Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nullpunkt

Nullpunkt

Titel: Nullpunkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
Vom Netzwerk:
über dem Boden. Normalerweise diente es als Zugang zu dem Tunnel, in dem die Kabel von den Generatoren draußen gebündelt waren. Normalerweise war dieses Paneel fest verschlossen, doch jetzt war es heruntergerissen, und dahinter klaffte eine große schwarze Öffnung. Arktische Luft strömte durch die Öffnung ins Innere.
    «Meine Ohren», sagte Ashleigh Davis. «Meine Ohren tun weh!»
    Rasch durchquerte Fluke den Transformatorenraum und kniete vor dem beschädigten Paneel nieder. Er packte es und versuchte es vor die Öffnung zu schieben, doch es war verbogen und passte nicht mehr. Er versuchte es erneut, setzte all seine Kraft ein – vergebens. Er hielt inne, um seine Finger zu wärmen und Luft zu schöpfen. Dabei fiel sein Blick in den Kriechtunnel hinter dem Loch in der Wand.
    Es war ein dunkles Loch, vielleicht drei Meter lang. Das Außenpaneel auf der anderen Seite war ebenfalls weggerissen worden, und Fluke konnte durch den Tunnel nach draußen sehen: zu den Umrissen eines Schuppens im wilden, eisigen Schneegestöber. Seine Ohren fingen ebenfalls an zu schmerzen. Doch es war kein Schmerz, wie er ihn jemals zuvor erlebt hätte – es war ein merkwürdiges, tiefes Summen, beinahe mehr zu spüren als zu hören, begleitet von einem unangenehmen Gefühl von Druck, als würden seine Innenohren im Schädel anschwellen …
    Und dann, als er da hockte und nach draußen starrte, war da plötzlich kein Schneegestöber mehr, sondern nur noch ein dunkler Schatten.
    Er spähte verwirrt durch den Tunnel. Hatte jemand das äußere Paneel geschlossen? Doch dann
bewegte
sich der Schatten, und ihm wurde klar, dass das, was da so unvermittelt seine Sicht blockierte, etwas Großes war, das lautlos durch den Tunnel auf ihn zukam.
    Er stieß einen Laut des Entsetzens aus und fiel zurück auf den Boden. Er zerrte seine Dienstpistole aus dem Halfter, doch seine Finger waren plötzlich zittrig und kraftlos, und die Waffe fiel klappernd zu Boden. Er versuchte sich zusammenzureißen, aufzuspringen und wegzurennen, doch er war erstarrt vor Schock und Unglauben. Das Ding kam unablässignäher, füllte den gesamten Tunnel aus mit seiner Masse, und während Fluke es anstarrte, spürte er, wie der Schmerz in seinem Schädel anschwoll, bis er beinahe unerträglich wurde. An seinen Oberschenkeln wurde es plötzlich warm. Seine Blase hatte nachgegeben.
    Und dann war es im Raum. Davis schrie auf, ein scharfer, durchdringender Laut – und das Ding wandte sich gegen sie. Fluke stand nur da und starrte. Es gab absolut nichts in seiner Erfahrung und seinem Wissen, keinen Albtraum, keine Fieberphantasie, keine Schöpfung des Allmächtigen oder des Fürsten der Finsternis, die er mit dem hätte vergleichen können, was jetzt mit ihnen zusammen im Transformatorenraum war.
    Davis schrie erneut. Es war ein wilder, angstvoller, kehlkopfzerfetzender Schrei, und im nächsten Moment war dieses Ding über ihr. Der Schrei wurde noch lauter und schriller, dann veränderte er sich zu einem verzweifelten, blubbernden Gurgeln, und Fluke spürte, wie er vollgespritzt wurde mit einer warmen, klebrigen Flüssigkeit. Abrupt wurde ihm bewusst, dass er sich wieder bewegen konnte. Er stolperte auf die Füße und wirbelte herum, sprang verzweifelt in Richtung Tür. Wie aus weiter Ferne meinte er Rufe zu hören, einen warnenden Schrei. Dann war es über ihm, und plötzlich gab es in seiner Welt nichts mehr außer Schmerz.

34
    Die Frontscheiben des Sno-Cat 1643RE waren riesig. Sie nahmen die gesamte Vorderseite der Fahrerkabine ein, und von seinem Platz hinter den Armaturen hatte Marshall einen Panoramablick auf den Schneesturm draußen. Obwohl die dicke Scheibe und die Karosserie ihn vor dem Schlimmsten schützten, war er sich nur allzu bewusst, wie stark das mächtige Fahrzeug unter den heftigen Orkanböen schwankte und wie Schnee und Eis unablässig gegen die Seiten und auf das Dach prasselten. Der Wind brüllte und tobte ununterbrochen, als wäre er frustriert über seine vergeblichen Bemühungen, den Stahl zu zertrümmern und Marshall aus der Kabine zu zerren.
    Marshall nahm den Blick gerade lange genug von der wirbelnden Landschaft draußen, um auf die Uhr zu sehen. Er war seit fast vierzig Minuten unterwegs. Sobald er die unmittelbare Umgebung der Basis und das Labyrinth von Lavafissuren hinter sich gelassen hatte, war er gut vorangekommen. Der Permafrostboden war relativ eben, und er hatte eine Durchschnittsgeschwindigkeit von fünfzig Stundenkilometern

Weitere Kostenlose Bücher