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Nullzeit

Nullzeit

Titel: Nullzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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während des Krieges in jener Gegend gearbeitet, also …
     Wohl zögerte zunächst. Er versuchte herauszufinden, ob ein Gespräch mit Bouvier ihm für seine Memoiren hilfreich sein könnte. Dann fiel ihm ein, daß ein bißchen Vorauspublicity gar nicht schaden könnte, und er stimmte zu. Lennox nahm ein Taxi zu dem abgelegenen Haus des ehemaligen Abwehroffiziers. Wohl erwartete ihn an der Tür. Er war ein vorsichtiger Mann und bat seinen Besucher, im Wohnzimmer Platz zu nehmen und seine Papiere zu zeigen. Lennox holte seine Ausweise hervor. 
    »Einen Presseausweis kann sich jeder drucken lassen«, sagte er leichthin.
     Es kostete Lennox eine halbe Stunde, Wohl von seiner Vertrauenswürdigkeit zu überzeugen, aber als er den Namen des Leoparden erwähnte, flackerte es in den Augen des Deutschen auf. 
    »Das ist etwas, worauf ich mich besonders konzentriere«, erklärte Lennox. 
    »Ich finde diese Geschichte als Anreißer hervorragend - das Geheimnis um die Identität des Leoparden. Es ist doch nie gelüftet worden, nicht wahr?«
     Wohl ging zu seinem Schreibtisch, auf dem Teile eines handgeschriebenen Manuskripts neben einem abgegriffenen, in Leder gebundenen Tagebuch lagen. Fünfzehn Minuten lang erzählte Wohl alles über seine Bemühungen, den Leoparden 1944 zur Strecke zu bringen. Lennox hatte schon ein Dutzend Seiten seines Notizbuches mit Steno-Anmerkungen vollgeschrieben und den Schluß gezogen, daß der Deutsche keine Information von besonderem Wert liefern konnte, als Wohl den Zwischenfall erwähnte, bei dem der Leopard fast in die ihm gestellte Falle gegangen wäre. Am Ende seines Berichts nannte er den Namen des Mädchens, das im Fluß ertrunken war. Lucie Devaud.
     »Es war ein schockierendes Erlebnis«, bemerkte Wohl, »zu sehen, daß er das Mädchen einfach im Stich gelassen hatte. Der Wagen lag in sechs Meter Tiefe, und meine Männer waren recht weit von der Stelle entfernt, an der der Wagen von der Brücke gestürzt war. Ich bin überzeugt, daß er das Mädchen hätte retten können, wenn er es versucht hätte. Das hat er aber nicht …«
     »Lucie Devaud«, wiederholte Lennox. »Das war der Name der Frau, die versucht hatte, Guy Florian zu töten. Gibt es da möglicherweise einen Zusammenhang?«
     »Das habe ich mich auch schon gefragt«, gab Wohl zu. »Annette Devaud stand dem Leoparden sehr nahe - sie leitete sein brillantes Kurierteam. Soviel ich weiß, ist sie nach dem Krieg erblindet …«
     Lennox saß sehr still da und sagte nichts. Oberst René Lasalle hatte nebenbei eine Annette Devaud erwähnt, die er als unwichtig abgetan hatte - wegen ihrer Blindheit. Hatte der französische Oberst hier etwa einen Fehler gemacht - wenn Annette tatsächlich so eng mit dem Leoparden zusammengearbeitet hatte?
     »Ich habe letzte Woche an die Frankfurter Allgemeine Zeitung geschrieben«, fuhr Wohl fort, »und dabei den Zwischenfall mit dem ertrunkenen Mädchen erwähnt. Ich habe auch erwähnt, daß eine andere Devaud - Annette - mit dem Leoparden zu tun hatte und daß sie unter Umständen noch am Leben sei. Ich habe sogar ihre letzte damalige Adresse angegeben, was ich vielleicht lieber hätte lassen sollen. Hier ist sie. Annette Devaud, Holzfällerhof, Saverne, Elsaß. Das ist alles sehr lange her, aber manche Leute wohnen das ganze Leben an einem Ort …«
     Wohl zeigte Lennox die Adresse, die auf der Rückseite des Kriegstagebuchs notiert und mehrmals unterstrichen war. »Da ich allein lebe«, sagte er entschuldigend, »kommen mir manchmal komische Einfälle. Erst gestern abend hatte ich das Gefühl, daß ein paar Männer mein Haus beobachten. Und dann war da dieser seltsame Anruf von den Marktforschungsleuten …« Er erzählte weiter, und Lennox hörte zu.
     »… Wohl hat das nur nebenbei erwähnt, aber wenn ich daran denke, was in Straßburg und Colmar passiert ist, so kommt mir doch ein leiser Verdacht …« Um vier Uhr nachmittags hatte Lennox Peter Lanz in einem Zimmer des Hotels Colombi getroffen. Der BND-Vize war von Bonn aus hingeflogen. Jetzt erzählte Lennox dem Deutschen von seiner Begegnung mit Dieter Wohl. Vorher hatte Lanz dem Engländer von der Graböffnung in einem Wald in der Nähe Lyons berichtet und gesagt, die französische Polizei habe im Sarg nur das Skelett eines Hundes gefunden.
     »Dieser Umstand hat die vage Besorgnis in ernsthafte Sorge umschlagen lassen«, erklärte der BND-Mann. »Jetzt erscheint es möglich, daß Lasalle immer recht gehabt hat - daß irgendwo

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