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Nullpunkt

Nullpunkt

Titel: Nullpunkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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was glauben Sie, was das hier ist? Irgendein Film, dessen Drehbuch Sie umschreiben können, bis Sie damit zufrieden sind?»
    Doch Conti schien ihn gar nicht zu hören. «Kommen Sie, kontrollieren wir die Treppe, an der wir eben vorbeigekommen sind. Vielleicht hat Gonzalez seine Leute nach unten geführt, um der Bestie eine Falle zu stellen.» Er schulterte die Kamera erneut und setzte sich den Korridor hinunter in Bewegung. Wolff folgte ihm leise protestierend.
    Kari sah den beiden hinterher. Der Gang lag in schummrigem Licht, und die ineinander übergehenden Schatten erschienen von Sekunde zu Sekunde bedrückender. Es gelang ihr nicht, das Bild von Creels abgerissenem Kopf mit den toten, weitaufgerissenen Augen in der großen Blutlache aus ihren Gedanken zu verdrängen. Steifbeinig folgte sie den beiden.
    «Entweder wir setzen uns über Funk mit Gonzalez in Verbindung, oder wir kehren zum Biolabor zurück», sagte Wolffzu Conti. «Allein hier draußen herumzulaufen, während diese Mordmaschine auf freiem Fuß ist, ist Wahnsinn.»
    «Das sagen Sie ganz bestimmt nicht mehr, wenn wir erst die Oscars für die beste Dokumentation entgegennehmen. Abgesehen davon haben Sie eine Waffe.»
    «Creel hatte auch eine Waffe. Mehrere sogar. Richtig große, fette Waffen. Und sehen Sie, was es ihm genutzt hat.»
    «Wir wissen nicht, was passiert ist. Vielleicht hat er die Nerven verloren und ist weggerannt – direkt in die Klauen dieser Bestie.»
    Sie näherten sich der Treppe. Der Schacht lag in tiefer Dunkelheit, und einzig ein winziger Lichtschimmer von unten erhellte die Stufen und das Geländer. Voraus mündete der Korridor in den Gang, der zur Krankenabteilung führte. Conti blieb auf dem obersten Treppenabsatz stehen, um das Kameraobjektiv zu justieren und den Filmscheinwerfer einzuschalten.
    «Ich werde nicht zulassen, dass Sie dort hinuntergehen», sagte Wolff.
    Conti fummelte an der Kamera herum. «Haben Sie denn nichts von dem begriffen, was ich vorhin gesagt habe? Das hier ist viel zu wichtig. Ich kann nicht von hier weg, ohne nachzusehen. Wenn sie dort unten sind, muss ich sie filmen. Was für ein erbärmlicher Regisseur wäre ich denn sonst?»
    «Wir hätten die Offiziersmesse nie verlassen sollen.» Wolff sah Kari Ekberg an, als verlangte er ihre Zustimmung.
    Kari sagte nichts. Es schien ein Menschenalter her, dass sie in der Messe erklärt hatte, die Tonaufzeichnung für Conti zu übernehmen. Die Vorstellung, dass die Dokumentation wichtiger sein sollte als alles andere, erfüllte sie inzwischen mit Abscheu.
    «Ich brauche nicht lange, um nachzusehen», sagte Conti in diesem Moment. Er legte sich die Kamera auf die Schulter. «Warten Sie hier oben, wenn Sie wollen. Kari – ich brauche Ihre Hilfe.»
    Kari schüttelte den Kopf. «Tut mir leid, Emilio. Ich komme nicht mit.»
    Wolff legte die Hand auf die Kamera. «Sie werden mit uns zusammen zurückkehren. Auf der Stelle.»
    «Sie können mich nicht so herumkommandieren!», widersprach Conti mit unerwartet schriller Stimme und riss sich los. «Das hier ist mein Film.»
    «Ich bin der Vertreter von Blackpool …»
    Mit einem Mal verstummte Wolff. Er stieß einen dumpfen Schmerzenslaut aus und schlug sich die Hände über die Ohren. Eine Sekunde später spürte es Kari ebenfalls: ein schmerzhaftes Druckgefühl, das von der Mitte ihres Kopfes nach außen zu strahlen schien.
    «Das gefällt mir nicht», sagte sie.
    «Wir müssen weg von hier», wiederholte Wolff. «Und zwar schnell, bevor …»
    Wieder unterbrach er sich mitten im Satz. Diesmal fiel sein Unterkiefer herab, und er schien zu schrumpfen. Er starrte an Conti vorbei den Korridor hinunter. Kari folgte seinem Blick mit äußerstem Widerwillen. Angst ließ ihre Knie weich werden, Angst davor hinzusehen – doch sie hatte noch viel mehr Angst, es nicht zu tun.
    Dort vorn, an der Einmündung des Korridors, bewegte sich die Dunkelheit.

47
    Sie wanderten in nahezu völliger Stille durch die Ebenen nach unten. Gonzalez führte die Gruppe an. Er hatte sein M-16 über die Schulter geschlungen, und das Licht aus seiner starken Taschenlampe wies ihnen den Weg durch das Durcheinander. An der Stoffschlaufe seiner Hosen baumelte ein schwerer Schraubenschlüssel.
    Als Nächstes kamen Logan und die Wissenschaftler: Sully mit einer Waffe in jeder Hand, Marshall und Faraday mit Khaki-Seesäcken voll hastig zusammengeraffter Werkzeuge und Instrumente, die vielleicht, vielleicht auch nicht nützlich werden konnten. Dann kam

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