Null Bock auf Mr Cock (German Edition)
denn das Leben ist kein Wunschkonzert, und nur selten befinden wir uns in Situationen, in denen alles rundum glatt läuft und wir bar aller Sorgen sind.
Aber diese Antwort erspare ich mir, ein gutes halbes Jahr später folgt nochmals eine Mail von Alessandro, die aber ungelesen in den virtuellen Papierkorb wandert. Weg mit ihm, zurück in den Orkus.
Läkare aus Schweden
Wenig später grüßt der läkare . Du guter Gott, läkare , was ist denn das, fragen Sie vielleicht. Auch ich bin erst mal verdutzt, google dann aber eifrig und finde heraus, dass läkare die schwedische Bezeichnung für Arzt ist, und der Kandidat stammt auch aus selbigem Land.
Mitte fünfzig ist er, geschieden, Kinder, das Übliche.
Er schaltet sein Bild frei, Du alter Schwede denke ich, vom Bild guckt mich ein Wikinger an, grimmiger, wie Sie ihn sich nicht vorstellen können, mit Bart und wettergegerbtem Gesicht.
Aber er schreibt ganz kultiviert, scheint über eine reiche Allgemeinbildung zu verfügen und interessiert sich auch für Deutschland. Und er schreibt nicht über Krankheiten. So weit, so gut. Seine Hobbys sind Standardtänze, wie Walzer, über seine Liebe zum Tanz spricht er mit zunehmender Begeisterung.
Immer weniger dagegen schreibt er vom Berufsleben, vielmehr mailt er, er sei beruflich schon kürzer getreten und arbeite nicht mehr Vollzeit.
Bereits mit halbem Bein in der Rente, gehört er freilich einem anderen Lebensabschnitt an als ich, denn in meinem Alter engagiert man sich voll im Beruf und hat wenig Zeit und/oder Lust für Standardtänze.
Die nächste Mail von ihm ist dann gänzlich der Hammer: Er schreibt er mir eine ellenlange Mail, aber - statt in Deutsch oder Englisch - in Schwedisch, wovon ich natürlich kein einziges Wort verstehe. Die Worte scheinen nur so aus ihm herauszusprudeln, in der eigenen Sprache – dabei scheint er zu übersehen, dass ich die schwedische Sprache nicht beherrsche.
Aber auch an diesem Beispiel kann man erkennen, wo manche Glücksschiff-Mitglieder mit ihren Gedanken sind bzw. wie wenig Empathie sie ihrem Gegenüber einräumen.
Eigentlich sollte ein persönliches Treffen stattfinden, zu dem es natürlich nicht mehr kommt.
Traurig bin ich allerdings keineswegs darüber, dass ich nicht ins arktisch kalte Schweden reisen muss, und der Kälte dort möglicherweise nur mit erhöhtem Whisky-Konsum Herr werden kann - oder indem ich mein Tanzbein zu Walzerklängen schwinge.
Zahnarzt aus Wien
Weiter haben wir einen Zahnarzt aus Wien, Mitte vierzig.
Ein wenig Geplänkel, dann soll ich mein Bild freischalten, fordert er, denn dies sei doch entscheidend. Klar und logisch, also schalte ich mein Bild frei. Darauf mault der Kariesexperte, ob ich nicht ein deutlicheres Bild von mir besäße.
Mann, ich habe drei Bilder freigeschaltet, eins im Ganzkörperformat, zwei vom Gesicht - und bin auf allen Bildern zu erkennen. Kauf Dir’ ne Brille, so lautet meine letzte Nachricht - und drücke auf Löschen.
Arzt aus Österreich
Dann noch ein anderer Arzt aus Österreich, ohne Bild, Mitte vierzig.
Zäher Briefwechsel, er schreibt lediglich, dass er Frankenwein liebt. In der nächsten Mail beklagt er seine vielen Dienste.
Ein Bild von sich kriegt er dagegen für längere Zeit nicht gebacken, aber als es endlich so weit ist, dann hat es dieses in sich, das Bild. Die Augen starr und gleichsam aus dem Kopf quellend, wie bei einem Basedow-Kranken, teigige Haut, das gesamte Aussehen gleicht eher dem eines Sechzigjährigen. Und böse schaut er auch noch drein. Ich bin peinlich berührt und weiß nicht, was ich schreiben soll. Und so darf ich noch mehr Zeit darauf verwenden, wie ich mit Anstand wieder aus dem Kontakt komme.
Kandidaten aus Tunesien und Algerien
Weiter stellen sich einige Kandidaten aus afrikanischen Ländern wie Tunesien und Algerien vor, die gerne mittels einer Partnerschaft nach Deutschland, ins gelobte Land, einreisen würden. Deutschland, das Land, in dem scheinbar an jeder Ecke Wohlstand herrscht, und mit einem großzügigen sozialen Netz, das jeden auffängt.
So schreibt mir beispielsweise ein geschiedener Mittfünfziger aus Tunesien, dass er mich gerne kennenlernen würde. Auf meine Frage, wie er sich denn ein Zusammenleben vorstellen würde, meint er, er wäre frei, nach Deutschland einzureisen. Natürlich. Deutschkenntnisse hat er keine, aber das schade wohl nichts. Die reiche deutsche Frau kann sicher noch einen Gast zu Tisch bitten, das steht außer Frage.
Dann
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