Null Bock auf Mr Cock (German Edition)
Lieblingsurlaub“ - so schreibt er beispielsweise - „Sonne und Strand, da bin ich ganz bei Dir…liebe Unbekannte…denn so langsam kommt die Zeit wieder näher, an derartige Reisen in den Süden zu denken! So auf die Schnelle ein verlängertes WE am Gardasee, oder dann im Sommer an die Riviera?! Italien oder Frankreich…das ist so meine spontane Art, einfach (schöne) Dinge zu machen, das Leben zu genießen.“
Und so ist in seinen Mails stets in ähnlicher Weise vom Süden und vom schönen Leben allgemein und insbesondere vom Leben im herrlichen Süden die Rede.
Weiter schwärmt er in sämtlichen seiner Nachrichten von meinem angeblich bezaubernden Lächeln, und spricht von mir als der Frau, die so bezaubernd lächeln kann.
„Nun mach mal halblang, Du Schleimscheißer“, will ich ihm genervt mailen, „Du kennst mich doch überhaupt nicht. Quatsch mich nicht mit Phrasen voll und mach mir keine falsche Hoffnungen. Verschwende nicht meine Zeit.“
Und hätte ich bei solch’ aufdringlichem Gesülze nicht besser gleich die Flucht ergreifen und das Postfach von Albrecht für immer schließen sollen? Und dann ist da auch noch seine Ausdrucksweise - alles klingt so gestelzt und aufgesetzt.
Gleichermaßen hätten beim Lesen der Angaben in seinem Profil bereits die Alarmglocken bei mir schrillen müssen. Denn aus jedem seiner Sätze geht deutlich hervor, dass seine Lebensziele vor allem „la dolce Vita“ und das nötige Kleingeld hierfür darstellen. So gibt Albrecht an, dass sein absolutes Lieblingsbuch „Gagner“ von Bernhard Tapie ist - das Buch handelt vom Aufstieg eines französischen Tellerwäschers zum Multimillionär.
Und wenn er sich einen Traum erfüllen könne - so schwärmt Albrecht weiter - wäre er gerne Besitzer einer Immobilie an der Cote d’Azur zwischen Nizza und Monaco, vorzugsweise in den Orten Villefranche oder Beaulieu.
Und ferner sei das Besondere an ihm, „dass er das (gute) Leben kenne und liebe und la dolce vita gerne mit seiner neuen Partnerin genießen und teilen möchte.“
Nichtsdestotrotz – ungeachtet seines offensichtlichen Drangs zur protzigen Lebensweise - schicken wir gleichsam nach Pingpong-Art ein paar Mails hin und her, dann herrscht zunächst Funkstille, und zwar von meiner Seite aus, irgendwie hatte mich das Ganze doch weniger überzeugt und vom Hocker gerissen, und ich empfand die Schleimerei meines Galans auch eher lästig und unangebracht – auch kann ich dem Süden und dem schönen Leben nicht so viel abgewinnen und fühle mich diesem nicht so verbunden wie Albrecht.
Überraschenderweise meldet Albrecht sich kurz vor Weihnachten erneut und meinerseits bin ich nun angenehm berührt ob dieser Tatsache: Hoppla, denke ich, dass der sich noch mal meldet, das hätte ich nicht gedacht, der scheint ja echtes Interesse an mir zu haben, dass er mich nicht vergessen hat. Wie süß. Ich werde richtig sentimental.
Und diesmal geht alles viel schneller. Keine langen Mails mehr. Lediglich gute Wünsche für Weihnachten und fürs neue Jahr – und schon ist ruck zuck ein Termin für ein Treffen im neuen Jahr in München anberaumt, nachdem man den Stress der Feiertage hinter sich gelassen und wieder genug Luft für solche Dinge hat.
Ein paar Tage später ist es dann soweit: Wir verabreden uns in München, als Treffpunkt haben wir den Hauptbahnhof vereinbart. Sicherlich, es gibt romantischere Plätze für ein Date, aber da ich mit dem Zug anreise, ist der Bahnhof durchaus als praktischer Ort der Begegnung anzusehen.
Albrecht erkennt mich erstaunlicherweise sofort - obwohl ich mit Mantel, Mütze und Schal winterlich gut verpackt und eigentlich vollkommen vermummt bin. Komisch, wie und woran er mich um Gottes Willen identifiziert hat, wundere ich mich. Sei’s drum, Hauptsache wir haben uns gefunden. Grinsend läuft er mir entgegen, die Hand schon zum Gruße ausgestreckt. Und in natura sieht er auch besser aus als auf den Fotos im Internet, irgendwie jünger und fast ein wenig spitzbübisch. „Wollen wir direkt in die Bar vom Meridien gehen“, fragt er mich, „die ist ganz in der Nähe, dort können wir uns ungestört unterhalten.“
Zum Meridien ist es wahrhaft nur ein Katzensprung, schon sind wir der klirrenden Kälte und dem zugigen Wind entkommen, und sitzen gemütlich und zufrieden auf den bequemen Sesseln des Meridien -Hotels.
Der Kellner fragt nach Getränken, „was willst du trinken“, fragt Albrecht, und gibt dann ganz nach Gentleman-Manier meine
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