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Nullzeit

Nullzeit

Titel: Nullzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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Vanek von der Bar aus seinen ersten Anruf. Anschließend fuhr er einige Straßen weiter und übergab den Wagen erst dann seinem Begleiter. Für den Rest des Nachmittags und den größten Teil des Abends sollte jeder der drei für sich mit Straßburg vertraut werden und sich an das Gefühl gewöhnen, in Frankreich zu sein.
    »Kaufen Sie sich Zeitungen, gehen Sie in Parks, sprechen Sie mit so vielen Leuten wie möglich«, hatte Vanek den anderen eingeschärft. »Mischen Sie sich unter die Leute, dann fallen Sie nicht auf. Nehmen Sie mal einen Bus und achten Sie auf das, worüber die Leute sprechen. Heute abend schon sollen Sie französischer sein als die Franzosen selbst …«
    Vanek hielt sich an die eigene Empfehlung und machte sich an die Arbeit. Anders als Brunner ging er von jetzt an kreuz und quer durch die Stadt. Er wußte, daß man sich mit einer fremden Stadt am besten vertraut macht, wenn man zu Fuß durch die Straßen geht. Auf dem Stadtplan hatte Vanek schon gesehen, daß die Altstadt auf allen Seiten von Wasser umgeben ist. Die Ill bildet den ›Graben‹, der das Herzstück Straßburgs umschließt. Zahlreiche Brücken führen in den Stadtkern, der zum größten Teil aus dem vierzehnten Jahrhundert stammt. Es war vier Uhr nachmittags und noch immer hell, aber in der engen und stillen Rue de l’Épine kündigte sich schon die Dämmerung an, als Vanek den Torbogen des Hauses Nr. 49 betrat.
    Auf einem der Namensschilder unten im Hausflur entdeckte Vanek, daß Jouvel im zweiten Stock wohnte. Er klopfte gerade an die Tür zu Jouvels Wohnung, als die Tür zur Nachbarwohnung aufging und ein rothaariges Mädchen ihn auffordernd ansah. »Er ist heute weggefahren, um seine Schwester zu besuchen - er kommt morgen wieder«, informierte sie den Tschechen. »Aber vielleicht kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«... Vanek, der sorgfältig darauf achtete, ihre Hüften und die übrigen Vorzüge ihrer Anatomie angemessen zu würdigen, hatte keinerlei Mühe, Denise Viron die Informationen zu entlocken, die er brauchte. Er sei, erklärte er, für ein Marktforschungsunternehmen tätig. »Monsieur Léon Jouvel ist eine der Personen, die wir ausgewählt haben, um unseren Fragebogen auszufüllen … Wir machen eine Erhebung darüber, wieviel Geld ein Rentner zum Leben braucht.« Innerhalb weniger Minuten erfuhr Vanek, daß Jouvel Witwer war, daß er die Wohnung allein bewohnte, daß er kein Haustier besaß - Vanek hatte an einen Wachhund gedacht -, daß er den ganzen Tag in seinem Geschäft war und erst um halb sieben abends nach Hause kam, daß er nicht mehr sehr gesellig war und nur selten Besuch bekam.... »Wenn Sie hereinkommen möchten«, sagte das Mädchen und strich ihren Rock über den langen und geschmeidigen Beinen glatt, »vielleicht könnte ich Ihnen auf andere Weise behilflich sein …«
    Vanek, der einen gesunden Appetit auf Frauen hatte, hatte es sich zum Prinzip gemacht, Arbeit und Vergnügen nie durcheinanderzubringen. Außerdem hatte das Mädchen in dem düsteren Treppenhaus noch nicht genau erkennen können, wie er aussah. Vanek erklärte, er müsse an diesem Tag noch fünf weitere Leute befragen, und verließ sie mit der vagen Zusicherung, er werde sie irgendwann in den nächsten Tagen besuchen.
    Wie vorher verabredet, traf er sich um acht mit Brunner und Lansky an einer Ecke des Place Kléber. Inzwischen hatte es in Straßburg zu schneien begonnen. Die Flocken fielen sanft auf die geduckten Dächer der Altstadt. Vanek ging mit den beiden anderen in eine ziemlich volle Bar, fand aber an der Rückwand noch einen freien Tisch.
    »… also«, fuhr er wenige Minuten später fort, »alles ist wie bestellt für eine schnelle Lösung. Sie besuchen ihn morgen abend kurz nach achtzehn Uhr dreißig, wenn er nach Hause gekommen ist …« Er hatte Lansky für den Besuch bei Léon Jouvel bestimmt.
    »Er ist Witwer und lebt allein. Seine Wohnung liegt im zweiten Stock, und das Haus ist ruhig. Niemand in der Nähe, abgesehen von einem rothaarigen Mädchen, das nebenan wohnt. Sie könnte lästig werden - sie hält nach jemandem Ausschau, der ihr das Bett warmhält.«
    »Es gefällt mir nicht«, sagte Brunner. »Sie gehen zu schnell vor. Wir brauchen mehr Zeit, um diesen Mann kennenzulernen…«
    »Zeit ist genau das, was wir nicht haben«, entgegnete Vanek kalt. 
    »In fünf Tagen - am 22. Dezember - müssen wir den ganzen Auftrag erledigt haben. Das schließt Besuche bei drei Männern ein, von denen einer in

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