesenrads zu, die durch ein Schild als Fast Lane gekennzeichnet war. Er schien nicht darauf zu achten, ob Ella ihnen folgte. Am Beginn der Fast Lane stand eine farbige Frau in Uniform. Der DI steuerte direkt auf sie zu und streckte ihr seinen Ausweis entgegen. »DI Cassidy, Metropolitan Police! Die beiden hier gehören zu mir. Wir brauchen eine Gondel nur für uns! Dringende polizeiliche Maßnahme!«
    Noch bevor die Frau ihm Platz machen konnte, schob er sie mit der Schulter beiseite. »Mitkommen, alle beide!« Er zog den Professor mit sich, vorbei an der Schlange der Wartenden und die Rampe hinauf bis zu der kleinen Plattform, wo die Passagiere einstiegen. Noch nass vom Regen sanken die großen, durchsichtigen Gondeln wie gläserne

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