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Null

Null

Titel: Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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in einem Winkel seines nun mit Dopamin überschwemmten Hirns war sie das tatsächlich.
     
    Dr.   Tversky richtete sich die Krawatte, ehe die Tür aufglitt. Zwei Männer in grün-schwarzem Tarnanzug empfingen ihn. Er hatte nie verstanden, warum das Militär in der Stadt Kleidung trug, die dazu bestimmt war, sich darin zwischen Urwaldlaub zu verbergen. In dem grauen Raum fielendie massigen Männer mit ihrer Tarnkleidung eher auf, wirkten wie große, dreidimensionale Actionfiguren.
    «Weisen Sie sich bitte aus, Sir.» Die Aufforderung klang wie ein Befehl.
    Dr.   Tversky reichte der Wache seinen Führerschein und wartete, während der Mann einen Besucherausweis ausstellte. Er bekam ihn ausgehändigt, betrachtete kurz den laminierten Zettel und klemmte ihn sich vor die Brust. In großer Blockschrift stand darauf TVERSKY, P., gefolgt von einem schwarzen Strichcode. Wann hatten die Menschen angefangen, es für vollkommen selbstverständlich zu halten, dass sie etikettiert wurden wie ein Stück Seife?
    Er war überrascht, als er in der oberen rechten Ecke des Ausweises ein Foto von sich sah. Das musste kurz zuvor eine der vielen verborgenen Kameras hier in der ST R-An lage aufgenommen haben. Tversky starrte das Bild an; er hatte noch nie ein derart ungestelltes Foto von sich gesehen. Einen Moment lang war er bestürzt – der Mann auf dem Bild sah nicht gut aus. Er wirkte ungehalten und fast ein wenig ängstlich. Tversky fragte sich, ob die Emotionen, die er seinem Gesicht ansah, für Forsythe ebenso augenfällig sein würden.
    Das konnte er sich bei diesem Termin nicht erlauben. Forsythe würde seine Furcht wittern und sie ausnutzen, zumal es recht unwahrscheinlich war, dass Forsythe ihm überhaupt glauben würde. Tverskys Ansicht nach war Forsythe nie ein großer Denker gewesen. Eher ein besserer Verwalter. Und dennoch war Tversky hier, um diesen Mann, der ihm nicht das Wasser reichen konnte, um Geld zu bitten.
    Und um Unterstützung.
     
    Forsythe saß an seinem großen Schreibtisch und starrte seinen alten Forscherkollegen an. Was Tversky ihm gerade geschildert hatte, war geradezu unglaublich. Nein, nicht unglaublich –
unmöglich
. Doch selbst wenn seine Geschichte nur ein Fünkchen Wahrheit enthielt, konnte Forsythe sie nicht ignorieren. Ja, womöglich war sie genau das, was er brauchte. Er beschloss, Tversky auf den Zahn zu fühlen, um zu sehen, wie weit der Mann an seine eigene Theorie glaubte.
    «Das ist sicherlich eine interessante Sache», sagte Forsythe unverbindlich. «Aber was wollen Sie von mir?»
    «Ich brauche Ihre Unterstützung. Es ist ja offensichtlich, dass ich nicht die nötigen Mittel habe, um dieses Phänomen effektiv zu erforschen. Aber mit Ihrer finanziellen Unterstützung   …»
    «…   würden Sie das tun», beendete Forsythe den Satz und legte die Hände in den Schoß.
    «Ja, das würde ich», erwiderte Tversky und biss die Zähne zusammen. Forsythe schüttelte in Gedanken den Kopf. Er hätte erwartet, dass ein hochintelligenter Mann wie Tversky an diesem Punkt seiner Karriere mittlerweile gelernt hatte, seine Wut im Zaum zu halten. Zumal wenn er mit einem potenziellen Geldgeber sprach. Auf der anderen Seite war es Tverskys – und Konsorten   – Unfähigkeit, mit Menschen umzugehen, die Forsythes Aufstieg erst ermöglicht hatte.
    «Ich würde Ihnen ja gerne helfen», begann Forsythe, «aber was Sie da schildern, widerspricht siebzig Jahren Quantenphysik. Wie Sie wissen, besagt die Heisenberg’sche Un–»
    «Heisenberg hat sich geirrt», sagte Tversky.
    «Ach ja?» Forsythe hatte zwar Übung im Umgang mit der unglaublichen Hybris mancher Wissenschaftler, aberTverskys dreiste Aussage verblüffte ihn dann doch. Es gab zwar immer noch ein paar Renegaten, die die Gültigkeit der Heisenberg’schen Unschärferelation bestritten, aber davon abgesehen, wurden die Grundsätze der Quantenmechanik, wie Werner Heisenberg sie formuliert hatte, von praktisch sämtlichen führenden Physikern der Erde anerkannt.
    In seinem berühmten Aufsatz von 1926 hatte Heisenberg mathematisch nachgewiesen, dass es unmöglich war, einen Vorgang zu beobachten, ohne sein Ergebnis zu beeinflussen. Um das zu beweisen, hatte er sich die Situation vorgestellt, dass ein Wissenschaftler die genaue Position und die genaue Geschwindigkeit eines subatomaren Teilchens bestimmen möchte.
    Das ließ sich nur erreichen, indem man das Teilchen mit einer Lichtwelle bestrahlte. Durch die Analyse der sich dabei ergebenden Streuung

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