Nummer 28 greift ein Wir Kinder aus der Brunnenstraße
natürlich nicht, weshalb
da plötzlich so viele Menschen auftauchten. »Po... Po... Polizei?«, stotterte sie und schaute erschrocken auf Otto.
Alle lachten und schüttelten die Köpfe. Überglücklich schloss die Mutter ihre beiden Kinder in die Arme. Und auch Melene schien
grenzenlos erleichtert zu sein. Nachdem Otto die drei nach Hause gefahrenhatte, fuhren sie in die Wohnung von Elmo zurück.
»Wie seid ihr eigentlich vorhin in die Wohnung gekommen?«, fragte Nadeshda und schaute sich nach Aufbruchsspuren an der Wohnungstür
um. Doch es war nichts zu sehen.
»Ganz einfach«, sagte Otto. »Wir haben ein paarmal geklingelt. Und als niemand geöffnet hat, habe ich mal geschaut, ob nicht
irgendwo ein Schlüssel versteckt ist. Und siehe da: Der Schlüssel lag unter der Matte!«
Seltsam, dachte Nadeshda. Hatte Walt den Wohnungsschlüssel dort etwa für die Eltern hingelegt, die in fünf Wochen kamen?
Als sie klingelten, wurde ihnen augenblicklich von Gogo geöffnet. »Na endlich!«, rief er erleichtert aus.
»Und? Habt ihr Melene gefunden?«, fragte Fiede sofort.
»Ja, alles klar«, berichtete Nadeshda. »Sie . . .«
Otto unterbrach sie: »Was ist mit Elmo? Und wo ist Poli-Kala?«
»Elmo weint«, hörte man Poli-Kalas Stimme. »Ich wollte ihn trösten. Aber er hört nicht auf.«
Sie fanden Elmo in seinem Zimmer. Er hockte mit hochgezogenen Schultern, die Arme um seine Beine geschlungen, auf seinem Bett
und starrte mit geröteten Augen vor sich auf die Bettdecke. Nadeshda fand, dass er entsetzlich traurig aussah. Hilflos schaute
sie zuGogo hinüber. Poli-Kala, die es nicht ertrug, wenn jemand traurig war, saß neben Elmo auf dem Bett und streichelte seinen
Arm. Elmo schien es nicht zu bemerken. Tränen liefen ihm die Wangen hinunter. Hastig wischte er sie weg.
»Was machen wir denn jetzt mit dir, Elmo?«, fragte Otto und schaute ihn besorgt an. »Wo sind denn deine Eltern?«
»Die, die sind auf Geschäftsreise«, murmelte Elmo leise. »Ich komm schon klar hier. Die ganzen Leute sollen nur endlich mal
alle hier aus der Wohnung verschwinden!«
Fiede erklärte Otto: »Seine Eltern sind nicht nur kurz weg. Vorhin hat er gesagt, sie kommen erst in fünf Wochen wieder.«
Elmo blitzte ihn wütend an, was Fiede natürlich nicht sehen konnte.
»Allein kann Elmo jedenfalls nicht hier in der Wohnung bleiben«, sagte Otto. »Hast du vielleicht irgendwelche Verwandten,
bei denen du wohnen könntest?«, fragte er Elmo. Und zu Nadeshda gewandt: »Hattest du nicht etwas von einer Tante erzählt,
die in einer Gartenkolonie wohnt?«
»Genau, Elmo du kannst doch erst einmal zu deiner Tante ziehen«, schlug Nadeshda ihm vor. »Die ist wirklich nett und wohnt
gar nicht weit von uns entfernt in der Nähe vom Fußballplatz von Altona 93!«
Doch Elmo schüttelte energisch den Kopf. »Nee, da will ich nicht hin! Die kenne ich doch gar nicht. Ich will nicht zu der
verrückten Lügentante! Und außerdem hat sie nicht einmal einen Fernseher! Ich bleib einfach allein hier, bis meine Eltern
zurück sind. Das ist überhaupt kein Problem. Wirklich!«
In diesem Moment rief eine freundliche Singsangstimme von der Wohnungstür her: »Hallo! Ist da jemand? Die Tür stand offen.
Eigentlich sollte hier irgendwo ein Schlüssel sein . . .?«
»Aber das ist doch Elmos Tante!«, rief Fiede, der die Stimme sofort erkannt hatte, ungläubig aus. Und tatsächlich: Da kam
tatsächlich Tante Adelheid mit ihren strohfarbenen Strubbelhaaren und in ihrer weiten Flatter-Flicken-Hose durch den Flur
in Elmos Zimmer gestolpert. Nadeshda, Fiede, Gogo, Poli-Kala und Otto Honig schien sie gar nicht zu bemerken. Sie stürzte
sofort zu Elmo hin.
»Du musst Elmo sein! Das habe ich sofort erkannt. Was hat er denn, der arme Walter? Warum musste dein großer Bruder denn so
plötzlich ins Krankenhaus? Und dann gleich für so lange Zeit! Es ist doch hoffentlich nichts Ernstes?«
»Häh?« – »Wie bitte?« – »Walter?« – »Krankenhaus?«
Als Tante Adelheid die erstaunten Ausrufe vernahm und auch Elmo sie nur vollkommen verständnislos anstarrte, zog sie einen
Brief aus ihrer Handtasche undwedelte damit herum. »Der lag vorhin in meinem Briefkasten. Den muss Walter vorhin auf dem Weg in die Klinik selbst noch bei
mir eingesteckt haben. Besser wäre es allerdings gewesen, er hätte geklingelt. Denn normalerweise gucke ich abends nie in
meinen Briefkasten. Aber wie der Zufall es will, habe ich heute doch noch mal
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