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Nullzeit

Nullzeit

Titel: Nullzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Lasalle«, erklärte Grelle. »Ich bin jetzt dabei, die Zuverlässigkeit unserer Sicherheitsvorkehrungen zu prüfen …« Es überraschte Merlin nicht, daß der Präfekt sich dieser Aufgabe persönlich annahm: Ganz Paris wußte von seiner wunderlichen Angewohnheit, sich persönlich um kleinste Details zu kümmern.
     Kopien von Hugons Meldungen waren nur einem sehr kleinen Personenkreis zugänglich: Grelle selbst, Boisseau, dem Innenminister und dessen Referenten, Merlin. Auf Grelles Drängen, er möge sich noch einmal die Akten ansehen, erzählte Merlin Grelle, daß die vertrauliche Aktennotiz mit den Namen und Anschriften der drei Zeugen kurz vor zwölf Uhr mittags im Place Beauvau eingetroffen sei. »Ich war im Büro, als er sie las«, bemerkte Merlin. »Wenige Minuten später erschien Botschafter Vorin zu einem kurzen Privatgespräch mit dem Minister; Vorin wollte anschließend in den Elysée-Palast. Zu der Zeit hatte mein Chef die Notiz schon erledigt …«
     »Erledigt?«
    »Er ließ eine Kopie der Notiz sofort dem Präsidialbüro zuleiten. Ich habe sie selbst sofort nach unten gebracht und einem Boten übergeben, der gerade zum Elysée hinüber wollte. Auf dem Weg nach unten begegnete ich Botschafter Vorin, der gerade angekommen war und darauf wartete, bei Danchin vorgelassen zu werden. Der Elysée-Palast bekommt natürlich alles zu sehen, was Oberst Lasalle betrifft«, erklärte Merlin.
    Der Präfekt grunzte und trank den Rest seines Kaffees, den Merlin ihm hatte bringen lassen. »Glauben Sie, ich könnte mich mal mit jemandem aus der Abhörabteilung unterhalten?« fragte er.
     In dem Gewirr von Rundfunkmasten, die sich über dem Dach des Innenministeriums am Place Beauvau erheben, befindet sich auch die Antenne, mit der Funksprüche ausländischer Botschaften aufgefangen werden. Am 14. Dezember um 16 Uhr hatte der diensttuende Techniker im Abhörraum einen langen Funkspruch aus der sowjetischen Botschaft in der Rue de Grenelle 79 registriert. Die Bandaufzeichnung des Funkspruchs wurde der russischen Dechiffrierabteilung zugeleitet, die den Spruch routinemäßig zu knacken versuchte - routinemäßig, denn niemand erwartete ernsthaft, daß es gelingen würde, den Spruch zu dechiffrieren.
     Die Sowjets benutzten immer einen Einmal-Code, der nicht zu knacken ist. Man kann einen Code knacken, wenn man ein bestimmtes Schema erkennt; besitzt man einmal ein kleines Bruchstück, kann man den Schlüssel zum Ganzen finden. Wenn aber jeder Bestandteil eines Codes an ein bestimmtes Buch gekoppelt ist - oft an einen Roman (in der Vergangenheit haben die Sowjets Charles Dickens’ Romane bevorzugt) -, besteht nicht die geringste Aussicht, den Code zu knacken, es sei denn, man weiß, welches der Zehntausende von Büchern, die in den letzten hundert Jahren veröffentlicht worden sind, benutzt worden ist. Und da ein bestimmtes Buch nie zweimal benutzt wird, hat man es mit einem Einmal-Code zu tun.
     Der Kryptograph Pierre Jadot hatte sich des Funkspruchs angenommen. Er erinnerte sich sofort, als Grelle ihn nach Funksprüchen der sowjetischen Botschaft am 14. Dezember fragte. »Ich schrieb wie üblich eine Routinemeldung an den Minister«, sagte er, »und ich weiß noch, daß ich bemerkte, ein Teil des Funkspruchs könne eine Liste mit Namen und Adressen gewesen sein …«
     »Sind Sie da sicher?« fragte Grelle beiläufig. 
    »Keineswegs - das war nur eine vorsichtige Vermutung. Es gibt keine Möglichkeit, die sowjetischen Codes zu knacken.«
    »Können Sie mir in etwa sagen, wie lange der sowjetische Kryptograph brauchen würde, um diesen Funkspruch sendefertig zu machen? Selbst eine Schätzung würde mir weiterhelfen.«
    Jadot nahm eine Akte aus dem Regal, entnahm ihr seine Kopie des Funkspruchs und vertiefte sich einige Minuten darin. »Ich würde schätzen - aber mehr als eine Schätzung ist das nicht -, daß er zwischen einer und zwei Stunden brauchen würde. Wahrscheinlich eher zwei Stunden …«
    Der Präfekt bedankte sich bei Jadot, verließ das Ministerium und ging kurz in den Elysée-Palast, bevor er zur Präfektur zurückfuhr. Er bat um Einsicht in die Besucherliste, und wie beim letztenmal verbarg er auch diesmal seine Absichten, indem er sich mehrere Seiten ansah. Danach fuhr er sofort in sein Büro zurück und rief Boisseau herein. Er brauchte nur wenige Minuten, um seinem Stellvertreter die Zusammenhänge zu erklären.
    »Worauf es ankommt, ist folgendes: Leonid Vorin, der sowjetische Botschafter, kehrte

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