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Null

Null

Titel: Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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den sie ein Stück die Straße runter abgestellt hatte, und sie zusammen mit der CD, die Tverskys ungekürzte Forschungsunterlagen enthielt, der RDEI übergeben. Dann würde Nava den nächsten Flieger nach São Paulo nehmen, ihre Identität wechseln, von dort weiterfliegen nach Buenos Aires und verschwinden. Es war ganz einfach.
    Sie musste lediglich abwarten, bis Julia wieder aus dem Gebäude kam. Anschließend würde sich alles von allein regeln.
     
    Caine tat vor sich selbst so, als würde er nur zu einem Spaziergang aufbrechen, wusste aber, dass das nicht stimmte. Bei Sonnenuntergang fand er sich in der Mott Street wieder, gegenüber von
Wong’s Szechwan Palace
und sah zu der blinkenden Neonreklame des Restaurants hoch, die einen Berg gelbe Nudeln in einer riesigen roten Schale zeigte. Er betastete seine Brieftasche, die alles enthielt, was er besaß. Er konnte es. Er wusste, dass er es konnte. Wenn er nur langsam spielte und tief durchatmete, sobald er das Gefühl bekam, dass er gleich umkippen würde, konnte er gewinnen.
    Das hatte er sich natürlich auch gesagt, bevor er zu Nikolaev gegangen war und elf Riesen verloren hatte. Aber das war etwas anderes gewesen. Ein einmaliges, äußerst unwahrscheinliches Ereignis. Ein Mordspech, das darauf hindeutete, dass ihm eine Glückssträhne ins Haus stand. Regression zum Mittelwert, ganz einfach. Er atmete tief durch.
    Caine wollte nicht spielen, hatte aber keine andere Wahl. In sechs Tagen musste er Nikolaev weitere zweitausend Dollar zahlen, und das bisschen Geld, das Caine besaß, würde nicht reichen, um Kozlov davon abzuhalten, ihn krankenhausreif zu schlagen. Wenn er in den nächsten sechs Tagen nur jeweils 267   Dollar gewann, konnte er die nächste Rate bezahlen, und es blieben ihm noch vierzig Dollar fürs Essen. Caine hatte schon viel größere Glückssträhnen erlebt. Als er noch spielsüchtig gewesen war, hatte er einmal bei einem Marathon-Pokerturnier, das sechsunddreißig Stunden andauerte, über dreitausend Dollar gewonnen.
    Als er noch spielsüchtig war.
    Witzig. Als ob er jetzt nicht mehr spielsüchtig wäre. Ja. Außer seinem Vertrauensmann bei den Anonymen Spielern konnte er niemandem etwas vormachen. Und auch sich selbst machte Caine nichts mehr vor. Dank Nikolaev hatte er endlich seine Lektion gelernt. Er würde aussteigen, gleich danach. Wenn er nur klug spielte, würde alles gut werden.
    Sobald er seine Schulden abbezahlt hatte, würde er das Spielen endgültig drangeben. Wenn nötig, würde er fünfmal am Tag zu den Treffen der Anonymen Spieler gehen. Caine nickte zu diesem Plan. Nervös, aber auch selbstsicher ging er über die Straße und betrat das Restaurant. Die Bedienung am Tresen sah kaum hoch, als er vorbeirauschte. Caine durchquerte die Küche, in der es laut herging, und betrat das Hinterzimmer.
    Auch wenn der Club ziemlich unscheinbar wirkte, wusste Caine, dass Billy Wong’s einer der sichersten Orte der Stadt war. Jedermann wusste, dass Billys Bruder Jian Wong war, der Chef der
Ghost Shadows
, der größten und brutalsten chinesischen Gang von New York. Gemeinsam mit den
Flying Dragons
kontrollierten die
Ghost Shadows
alles in Chinatown, von Drogen und Prostitution bis hin zu Glücksspiel und Kreditgeschäften. Ja, hier war Caine absolut sicher.
    «Lange nicht gesehen!», rief Billy Wong, als er Caine jenseits der mit Stahl verstärkten Tür entdeckte. Trotz seines chinesischen Erbes sprach Billy mit waschechtem Brooklyn-Akzent. «Hereinspaziert!», sagte er und legte Caine einen Arm um die Schulter.
    «Schön, Sie zu sehen, Billy», sagte Caine und stellte zu seinem Erstaunen fest, dass er tatsächlich so empfand.
    «Haben Sie Bargeld dabei?», fragte Billy ganz nebenbei, als erkundigte er sich nach der Uhrzeit.
    «Billy, Sie kennen mich doch», erwiderte Caine.
    «Ja – und ich kenne Vitaly Nikolaev. Es heißt, Sie schulden ihm zwanzig Riesen.»
    «Es sind nur noch zwölf, inklusive Zinsen, und ich werde es pünktlich zurückzahlen.»
    «Natürlich werden Sie das», sagte Billy mit funkelndem Blick. «Aber ich sage Ihnen gleich, dass ich Ihnen keinen Kredit geben kann. Nehmen Sie es bitte nicht persönlich.»
    Caine nickte. Der Ernst seiner Lage bedrückte ihn. Billy und Nikolaev konnten sich nicht leiden, ja, verachteten einander unverhohlen. Wenn Billy wusste, dass Caine bei Nikolaev in der Kreide stand, wusste es also die ganze Stadt. Er musste sich ausschließlich mit eigenem Geld wieder ins Plus zocken.
    «Heute ist mein

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