Null
Spielrunden wahrscheinlich 4 8-mal keine Sechs werfen und somit gewinnen und 5 2-mal eine Sechs werfen und somit verlieren würde. Die Bank hatte daher die besseren Gewinnchancen – 52 zu 48. Und so entstand die Wahrscheinlichkeitstheorie: weil ein französischer Adliger wissen wollte, ob es klug wäre zu wetten, dass er mit vier Würfeln keine Sechs warf.»
Einige Studenten nickten, was, wie Caine mittlerweile wusste, «so so, interessant» bedeutete. Ein Afroamerikaner hinten im Raum meldete sich mit Handzeichen. «Michael», sagte Caine.
«Wie hat Pascal denn nun bewiesen, dass er sein Leben besser der Religion und Philosophie widmen sollte?»
«Ach ja, richtig, das hätte ich fast vergessen», sagte Caine. «Dazu hat er etwas angewandt, was man später den
Erwartungswert
nannte. Dabei geht es im Grunde darum, die Produkte der Wahrscheinlichkeit verschiedener Ereignisse mit dem zu addieren, was man erhalten würde, wenn die jeweiligen Ereignisse eintreten würden.»
Caine sah in glasig blickende Augen. «Äh, na gut, dann nehmen wir mal ein Beispiel aus dem alltäglichen Leben: Lotto. Wie viel ist diese Woche im Powerball-Jackpot? Weiß das jemand?»
«Zehn Millionen Dollar», sagte ein sportlicher Typ in der letzten Reihe.
«Okay, dann tun wir mal kurz so, als würden wir in einem Phantasieland leben, in dem es keine Steuern gibt. Zufällig weiß ich, dass die Chance, diesen Jackpot zu knacken, bei ungefähr 120 Millionen zu eins steht, denn so viele mögliche Zahlenkombinationen gibt es. Wenn ich nun errechnen möchte, welchen Gewinn ich
erwarten
kann, wenn ich einen Dollar für einen Lottoschein ausgebe, würde ich folgendermaßen vorgehen: Ich würde die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen mit der Summe, die ich gewinnen würde, multiplizieren und dazu dann die Wahrscheinlichkeit zu verlieren addieren, und zwar multipliziert mit null, denn man gewinnt ja nichts, wenn man verliert.»
«Das bedeutet, wenn Sie diese Woche Powerball-Lotto spielen, können Sie nur erwarten, 8,3 Cent zu gewinnen. Da der Lottoschein einen Dollar kostet und sein Wert 8,3 Cent beträgt, hat es der Wahrscheinlichkeitstheorie zufolge keinen Sinn zu spielen, denn die Kosten sind höher als der Wert.
Obwohl Sie also vielleicht glauben, es wäre es wert, einen Dollar zu bezahlen, wenn man dafür die Chance bekommt, zehn Millionen Dollar zu gewinnen, liegen Siefalsch damit, denn in Wirklichkeit ist dieser Schein nicht einmal zehn Cent wert.» Caine trank noch einen Schluck Kaffee und ließ seine letzte Aussage erst mal sacken. Als er glaubte, dass alle verstanden hatten, was er gesagt hatte, stellte er eine Frage: «Wann wäre es denn sinnvoll zu spielen? Madison.»
Die kecke Blondine saß plötzlich kerzengerade auf ihrem Platz. «Äh, nur wenn mehr als hundertzwanzig Millionen im Jackpot wären.»
«Richtig. Und warum?»
«Weil wenn, sagen wir mal, 125 Millionen im Jackpot wären und die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen bei eins zu 120 Millionen liegt, der Erwartungswert eines Lottoscheins», Madison hielt inne und tippte ein paar Zahlen in ihren Taschenrechner ein, «ein Dollar vier Cent beträgt, also mehr als die Kosten von einem Dollar.»
«Genau», sagte Caine. «Vom Standpunkt des Erwartungswerts aus gesehen, ist es nur sinnvoll zu spielen, wenn der Wert die Kosten übersteigt. Daher sollte man in diesem Fall nur Lotto spielen, wenn es mehr als 120 Millionen zu gewinnen gibt.»
«Aber was ist denn nun mit Pascals Entschluss, sein Leben der Religion zu widmen?», fragte Michael noch einmal.
«Pascal wandte den Erwartungswert an, um zu beweisen, dass er sich dem Glauben verschreiben sollte. Und wie alle guten Mathematiker erstellte er daraus eine Gleichung:»
«Pascals Logik war ganz einfach: Wenn (a) größer ist als (b), sollte man hedonistisch leben. Wenn aber (a) geringer ist als (b), sollte man religiös leben.»
«Aber wie hat er das Problem denn gelöst, ohne die Werte der Variablen zu kennen?», fragte Michael.
«Er ist von einer Reihe von Annahmen ausgegangen, vor allem von der, dass der Wert ewigen Glücks positiv unendlich sei und der Wert ewiger Verdammnis negativ unendlich.»
«Da Unendlichkeit in jeder Gleichung den Ausschlag gibt, kommt dabei heraus, dass (a) ein hedonistisches Leben einen negativ unendlichen Erwartungswert hat, wohingegen (b) ein religiöses Leben einen positiv unendlichen Erwartungswert hat.»
«Verstanden? Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit, dass esein Leben nach
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