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Nullzeit

Nullzeit

Titel: Nullzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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sind Sie sicher, daß er heute abend nicht mehr wiederkommt?«
     Das Mädchen schürzte die übergeschminkten Lippen. 
    »Ganz schön gefragt heute, was? Jouvel, meine ich. Heute nachmittag hat gerade einer von diesen blöden Marktforschern nach ihm gefragt. Von Geschmack keine Spur.«
    »Marktforscher?«
    »Allerdings. Sie kennen den Typ - immer die Nase im Wind. Ich persönlich halte es für unverschämt, daß sie einem immer diese intimen Fragen stellen …«
    »Und Monsieur Jouvel«, warf Lennox lächelnd ein, »wann wird er wohl zurück sein?« 
    »Morgen - am Samstag. Dieser komische Marktforscher …«
    »Ist jemand da, dem ich eine Nachricht übergeben könnte? Seine Frau vielleicht?«
    »Er ist Witwer. Interessiert sich nicht mehr für Frauen.« Sie sah über Lennox’ Schulter hinweg. »Ich bin der Meinung, wenn man schon so weit gekommen ist, ist das Leben nicht mehr …«
    »Sonst lebt niemand in der Wohnung?«
    »Nein. Er lebt allein.« Das Mädchen zog die Stirn kraus, als machte es gerade eine gewaltige intellektuelle Anstrengung, um ein Problem zu lösen. »Es ist komisch, ich führe mit Ihnen fast genau das gleiche Gespräch wie mit diesem anderen Burschen. Warum ist dieser Jouvel plötzlich so beliebt? Es vergehen Wochen, und er tut nichts, sitzt nur vor der Glotze, und jetzt …«
    »Er wird den ganzen Samstag zu Hause sein?« fragte Lennox.
    »Da haben Sie’s - schon wieder die gleiche Frage.« Denise Viron wurde die Unterhaltung allmählich langweilig. 
    »Am Samstag hockt er den ganzen Tag in seinem Laden«, fauchte sie. 
    »Und das ist nicht die richtige Zeit, sich mit ihm zu unterhalten - der Samstag ist immer sein großer Tag. Und abends kommt er nicht vor halb sieben zurück. Sind Sie etwa auch Marktforscher?« fragte sie sarkastisch.
    »Ich habe vor langer Zeit einmal mit ihm zu tun gehabt«, erwiderte Lennox ausweichend und verabschiedete sich. Unten auf der Treppe hörte er, wie eine Tür krachend zugeschlagen wurde. Hinter ihm knöpfte Denise Viron wieder den Mantel zu, den sie bei ihrer Unterhaltung aufgeknöpft hatte. Sie mußte also doch noch ausgehen, und das bei diesem Hundewetter.
     Am Samstag um 17.30 Uhr sah der Kriminalbeamte Armand Bonheur auf seine Armbanduhr und gähnte. Er saß in seinem Dienstzimmer. Bald würde diese elende Nachtwache wieder anfangen. Er mußte seinen Kollegen ablösen, der in diesem Augenblick die Schaufenster des Jouvelschen Geschäfts am Quai des Bateliers diskret im Auge behielt. Bonheur würde am Quai übernehmen und beobachten, wie Jouvel sein Geschäft abschloß und sich auf den Heimweg machte. Anschließend sollte er darauf achten, wer das Haus in der Rue de l’Épine betrat und verließ. Allmählich fing Bonheur an, diese Aufgabe zu hassen. Was zum Teufel wollte Paris bloß von einem Mann wie Jouvel?
     Selbst Borisov, der Ausbilder von Tâbor, hätte Mühe gehabt, Lansky wiederzuerkennen, als dieser mit einer Gruppe anderer Hotelgäste das Terminus verließ und auf die Straße trat. Lansky trug einen deutschen Anzug und einen Tirolerhut; diese Kleidungsstücke hatte er während des kurzen Aufenthalts in Kehl gekauft. Außerdem trug er eine Hornbrille mit dicken Gläsern, wie man sie normalerweise nur bei älteren Männern sieht. Selbst seinen Gang hatte er verändert. Mit den Händen in den Manteltaschen - den Mantel hatte er ebenfalls in Kehl gekauft - schlurfte er über die Place de la Gare, über den der Dezemberwind pfiff. Um die Tarnung zu vervollständigen, hatte er außerdem einen Regenschirm aufgespannt, den er zuvor zerknittert und schmutzig gemacht hatte. Um den Hals hatte er einen Wollschal gewickelt. So vermummt und mit seinem schlurfenden Gang wirkte Antonin Lansky jetzt wie ein Mann Ende der Sechzig.
     Er erreichte das Bahnhofsgebäude, schlich sich ins Bahnhofsrestaurant, durch dessen Glasfronten man auf den Bahnhofsvorplatz sehen konnte, setzte sich an einen Tisch und bestellte auf deutsch einen Kaffee. Um ihn herum saßen Leute, die auf ihre Züge warteten. Ab und zu sah er auf seine Uhr. Irgendwann zwischen halb sieben und sieben würde er Léon Jouvel besuchen; der Besuch würde den Franzosen völlig unvorbereitet treffen.
     Um sechs Uhr abends saß Alan Lennox an einem Fenstertisch des Cafés neben Jouvels Phonogeschäft. Es war längst dunkel geworden, und im Lichtschein der Straßenlaternen glänzten die Pflastersteine; der Schnee schmolz sofort beim Auftreffen auf die Erde. Lennox hatte sich entschlossen, Denise

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