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Nullzeit

Nullzeit

Titel: Nullzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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um dreizehn Uhr fünfundvierzig aus dem Elysée in seine Botschaft zurück. Wenn wir den Verkehr berücksichtigen, muß er etwa eine halbe Stunde später in der Rue de Grenelle gewesen sein - um vierzehn Uhr fünfzehn. Damit hatte der sowjetische Kryptograph knapp zwei Stunden Zeit, den Spruch zu chiffrieren. Um sechzehn Uhr begann der Funkspruch - das entspricht der Zeit, die Jadot genannt hat. Dieser Funkspruch kann durchaus die Namen und Adressen auf der Liste Oberst Lasalles enthalten haben …«
    »Was uns wieder auf die Männer bringt, die von der Liste wußten und die Botschafter Vorin getroffen haben«, erwiderte Boisseau ernst. 
    »Auf Danchin und …«
    »Den Präsidenten«, fügte Grelle hinzu. 
    »Ich habe das Gefühl, daß jetzt allmählich Licht in diese Angelegenheit kommt.«
    »Oder schwärzeste Nacht«, bemerkte Boisseau düster.
     Es war sechs Uhr abends, als Alain Blanc grimmig und mutlos zugleich zu Marc Grelle in dessen Büro in der Präfektur kam. Der TEE Stanislas mit Annette Devaud in einem Abteil des Sonderwagens raste jetzt durch die Nacht nach Paris. Am Flughafen Charles de Gaulle waren Mechaniker mit der Wartung der Concorde beschäftigt, die Präsident Florian in wenigen Stunden nach Moskau fliegen sollte. Als Blanc Grelles Büro betrat und die Tür schloß, schien er äußerst erregt zu sein. Er ließ sich auf einen Stuhl fallen.
     »Von dem sowjetischen Konvoi im Mittelmeer haben Sie natürlich gehört?« fragte der Verteidigungsminister. »Er befindet sich jetzt in der Straße von Messina. Bestimmungshafen kann sowohl Barcelona wie auch Lissabon sein.«
     »Was bedrückt Sie, Herr Minister?« fragte Grelle leise. 
    »Alles!« Blanc riß die Arme hoch. 
    »Der sowjetische Konvoi. Die anhaltenden Gerüchte über einen bevorstehenden Staatsstreich in Paris. Wer um Himmels willen soll denn dahinterstehen? Und vor einer halben Stunde höre ich zum erstenmal davon, daß der Präsident am Montag insgeheim nach Deutschland geflogen ist - zum französischen Armeehauptquartier in Baden-Baden!«
     Grelle starrte den Minister erstaunt an. »Sie haben nicht gewußt, daß er nach Baden-Baden geflogen ist? Er hat Sie nicht informiert? Den Verteidigungsminister? Ich dachte, Sie wüßten Bescheid - ich habe den Flug selbst mit der GLAM organisiert…» Die GLAM - Groupe Liaison Aérien Ministériel - ist der Name der kleinen Luftflotte, deren Maschinen für den Dienstgebrauch der Minister und des Staatspräsidenten reserviert sind. »Was geht eigentlich vor?« fragte der Präfekt.
     »Das würde ich auch gern wissen«, sagte Blanc grimmig. »Ich habe soeben übrigens auch erfahren, daß unsere beiden Panzerdivisionen in Deutschland, die zweite und die fünfte, gegenwärtig durch die Ardennen nach Frankreich zurückrollen. Das bedeutet, daß morgen keine französischen Truppen mehr auf deutschem Boden stehen werden. Als ich im Elysée anrief und um ein dringendes Gespräch mit dem Präsidenten bat, wurde mir mitgeteilt, er spreche gerade mit dem sowjetischen Botschafter und könne mich nicht empfangen…«
     »Und morgen fliegt er nach Moskau.«
    »Genau«, explodierte Blanc. »In den letzten Tagen hat er sich verhalten, als gäbe es mich nicht mehr - ein totaler Umschwung im Verhalten, auf den ich mir keinen Vers machen kann. Ich habe fast das Gefühl, daß er mich zum Rücktritt provozieren will. Er könnte damit Erfolg haben - vielleicht werde ich mich zum Rücktritt gezwungen sehen …«
    »Tun Sie das bitte nicht«, sagte Grelle rasch. 
    »Es kann sein, daß wir Sie noch brauchen werden. Sie haben diese Angelegenheit mit anderen Ministern besprochen?« 
    »Die können sich doch zu nichts aufraffen!« erwiderte Blanc zornig. 
    »Sie glauben, er sei Gott, und sie seien seine Apostel! Ich bin der einzige, der angefangen hat, Fragen zu stellen, der wissen will, was zum Teufel eigentlich gespielt wird. Ich sage Ihnen, ich werde zurücktreten müssen, wenn das so weitergeht…«
    »Tun Sie das nicht. Es kann sein, daß wir Sie noch mehr als dringend brauchen werden«, wiederholte Grelle.
    Wenige Minuten, nachdem Blanc ihn verlassen hatte, wurde Grelle ein weiterer Besucher gemeldet. Er bat seine Sekretärin, den Namen zu wiederholen. Er glaubte, sich verhört zu haben. Aber nein, es war Kommissar Suchet, sein alter Intimfeind von der Gegenspionage. Suchet entschuldigte sich für sein unangemeldetes Kommen, quetschte seine Leibesfülle auf einen Stuhl und kam sofort zur Sache. 
    »Diese

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