Null & Nichtig (Daniel & Juliet - eine Liebesgeschichte (Teil 2)) (German Edition)
Leben in Boston weitergehen sollte. Für eine neue Wohnung musste ich auf mein nächstes Gehalt warten, das hieß, weitere zwanzig Tage in Daniel Stones Nähe zu verbringen. Doch falls es wirklich unerträglich wurde, konnte ich vielleicht meine Schwester Corinne um Hilfe bitten. Sie lebte in New York und hatte mir bereits mehrfach angeboten, zu ihr zu kommen. Meinen Eltern hingegen konnte ich unmöglich von meiner Affäre mit Daniel Stone erzählen, mein Vater war in einen geschäftlichen Disput mit dem Multimilliardär verstrickt und beide Männer bekämpften sich mit allen Mitteln. Ich würde mich hüten, zwischen die Fronten zu geraten.
Ich versuchte, eine möglichst bequeme Sitzhaltung für den Rest des Fluges zu finden. Dabei war ich selber Schuld, dass ich hier in der Touristenklasse saß. Am Flughafen angekommen, hatte man mir beim Einchecken mitgeteilt, dass ich für mein Ticket ein Upgrade in die erste Klasse erhielte. Doch da ich genau wusste, wer dahinter steckte, lehnte ich ab. Die Dame am Schalter hatte mich mit wissendem Blick begutachtet. »Streit mit dem Freund?«, fragte sie mich einfach.
Ich nickte zerknirscht. »Ja, so könnte man das auch nennen. Ich will auf gar keinen Fall seine Geschenke annehmen.«
Die Frau schüttelte mit dem Kopf. »Das müssen Sie auch nicht. Aber wenn ich Ihnen einen kleinen Tipp geben darf, es gibt einen ganz simplen Trick. Sie vermachen das Upgrade einfach Ihrem Sitznachbarn. Dann haben Sie mehr Platz und lassen gleichzeitig Ihren Freund in dem Glauben, Sie wollten nichts mehr mit ihm zu tun haben.«
Ich lächelte unentschlossen. »Und woher weiß ich, wer neben mir sitzen wird?«
»Das haben wir gleich. Einen Moment, jetzt sitzt ein Mann mit dem Namen Marcus Stewart neben Ihnen. Der steht gerade am Nebenschalter. Soll ich ihm das Upgrade überschreiben?«
Ich blickte kurz hinüber zu dem großgewachsenen Mann neben mir. Dann stimmte ich zu. »Ja, gut. Machen Sie das, der sieht auch so aus, als bräuchte er ein bisschen mehr Beinfreiheit. Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
Ich beobachtete, wie der Mann sich verwundert mit der Hand durch die dichten lockigen Haare fuhr. Er konnte sein Glück kaum fassen. Lächelnd verließ ich den Schalter, wenigstens freute sich nun überhaupt jemand über Daniels Großzügigkeit.
Gelangweilt griff ich nach der Zeitung, die ich mir beim Einsteigen geschnappt hatte. Wie immer waren die ganzen Illustrierten und Klatschzeitschriften schon vergriffen und mir blieb nur der Boston Globe. Ich blätterte durch die Seiten, ohne mich auf etwas Bestimmtes konzentrieren zu können. Wieder sah ich auf meine Uhr. Noch drei Stunden. Vielleicht sollte ich ja doch versuchen, noch ein wenig zu schlafen. Wenn nur diese Träume nicht wären.
Plötzlich stutzte ich. Da war Daniel Stones Foto abgebildet. Ich suchte den zugehörigen Artikel und erblasste. Unter der Überschrift Milliardär festgenommen unter Mordverdacht wurde in einem langen Artikel erklärt, wie Daniel in den Mord an Peter Wallenstein involviert war. Das war derselbe Mann, den ich vor zehn Tagen tot im Ritzman Hotel gefunden hatte.
Mein Puls raste, während ich den Artikel durchlas. Inzwischen traute ich Daniel ja Vieles zu, aber einen Mord? Laut dem Bericht hatte er den Privatdetektiv nicht selber getötet, sondern dazu einen professionellen Auftragsmörder verpflichtet und sich dann ein lückenloses Alibi verschafft. Doch Zeugen hatten Daniel bei der Übergabe der Erfolgsprämie beobachtet. Daraufhin hatte man ihn gestern Abend in seinem Büro festgenommen. Der Artikel endete mit einem Zitat von Hauptkommissar Santoro: »Wir konzentrieren uns bei einem Mordfall immer auf die plausibelste Erklärung für unsere Fragen. Und in neunundneunzig Prozent aller Fälle trifft diese Erklärung auch zu.«
Ich erschauderte bei der Erinnerung an meine Begegnungen mit Kommissar Santoro. Der Polizist mit dem Terriergesicht hegte einen Groll gegen Daniel und gegen alle Personen, die mit ihm in Verbindung standen. Ich durfte mir einige spitze Bemerkungen über unsere Beziehung anhören, darauf konnte ich in Zukunft gut verzichten.
Wieder und wieder las ich den Artikel, sah mir auch das abgebildete Foto genauer an. Daniel schien hagerer als sonst, sein Blick jedoch war fest und unbeugsam. Er sah weder überrascht noch verängstigt aus, vermittelte vielmehr konzentrierte, grimmige Entschlossenheit.
Dann durchsuchte ich die Zeitung nach weiteren Hinweisen zu diesem Fall, fand aber keine
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