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Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Titel: Nummer Drei: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Lake
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seinem riesigen Geweih vor den hohen Wohnblocks wie eine Höhlenzeichnung.
    »Was hast du vor?«, fragte ich. Ich war nicht daran gewöhnt, dass Mom ohne Grund durch die Gegend ging. Ich meine, natürlich ging sie. Sie war ja ein Mensch und kein Vogel oder Fisch. Aber sie wanderte nicht und bummelte auch nicht müßig herum. Wenn sie zu Fuß unterwegs war, dann hatte sie immer ein Ziel.
    »Es ist eine Überraschung«, sagte sie nur.
    Wieder zwinkerte sie mir zu und führte mich schließlich den Hügel zur Royal Ballet School hinauf. Dort gibt es eine Bank, von der aus man die Teiche, das mit Heidekraut bewachsene Gelände und die Bäume im Hintergrund überblicken kann. Es sieht beinahe aus wie in Schottland oder so. Wir erreichten die Hügelkuppe, und hätte ich in einem kitschigen alten Film gesessen, dann hätte ich geblinzelt und wäre zwei Schritte zurückgewichen. »Oh, ist das wirklich für mich?« Dort stand nämlich ein Tisch, ein richtiger Esstisch mit weißer Tischdecke, feinstem Porzellangeschirr und Weingläsern, auf dem ein unglaubliches Festmahl angerichtet war. Ich entdeckte Brathähnchen, Schokolade, Salat, Käse, Quiches.
    »Ich war nicht sicher, was du gerade magst«, erklärte sie. »Dein Geschmack ändert sich so oft.«
    »Ic h … ic h … Jesus, Mom!«
    »Gefällt es dir nich t ?«
    »Doch, natürlich gefällt es mir«, antwortete ich. »Es ist beeindruckend.«
    So hätte ich es nicht sagen sollen. Ich hätte sagen sollen: Ich liebe dich. Du bist höchst beeindruckend . Aber das sagte ich nicht, und jetzt ist es zu spät.
    Trotzdem, sie freute sich, dass es mir gefiel, so viel konnte ich erkennen. Und beeindruckend war es tatsächlich. Es war ein bisschen zu kalt, um draußen zu essen, aber an so etwas dachte Mom nur selten. Es spielte auch keine Rolle. Niemand sonst war in der Nähe, abgesehen von zwei Jungs auf Rollschuhen, die angehalten hatten und den Tisch anstarrten, der etwa drei Meter vom Hauptweg entfernt aufgebaut war. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, wie Mom das alles geplant und hingekriegt hatte.
    »Wie hast d u …«
    Sie hob einen Finger an die Lippen.
    »Ein Magier verrät niemals seine Tricks.«
    Also setzten wir uns und nahmen mitten im Richmond Park dieses beeindruckende Essen mit ganz unterschiedlichen Gängen und Wein zu uns. Als ich am Abend mit meinen Freundinnen ausging, war ich schon leicht beschwipst. Das war aber in Ordnung, weil Mom sagte, sie würde mich genau um elf im Pub abholen, und ich solle lieber dort sein, sonst nehme sie mir die Uhr wieder weg. Das war noch etwas Tolles an Mom: Ich war viel zu jung, um Alkohol zu trinken, aber sie hatte nichts dagegen.
    Nach einer Weile tauchte der Parkwächter in einem dieser grünen Landrover auf. Er stellte den Wagen ab und stieg aus.
    »Es tut mir leid«, sagte er, »aber Sie können nicht so einfac h … ich meine, dieser Tisch. Das können Sie nicht machen.«
    »Oh?«, erwiderte Mom. »Komisch. Wir haben es nämlich gerade gemacht.«
    Danach mussten wir gehen. Aber das war nicht weiter schlimm, weil ich mir jede Minute bis zu jenem Augenblick einprägen konnte, in dem wir vertrieben wurden. Ich erinnere mich heute noch an das Essen und Trinken, während unter uns die Hirsche umherwanderten. Die Sonne schien, die Herbstluft roch nach Laub und Rauch, Vögel zwitscherten, und niemand, einfach niemand starb.

8 Die Piraten pflanzten uns auf die Sofas und Lehnstühle im Kino. Ich saß neben Dad, der meine Hand hielt.
    »Es ist alles in Ordnung, Amy«, flüsterte er. »Wir sind lebend mehr wert als tot.«
    Wie beruhigend, dachte ich. Dann sah ich ihn an.
    »Warte mal – du bist lebend mehr wert. Du bist reich. Ich bin bloß deine Tochter.«
    »Sei nicht albern!«, widersprach Dad. »Wir sind alle wertvoll.«
    »Wirklich?«, fragte Felipe. »Ich habe kein Geld.«
    »Darauf kommt es nicht an«, erwiderte Dad. »Es ist eine einfache Rechnung. Wenn einer von uns stirbt, bekommen die Piraten überhaupt kein Lösegeld, ganz egal, wie viel wir sonst gezahlt hätten.«
    Auch das fand ich nicht sonderlich beruhigend. Ich fing Felipes Blick auf, der sich anscheinend das Gleiche fragte wie ich: Gibt es einen Punkt, von dem an Dad nicht mehr die Wahrheit sag t ?
    Angenommen, Felipe starb. Oder Tony. Würde Dad dann nicht trotzdem noch bezahlen, um die restlichen Überlebenden auszulösen?
    Allerdings sagte ich nichts dazu. Ich war der Ansicht, es sei nicht gut für die Moral.
    Inzwischen hatte ich eigentlich auch keine Angst

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