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Nukleus

Nukleus

Titel: Nukleus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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hatten.
    Doch das letzte Bild, bei dem die Gitarren in einem endlosen Loop dieselben Riffs wiederholten, zeigte Rashidos Gesicht, und jetzt war er es, der aus der Waschmaschine herausstarrte. Langsam wurde er kleiner und kleiner, verschwand hinter dem runden Sichtfenster in einem dunklen Strudel, der Ella an den bläulichen Punkt erinnerte, als den sie gestern das Gesicht des Sanitäters zum ersten Mal im Halbdunkel am Ende des Korridors wahrgenommen hatte.
    Nachdem der Clip zu Ende war, starrte sie noch ein paar Sekunden auf den schwarzen Bildschirm. Ihre Kopfwunde, fast vergessen, meldete sich zurück; die Schmerzen schienen im Rhythmus von Wir kriegen dich! zuzustechen. Shirins Patenonkel, dachte sie; was wäre das Leben ohne Vorbilder . Wie sollte man Leute erreichen, die solche Filme konsumieren, solche Lieder hören?
    Und schon wieder Feuer , auch in Rashidos Clip.
    Das letzte Bild brachte sie auf eine Idee. Sie gab den Namen »Kornack« ein, aber YouTube meldete keine Treffer. Danach probierte sie es bei Google und fand ein halbes Dutzend Einträge, die alle verschiedene Kornacks betrafen. Nur bei einem – Hanno Kornack – entdeckte sie die Worte »medizinische Ausbildung«, außerdem ein Link zu LifeBook, dem sie nervös folgte. Sekunden später las sie: Profil nicht vorhanden. Plötzlich spürte sie ein Kribbeln zwischen den Schulterblättern, das sich im selben Moment über die ganze Kopfhaut ausbreitete. Was bedeutet das?, dachte sie. Was, verdammt nochmal, bedeutet das?
    Sie hatte das Gefühl, eine wichtige Entdeckung gemacht zu haben, die sich ihr aber jeden Moment wieder entziehen konnte, weil sie zu müde war, um die Gedanken festzuhalten. Sie versuchte, sich mit aller Macht zu konzentrieren.
    Kornack ist tot, dachte sie. Der Selbstmordattentäter aus der U-Bahn ist auch tot. Welche Verbindung besteht zwischen den beiden außer dem Handy?
    Es muss eine Verbindung gegeben haben, sonst wäre Kornack nicht aufgetaucht, um das Handy des Toten verschwinden zu lassen. Jetzt ist er selbst tot, auch Selbstmord. Beide haben auch noch andere getötet.
    Kornack hatte einen Account bei LifeBook.
    Vielleicht hatte der Tote aus der U-Bahn auch einen Account bei LifeBook. Wenn wir wüssten, wer er war, könnten wir das überprüfen.
    Ich bin mir sicher, dass sein Profil auch gelöscht wäre, genau wie das von Kornack und Anni.
    Ella hielt inne, zuckte zusammen, als hätte sie einen elektrischen Schlag erhalten; wie früher als Kind, wenn sie aus Versehen an einen unter Spannung stehenden Weidezaun geraten war. Was hast du mit Kornack und dem toten Selbstmordattentäter zu tun, Anni? Gibt es noch eine Verbindung außer den gelöschten Profilen? Etwas, das bisher unsichtbar geblieben ist, weil es sich im Hintergrund abspielt? Oder das so nah ist, so sehr im Vordergrund, dass ich es deshalb nicht erkenne?
    Und was haben die beiden Täter auf dem Display ihrer Handys gesehen, kurz bevor sie sich umgebracht haben? Kannst du mir das sagen?
    In diesem Moment klingelte das Telefon im Flur; Ella zuckte zusammen. Auf dem kurzen Weg zu dem schrillenden Apparat hatte sie ein Gefühl wie ein Tiefseetaucher, der zu schnell vom Meeresbo den hochschießt, ohne auf ausreichenden Druckausgleich zu achten. Einen Moment wurde ihr schwindlig, und die Luft flimmerte vor ihren Augen. »Ja?«, meldete sie sich.
    »Frau Bach?«
    »Ja. Wer spricht da?«
    »Oberkommissar Abdallah hier«, die Stimme klang fröhlich, ausgeschlafen, »der libanesische Cop. Wie geht es Ihnen? Besser? Haben Sie gut geschlafen?«
    »Ich hätte vielleicht besser geschlafen, wenn Sie mir gleich verraten hätten, dass mich Beamte Ihrer Dienstelle im Augen behalten«, sagte Ella.
    »Was für Beamte?«, fragte Abdallah.
    »Zwei Männer in einem schwarzen BMW«, erklärte Ella. »Einen davon habe ich fotografiert.«
    »Wie kommen Sie darauf, es könnten unsere Leute sein?«
    »Sie sind mir schon gestern Morgen aufgefallen. Zuerst dachte ich, sie gehörten zum Clan von Halil Abou-Khan, aber als ich sie heute Nacht verfolgt habe, haben sie mich direkt zum LKA in der Keithstraße geführt.«
    »Sie haben mitten in der Nacht zwei wildfremde Männer verfolgt, die Ihnen komisch vorkamen? Hatten Sie keine Angst?«
    »Sollte ich Angst haben?«
    Statt zu antworten, sagte Abdallah: »Vielleicht hat Hagen das angeordnet. Ich überprüfe das, ja?«
    Ella antwortete nicht darauf. Sie war nur halb überzeugt. »Weswegen rufen Sie an?«
    »Es gibt Neuigkeiten von dem Mann mit der

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