Null Bock auf Mr Cock (German Edition)
volée“ von Edelagentur
Kandidat mit „Wiener Schmäh“
Einer der edlen Herren, der auch meint, ohne Bild schon reizend genug zu sein, ist zum Beispiel ein älterer Antiquitätenhändler aus Wien.
Man könne sich in München treffen, so vermerkt er geschäftig, dort habe er ohnehin des Öfteren beruflich zu tun. Auf meine Bitte nach einem Bild folgt die ausweichende Antwort, man könne ja erst mal telefonieren. Arglos gebe ich ihm meine Handynummer und bitte ihn, mich erst ab Montag anzurufen, da ich am Wochenende auf Familienbesuch sei. Nichtsdestotrotz oder gerade deswegen reißt mich am Sonntagmorgen in aller Herrgottsfrühe, schon vor acht Uhr, ein Anruf aus dem Schlaf. Während ich mir noch den Schlaf aus den Augen reibe, erblicke ich eine österreichische Nummer auf meinem Display.
Unhöflichkeit, die sondergleichen sucht. Ist dies der bekannte Wiener Schmäh? Als ich mich noch schlaftrunken vom Bett erhebe, ist der Anruf schon weg - und der Mann auch für immer - offensichtlich beleidigt, dass ein Fremder nicht zu jeder Unzeit anrufen kann.
Überhaupt gibt es massenweise Antiquitäten- und Kunsthändler bei „Edelagentur“ - diese handeln aber gewiss nicht in größerem Umfang mit Picassos oder van-Goghs - sondern eher mit irgendwelchen ollen Scherben aus Großmutters Nachlass - oder mit altem, verstaubtem Gerümpel vom Dachboden, das ohnehin keiner mehr haben will.
Eine wunderbare, berührbare und berührende Seele
Ein anderer feiner Herr, der Kontakt mit mir aufnimmt, ist ein 43jähriger Mann, von Beruf „selbständig“, besucht hat er eine „private Akademie“. Los und ledig ist er, aus Tirol.
In blumigen Worten wendet er sich an seine Adressatin: „Ist es Dir ein Anliegen, dass die Welt durch Dich zu einer besseren wird? Lebst Du meistens im Hier und Jetzt? Du sollst wissen, dass ich eine wunderbare, berührbare und berührende Seele habe. Es macht mich glücklich, wenn ich Katalysator zum Wohlergehen anderer Menschen sein kann. Ich hoffe, Du bringst mich zum Lachen mit Deiner fröhlichen, verspielten Art und wir uns gegenseitig.“
Ich schalte mein Foto frei, ohne seines gesehen zu haben. Keine Antwort, nichts. Mein Profil löscht er jedoch auch nicht. Sondern schaut dieses täglich an. Und nichts passiert. Der Herr geht nicht nach vorne und nicht zurück.
Mir jedoch reicht’s: Ich schreibe ihm, dass schlechtes Benehmen weder berührend noch berührbar ist. Und lösche ihn.
Schwätzer in höchstem Ausmaß und in größter Ausprägung. Angebliche Weltverbesserer, die dem tatsächlichen Gegenüber jedoch nicht den geringsten Anstand und Respekt entgegenbringen. Großmäuler, die sich schon im alltäglichen Umgang als Versager herausstellen.
Große Worte - leere Worte. Keine Substanz. Kein Inhalt. Nur Geschwätz und Geschwafel.
Bibel und One Night Stands
Ein weiteres Spitzenangebot von „Edelagentur“ ist ein selbständiger Politologe aus Zürich, 55 Jahre. Getrennt lebend (alles klar, wieder so einer!), ein Kind, dieses außer Haus.
Ob er noch ein Kind will, weiß er dagegen nicht. Ich darf schon bitten, 55 Jahre, der Herr, und weiß nicht, ob er noch ein Kind will. Worauf will er warten? Wie lange noch unentschlossen wie ein Teenager sein?
Kein Konzept im Leben. Sich winden und drehen.
Der Mann informiert weiter, dass er einen ungewöhnlichen Lebenslauf hinter sich hat und wohl auch noch vor sich hat. Wen interessiert’s? Mich jedenfalls nicht. Er steht auf die Bibel und die 9. Symphonie, so gibt er weiter kund.
An mich hat er nur drei Fragen, die ihn interessieren: „Glauben Sie an Gott? Werden Sie leicht nervös? Lieben Sie One Night Stands?“
Ich antworte knapp, dass ich nicht auf One Night Stands stehe. Natürlich keine Antwort mehr. Also wieder ein verheirateter Flachwichser, der die Jugend aus der Frau aussaugen und ihre Zeit vergeuden will. Und bibelfest soll der schnelle Fick auch noch sein, perverser geht’s wirklich nicht.
Bibel und One Night Stands , wie passt das zusammen? Nein, das ist mir doch zu viel Blasphemie.
Wirrkopf mit spirituellen Neigungen
Dann gibt es noch einen Angestellten, 47 Jahre, auch verheiratet, ein Kind, das zeitweise im Haus lebt. Auf die vorformulierte Frage, was das Besondere an ihm sei, formuliert er – Sie werden es nicht glauben - eine ganze lange Seite. Die volle Dröhnung, eine ganze Seite voll unglaublicher Selbstbeweihräucherung.
Das Außergewöhnliche an ihm sei, das ( ja, so schreibt er „dass“ ) er aus
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