Null
es lächerlich war, Tversky als Kreationisten zu bezeichnen, aber gerade deshalb machte es ihm ja so viel Spaß. Tversky jedoch ging das eindeutig zu weit, und er verfiel in einen gehässigen Vortragston.
«Natürlich glaube ich an die Evolution. Allerdings ist Darwins These, die Evolution und die natürliche Zuchtwahl beruhten auf zufälligen Mutationen, alles andere als bewiesen. Nur weil die moderne Wissenschaft bisher nicht in der Lage war festzustellen, was genau Mutationen auslöst, bedeutet das noch lange nicht, dass sie zufällig erfolgen. Zufälligkeit ist doch nur der äußere Anschein eines Phänomens, das wir bisher noch nicht verstanden haben.
Das menschliche Genom enthält über 3,2 Milliarden Nukleotidbasen. Wer wollte da behaupten, es gäbe innerhalb dieses Genoms keine chemischen Strukturen, die dafür sorgen, dass die körperlichen Merkmale der Nachkommen einer bestimmten Person auf sinnvolle Weise bestimmten äußeren Widrigkeiten angepasst werden – wie beispielsweise dunklere Haut in tropischen Klimaten oder höhere Wangenknochen in Regionen, in denen oft starke Winde wehen?»
Forsythe hob die Hände. «Also gut, Sie haben mich überzeugt. Ich nehme das zurück – ich halte Sie nicht für einen Kreationisten. Aber dennoch: Was ist mit dem Determinismus? Was ist mit Maxwell?»
James Clerk Maxwell, ein philosophischer Urgroßvater Heisenbergs, war einer der brillantesten Physiker des neunzehnten Jahrhunderts, am besten bekannt durch seine Studienzu elektromagnetischen Wellen und zur Thermodynamik und Entropie. Diese besagt, dass sich Wärme stets von einem Körper mit höherer Temperatur zu einem Körper mit geringerer Temperatur hin ausbreitet, bis die Temperatur der beiden Körper ausgeglichen ist.
Er zeigte, dass, wenn man einen Eiswürfel in ein Glas warmes Wasser legt, nicht die Kälte des Eises in das Wasser übergeht, sondern die Wärme des Wassers in das Eis. Das Wasser erwärmt den Eiswürfel, bis er schmilzt und die gesamte Flüssigkeit ein thermisches Gleichgewicht erreicht. Wie Heisenberg war Maxwell jedoch kein großer Verfechter absolut gültiger Gesetze, und obwohl er die erste Hälfte seiner Laufbahn über versuchte, diese Gesetze zu entdecken, verbrachte er die zweite Hälfte damit, sie wieder in Frage zu stellen.
Sein größter Erfolg auf diesem Gebiet war der Nachweis, dass der berühmte
Zweite Hauptsatz der Thermodynamik
kein Naturgesetz war. Dieser besagt, dass die Entropie in einem geschlossenen System nur zunehmen kann, das heißt, dass Energie sich immer ausbreitet, nie zusammenzieht. Mit diesem Satz konnte man alles Mögliche erklären: beispielsweise warum Felsen den Berg nicht hinaufrollen und warum sich leere Batterien nicht einfach so wieder aufladen. Denn dies würde voraussetzen, dass sich Energie spontan zusammenzöge, das genaue Gegenteil dessen, was der
Zweite Hauptsatz der Thermodynamik
konstatiert: dass sich Energie immer ausbreitet und ein geschlossenes System sich immer hin zur größtmöglichen Unordnung entwickelt.
Maxwell gelang jedoch der Nachweis, dass der
Zweite Hauptsatz der Thermodynamik
keine absolute Gültigkeit hat. In einem Gedankenexperiment füllte er dazu einen Behälter mit Gas. Dem
Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik
gemäß konnte man davon ausgehen, dass sich die Gasmoleküle gleichmäßig ausbreiten würden, bis sie den gesamten verfügbaren Raum ausfüllten. Das würde darauf schließen lassen, dass überall im Behälter die gleiche Temperatur herrscht, da die Wärme durch die unablässigen zufälligen Bewegungen der Moleküle erzeugt wird.
Maxwell erkannte nun, dass, da Bewegungsrichtung und Geschwindigkeit der Moleküle zufällig waren, es
möglich
war, dass sich die Moleküle, die sich am schnellsten bewegten, in einer bestimmten Ecke des Behälters ansammelten. Dies würde durch die spontane Konzentration von Energie an der Stelle, an der sich die Moleküle gesammelt hatten, zu einem kurzen Temperaturanstieg führen – was eindeutig im Widerspruch zum
Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik
stand.
Maxwell gelang es damit zu zeigen, dass der
Zweite Hauptsatz
nur probabilistisch oder «meistens» zutraf. Daraus zog er die Schlussfolgerung, dass den meisten physikalischen Gesetzen keine absolute Gültigkeit zuzumessen war.
«Maxwells Beweis, dass der
Zweite Hauptsatz der Thermodynamik
nur probabilistisch und nicht absolut gültig ist, wird gern als Beweis dafür herangezogen, dass es den Zufall gibt», sagte Tversky. «Ich aber
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