Nullzeit
in Paris ein hoher Kommunist in der Nähe Florians sitzt und vielleicht nur darauf wartet, daß der Präsident die Hauptstadt verläßt, um nach Moskau zu fliegen …«
»Ich nehme an, es ist vertraulich - wie haben Sie von der Öffnung des Grabs erfahren?« fühlte Lennox vor.
»Es ist vertraulich«, bestätigte der Deutsche.
Er sah keinen Vorteil darin, Lennox zu enthüllen, daß Oberst Lasalle ihm die Information gegeben hatte. Lanz selbst hatte keine Ahnung von der Quelle des Obersten, die diesem die Nachricht gegeben hatte. Georges Hardy, der Polizeipräfekt von Lyon und enge Freund Marc Grelles, war seit einiger Zeit ein entschiedener Gegner der Politik Guy Florians und versorgte Lasalle seitdem insgeheim mit Informationen über die Entwicklung in Frankreich.
Anschließend hatte Lennox Lanz von seinem Gespräch mit Dieter Wohl berichtet. Er schloß mit dem Hinweis auf die merkwürdigen Vorfälle des gestrigen Abends, die der ehemalige Abwehrmann erwähnt hatte. »Er stand gestern abend am Fenster seines dunklen Schlafzimmers, als er diesen Wagen draußen halten sah«, fuhr er fort.
»Das erinnert mich an den Mann, den ich in Straßburg sah, als er Léon Jouvel folgte. Ich nehme an, daß niemand Dieter Wohl beobachten läßt? Und dann war da noch dieser seltsame Anruf. Von den drei Männern auf Lasalles Liste sind immerhin schon zwei gestorben. Und es ist verdammt einsam da draußen, wo Wohl wohnt …«
»Wenn Sie zufällig recht haben sollten«, meinte Lanz, »könnte dies ein Durchbruch sein. Wenn wir jemanden schnappen können, der den Versuch unternimmt, auch Wohl aus dem Weg zu räumen, könnten wir erfahren, wer hinter dieser Geschichte steckt …«
»Das ist eine sehr magere Hoffnung«, warnte Lennox.
»Was haben wir denn sonst in der Hand?« wollte Lanz wissen. Ihm war wohl bewußt, daß er nach einem Strohhalm griff, aber Bundeskanzler Hauser hatte ihm gesagt, er wünsche umgehend weitere Informationen. Vom Hotelzimmer aus rief Lanz den Polizeichef von Freiburg an.
Der in Kehl gemietete Mercedes 230 SL hielt in der Nähe des Freiburger Bahnhofs an der Bordsteinkante an. Vanek zündete sich eine Zigarette an und beobachtete die Leute, die von den Bahnsteigen kamen. So kurz vor dem Ende der Mission des Kommandos traute er den Hotels nicht mehr. Die letzte Nacht hatten die drei Männer im Wagen verbracht; sie hatten sich in Reisedecken gehüllt, die sie in Freiburg gekauft hatten. Nach dieser unangenehmen Nacht irgendwo am Rand des Schwarzwalds hatten Lansky und Brunner Ringe unter den Augen und waren äußerst reizbar, während Vanek, der mit einem Minimum an Schlaf auskommen konnte, so frisch wirkte wie an dem Morgen, an dem sie nach Österreich eingereist waren.
»Weitere Recherchen sind jetzt nicht mehr nötig. Wir haben auch keine Zeit mehr«, sagte Vanek. »Wohl lebt allein. Wir wissen, daß er jeden Abend zu Hause ist. Wir kennen die Umgebung seines Hauses. Wir werden ihn heute abend besuchen.«
Inspektor Gruber von der Freiburger Polizei ergriff jede erdenkliche Vorsichtsmaßnahme: Ohne zu wissen, was passieren könnte, und halb davon überzeugt, daß gar nichts passieren würde, hatte er dennoch eine Großaktion auf die Beine gestellt. Auf Vorschlag von Lanz hatten zwanzig mit automatischen Waffen ausgerüstete Männer um Wohls Haus einen lockeren Kordon gebildet - sie hatten das Netz nicht zu dicht gespannt, weil jeder Besucher des Hauses durchgelassen werden sollte. Erst dann sollte der Ring geschlossen werden. Das Haus mußte also aus der Ferne beobachtet werden. Der dem Haus am nächsten postierte Polizist befand sich immerhin hundert Meter von dem Gebäude entfernt.
Sechs Männer bildeten die Einsatzreserve; sie hockten auf einem Mannschaftswagen, der auf einem Feld hinter einer Baumgruppe versteckt war. Die Kommunikation war hervorragend; jeder Mann hatte ein Walkie-talkie bei sich und war so mit einem Einsatzwagen verbunden, der einen halben Kilometer weiter oben auf einem Feld an der Straße nach Freiburg stand. Im Einsatzwagen saßen der BND-Vize, Lennox, Inspektor Gruber und ein Fernmeldetechniker; ein auf einem Klapptisch angebrachtes Sende- und Empfangsgerät verband sie mit den Walkie-talkies.
Um das Problem der großen Entfernung zu verringern - die Polizeibeamten durften nicht zu nah an Wohls Haus herankommen -, hatte Gruber einige Männer mit Nachtgläsern ausgerüstet, die das Haus ständig beobachten sollten. Gruber hatte klare Befehle erteilt: Jeder,
Weitere Kostenlose Bücher