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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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ihn nie mehr loslassen.
    »Bitte, Dad, bring mich hier weg«, flüsterte ich. Seit ich dreizehn war, hatte ich ihn nicht mehr »Dad« genannt. Doch er verstand meine Verzweiflung, meine Angst vor solchen Orten. Vielleicht teilte er sie sogar, aber selbst wenn, dann ließ er sich das nicht anmerken. Er zog mich an seinen roten Anorak, der angenehm frisch nach Land und Lagerfeuer roch. Dann strich er mir übers Haar. Ein einziges Mal.
    »Kopf hoch, Mag«, sagte er und sah mich traurig und liebevoll zugleich an. Dann führte er mich zu seinem Wagen und brachte mich in sein Haus - denn obwohl ich nicht mehr wusste, weshalb, schien ich kein Zuhause mehr zu haben.
     

Kapitel 8
    Am Montag nach Bels Hochzeit wachte ich früh auf, fühlte mich aber äußerst unwohl. Im ersten Moment wusste ich gar nicht, wieso, dann fiel es mir wieder ein: Heute war der glorreiche Tag, an dem sich meine Wiedereingliederung ins Arbeitsleben vollziehen sollte: Renee deckt auf - der Alptraum begann von Neuem. Ich zog mir die Decke über den Kopf, aber davon wurde meine Angst nicht weniger. Schließlich krabbelte ich aus dem Bett.
    Obwohl die morgendliche Fahrt zur Arbeit sich für gewöhnlich endlos hinzuziehen schien, verging sie dieses Mal wie im Flug. Rundum raschelten die Zeitungen, als wir durch Rotherhithe und Bermondsey sausten. Wie mit spinnwebgleichen Wolken überzogen wölbte der Himmel sich über die Häuserblocks. Mein Blick strich über Wäsche auf Plastikleinen, und mir wurde bewusst, dass ich Angst hatte.
    Zwar hatten mich einige meiner früheren Kollegen im Haus meines Vaters besucht, doch ich wusste nicht, wie sie sich im Büro mir gegenüber verhalten würden. Ich wusste nicht, wie viel sie wussten, und genau das war es, was mir Sorgen bereitete. Ich brachte die Ereignisse ja selbst kaum auf die Reihe. Außerdem hatte ich Angst, mein untrügliches Gespür verloren zu haben. Monatelang verletzt zu Hause herumzuhocken ist schließlich nicht gerade förderlich für das Selbstbewusstsein.
    Natürlich verlief die Fahrt zur Arbeit gerade an diesem Morgen so glatt, dass ich viel zu früh dort war. Ich fühlte mich winzig, als ich in der kalten Winterluft die Fußgängerbrücke an der Charing Cross Station überquerte. Eine bewegte Skyline bot sich meinem Blick, hohe Kräne schwangen über die schnörkeligen Türmchen vergangener Jahrhunderte. Ich machte am Café an der Ecke Halt und trank einen Kaffee, der so stark war, dass ich davon Herzklopfen bekam. Ich merkte, dass die Leute hinter dem Tresen mich erkannten, aber ich hatte im Augenblick keine Lust auf ein Gespräch. Dann konnte ich es nicht länger hinauszögern. Ich war so nervös, dass meine Hand zitterte, als ich beim Sicherheitsbeamten meinen Namen ins Kontrollbuch eintragen ließ.
    Doch als ich ins Büro kam, waren alle ungeheuer nett. Die Mädchen waren wirklich lieb zu mir und setzten mich sofort über all den Klatsch und Tratsch ins Bild, den ich in den letzten Monaten verpasst hatte. Es war alles so vertraut, dass ich erleichtert aufatmete. Und Charlie sollte den ganzen Tag außer Haus sein. »So schlimm ist es ja gar nicht«, sagte ich mir. »Vielleicht schaffe ich es ja doch.«
    Ich begann gerade, mich ein bisschen zu entspannen, sortierte die Post in meinem winzigen Büro und versuchte, mich nicht von den Unmengen an E-Mails und Briefen beeindrucken zu lassen, die sich während meiner Abwesenheit angesammelt hatten. Da klopfte es leise an meine Tür.
    »Maggie?«
    Ich sah von dem Brief auf, den ich gerade las. Es war der blonde Junge, der sich nach der Trauma-Show bei mir gemeldet hatte. Jetzt, wo ich ihn ansah, erinnerte er mich seltsamerweise an jemanden. Vermutlich an sich selbst.
    »Oh, hallo.« Ich hatte seinen Namen schon wieder vergessen.
    »Ich dachte, Sie hätten vielleicht gerne Kaffee.«
    Er wirkte dabei so eifrig, dass ich mich nicht traute, ihm zu sagen, wie viel Koffein bereits durch meine Adern rauschte. Und so stellte er die alte Tasse mit der pinkfarbenen Aufschrift »Du bist die Beste« so vorsichtig neben meinen Computer, als handle es sich um ein Fabergé-Ei. Dann blieb er stehen und schaute mich an.
    »Wie läuft’s denn so?«, fragte ich ihn, als ich merkte, dass er nichts sagen würde. »Haben Sie sich schon an den Betrieb gewöhnt? Manchmal kann es …«
    »Oh, ich finde es toll«, warf er lässig ein. »Die Mädchen machen es mir leicht.« Das wäre das erste Mal. Auf jeden, der sich nicht freiwillig duckte, wurde gnadenlos eingehackt.

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