Null Bock auf Mr Cock (German Edition)
kann. Und dass jedem neuen Anfang – so schwer er auch sein mag – auch ein ganz wundervoller Zauber innewohnt.
Tatsächlich habe ich Mitleid mit dem traurigen Mann und nehme Kontakt mit ihm auf. Wir schicken uns kürzere Mails - ein wenig ist die Rede von der Arbeit, ein wenig von Hobbys - und er erzählt immer wieder von seiner bösen Ex, und dass er seinen Sohn, mit dem er sich so gut verstehe, nur noch selten zu Gesicht bekäme.
Ein knappes halbes Jahr geht die Schreiberei in diese Richtung voran, wir tauschen Telefonnummern aus und wollen endlich ein Treffen planen.
Ich rufe Paul an, und was glauben Sie, sagt er mir? Dass es ihm sehr schlecht gehe, psychisch freilich, dass er abends allein in seinem Haus sitze, wo er sonst, früher, mit seinem Sohn die Hausaufgaben erledigt habe. Und dass er sehr enttäuscht sei von seiner Ex, dass sie ihm nicht beistehe in dieser schweren Zeit, und das, wo er ihr doch so viel Unterhalt zahle.
„Mein Gott“, will ich schreien, „meinst Du, Deine Ex kümmert sich nun plötzlich um Dich, wo sie Dich doch verlassen hat, als es Dir schlecht ging - nur weil Du ihr Unterhalt zahlst, was Du vermutlich per Gesetz sowieso tun musst. Wach auf, Mann, und wende Deinen Blick nach vorne. Und willst Du überhaupt, dass Deine Ex sich um Dich kümmert, wo diese sich doch so schäbig benommen hat? Wären nicht eher ein Psychologe oder Psychiater die richtigen und geeigneten Ansprechpartner für Dich und Deine gebeutelte Seele? Oder noch besser, eine neue Partnerin, die Dich die alte vergessen lässt und Dir vielleicht zu einem zweiten Frühling verhilft?“
„Im Moment geht es mir seelisch sehr schlecht“, wiederholt Paul, „so dass ich nicht in der Lage bin, mich mit Dir zu treffen, ich bitte um Entschuldigung. Aber sobald es mir besser geht, das verspreche ich, sobald es mir besser gehen sollte, melde ich mich.“
„Alles klar“, antworte ich, und beeile mich, das Telefongespräch zu beenden.
Was sucht ein Mann bei „Edelagentur“, der überhaupt nicht bereit oder fähig ist für eine neue Partnerschaft, zürne ich. Hätte er sich besser gar nicht erst angemeldet, denn so verschwendet er nur die Zeit der Frauen, an welche er sinnlose Partneranfragen schickt. Und in diese Gedanken versunken schließe ich das Kapitel Paul.
Als ich Paul und seine traurige Geschichte schon längst vergessen hatte, meldet sich eines schönen abends – es war gut ein Jahr später - eine Stimme, die ich nicht auf Anhieb einordnen kann.
„Hallo, hier ist Paul“ ruft er, als wäre unser letztes Gespräch nicht vor einem Jahr, sondern gerade eben gewesen. Meine Antwort ist Schweigen, ich stutze, überlege fieberhaft.
„Na, ich bin’s, Paul“ wiederholt er, aber der Ton hat sich geändert, nachdem er gemerkt hat, dass ich zögere und nicht sofort in Jubelschreie einstimme.
Meint dieser edle Herr, dass man ein Jahr mal eben mit einem Anruf auslöschen und ungeschehen machen kann? Meint er, die Zeit ist still gestanden, für mich, in diesem Jahr, und nichts ist passiert?
Eine peinliche Pause, die Ewigkeiten zu dauern scheint, dann endlich die erlösende Verabschiedung seinerseits – nachdem er wohl gemerkt hat, dass sein Anruf nicht der Brüller und eher unpassend gewesen ist.
Berthold - Witzbold aus der Lederhosenregion
Die Anfrage des nächsten Kandidaten lässt nicht lange auf sich warten - es ist Berthold aus Bayern, 43 Jahre, geschäftsführender Gesellschafter.
Sein Bild zeigt - verzeihen Sie mir bitte - eher eine Witzfigur als einen ernst zu nehmenden Mann - Karohemd, Schnauzbart, allzu breites Grinsen. Und die Zeilen, die er mir schreibt, machen die Sache nicht besser - und ich bin im Zweifel, ob das ganze ein Witz oder ein ernst zu nehmendes Schreiben sein soll:
„Hallo Du noch unbekanntes Wesen, es schreibt Dir ein Eingeborener aus der Lederhosenregion, wie ich aber sehe, kennst Du Dich ja bestens mit dieser Gattung Mensch aus. Mal Spaß beiseite, ich habe Dich beim stöbern der Anzeigen mit Deinem Profil herausgesucht, und finde, das passt schon sehr zusammen. Eigentlich muss ich mir jetzt mal ganz schwer überlegen, wie ich es denn so anstelle, das Interesse einer solchen Frau zu wecken. Na dann werde ich es mal versuchen: Fangen wir mal mit mir an, ist zwar unhöflich aber irgendwo muss ich ja mal anfangen. Ich bin der Berthold, 43 Jahre und durchaus vorzeigbar. Zwar kein Brat Pitt aber auch nicht wirklich ein Quasi Moto. Sagen wir es mal so. Unter den Quasi
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