Nummer Drei: Thriller (German Edition)
zu Boden fallen und entzweigehen konnte, wenn ich auch nur einen Schritt tat. Ich hatte schreckliche Angst und dachte, wir müssten sterben.
Ich würde gern behaupten, dass mir Farouz sofort auffiel, dass sich unsere Blicke trafen und dass sofort eine gewisse Energie zwischen uns hin- und herströmte, aber in Wahrheit sah ich nur die beiden Piraten, einen jüngeren und einen älteren, die unsere Luxusjacht gekapert hatten. Nein, ganz stimmt das auch nicht. Seine Augen fielen mir auf, daran erinnere ich mich. Ich bemerkte, wie hell sie waren – richtiggehend grau, genau wie meine. Das weiß ich noch, weil ich dabei dachte, wir hätten etwas gemeinsam, und dann dachte ich: Nein, das ist doch lächerlich, mit diesem Mann habe ich nichts gemeinsam.
»Kapitän?« Der Ältere, der mit dem Bart, deutete mit der Waffe auf Damian.
»Ja«, bestätigte Damian.
»Ihr ergebt euch.«
»Ja.«
»Gut. Wir wollen nicht wehtun. Jetzt stoppen. Boot stoppen.« Damian zögerte.
»Wir wollen nicht wehtun. Aber wir tun euch weh, wenn ihr Boot nicht anhaltet.« Damian berührte die Schalter und stoppte die Maschine.
»Das Segel ist gesetzt«, sagte er. »Wir können nicht ganz anhalten.«
Der ältere Pirat wandte sich an den jüngeren, der etwas in ihrer eigenen Sprache sagte. Der ältere nickte.
»Gut. Ihr nehmt auch Segel runter. Später.« Er winkte dem anderen Piraten.
In diesem Moment wurde Tony hereingestoßen, hinter ihm folgte Felipe. Ich fühlte mich einen Moment lang mies, weil ich den Koch vergessen hatte, aber dann betrachtete ich Tony genauer und keuchte. Er hatte eine Beinwunde, und unter ihm bildete sich eine Blutlache auf dem Boden. Er war bei Bewusstsein, aber die Augen waren trüb. Einer der Piraten, die ihn hereingebracht hatten, nahm das Kopftuch ab und presste es auf Tonys Wunde.
»Was, zu m …«, setzte Damian wütend an.
Der ältere Pirat, offenbar der Anführer, hob eine Hand.
»Tut uns leid«, sagte er. »Unfall. E r …« Der Pirat unterbrach sich, wandte sich an den jüngeren Mann und redete hastig auf ihn ein.
»Er hat seinen Schlauch benutzt«, sagte der junge Mann ohne Bart mit den grauen Augen. Ich staunte über seinen Akzent und die gute Aussprache. Auch das fiel mir gleich zu Anfang auf.
»Der Schlauch hat eine Waffe ausgelöst«, fuhr er fort. »Wir entschuldigen uns. Wir wollten niemanden verletzen. Es tut uns leid. Der Mann, der auf ihn geschossen hat, wird zur Ordnung gerufen und bekommt eine Geldbuße.«
»Er wir d …«, setzte Damian mit schwacher Stimme an. Ob es Furcht oder nur Verwirrung war, konnte ich nicht erkennen.
»Er wird bestraft«, bekräftigte der jüngere Pirat. »Natürlich behandeln wir die Wunden dieses Mannes. Geben Sie meinem Boss hier bitte erst einmal eine vollständige Liste aller Personen an Bord. Gibt es noch jemanden, der sich nicht in diesem Raum befinde t ?«
»Nein«, log mein Dad.
Ich warf ihm einen Blick zu. Die Stiefmutter, dachte ich. Offensichtlich wollte er den Piraten ihre Anwesenheit verschweigen.
»Gut«, sagte der Pirat. »Gut. Geben Sie mir bitte die Passagierliste.«
Damian hob beide Hände.
»Die habe ich gerade nicht hier«, wich er aus. »Ich muss sie ers t …«
»Sie lügen«, unterbrach ihn der junge Pirat.
Am Rand bemerkte ich, dass er eine Rolex trug. Es war erstaunlich, so etwas an seinem Handgelenk zu entdecken. Außerdem stammte die weite Hose, die er mit einer Schnur gesichert hatte, mit ziemlicher Sicherheit von Ralph Lauren.
»Letzte Chance«, sagte er. »Wie viele Menschen sind an Bord?«
Sein Tonfall machte deutlich, dass es kein guter Einfall gewesen wäre, ihn noch einmal anzulügen. Im gleichen Moment sah ich, wie sich unter dem Hemd seine Brustmuskulatur spannte, und ein starkes Gefühl durchzuckte mich wie ein Blitz oder wie ein elektrischer Schlag.
»Nur noch eine.« Damian achtete nicht auf Dad, der ihn anfunkelte. »Die Frau dieses Mannes. Sie hat in einer Kabine geschlafen. Wahrscheinlich ist sie inzwischen wach geworden«, fügte er nervös lachend hinzu.
Der Anführer verstand die Worte anscheinend, weil er einem der Piraten, die Tony hereingebracht hatten, zuwinkte und einen barschen Befehl erteilte. Die Stiefmutter hatte die Schüsse sicherlich gehört und sich vermutlich versteckt oder in der Kabine eingeschlossen.
Als sich der Pirat auf die Suche nach ihr machte, sagte der Anführer etwas zu dem jungen Mann mit dem beeindruckenden Englisch. Der jüngere Pirat nickte.
»Hören Sie«, schaltete sich
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