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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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beschreiben?«
    »Eigentlich nicht.« Sie hörte sich ziemlich gelangweilt an. »Moment mal … die Roten kosten ein Pfund das Stück, Liebes.« Dann meldete sie sich wieder. »Irgendwie eingebildet, würde ich sagen. Entschuldigen Sie, aber ich habe zu tun.«
    »Würden Sie mich anrufen, wenn Ihnen noch irgendetwas einfallen sollte? Es ist wichtig.«
    »Klar.« Ich spürte förmlich, wie sie am anderen Ende der Leitung den Kopf schüttelte. Von der würde ich sicher nie wieder etwas hören.
    Als ich das Telefon anstarrte und gerade überlegte, ob ich die Polizei informieren sollte, steckte Charlie seinen Kopf herein und warf mit verschwörerischem Zwinkern das Skript zu Jetzt ist Schluss auf meinen Schreibtisch. Niedergeschlagen blätterte ich es durch, als Joseph Blake mir ins Blickfeld kam. Da erst wurde mir klar, dass ich mit meinem Boss nicht über Josephs Zukunft hier beim Sender gesprochen hatte. Nun ja, dann musste das eben warten.
    Ich tat so, als studiere ich die Sendepläne für die Vorweihnachtszeit, während ich das Vorrücken der Uhrzeiger beobachtete. Endlich war es so weit: Ich durfte raus. Wie bei den meisten Fernsehsendern herrschte auch bei Double-decker die Ideologie, dass der am besten in seinem Beruf sei, der abends am längsten blieb. Die meisten Mädchen saßen abends noch mit konzentriertem Blick vor dem Bildschirm, wobei sie vermutlich neue Outfits auf der Modewebseite Net-a-porter bestellten oder ihr Facebook-Profil aktualisierten, um Zeit zu schinden.
    Um sechs Uhr abends schnappte ich mir meinen Mantel und murmelte etwas über einen wichtigen Termin vor mich hin, obwohl ich mir nichts sehnlicher wünschte, als mit Bel eine Flasche Wein zu öffnen. Als ich im Delikatessenladen an der South Bank stand und frische Tagliatelle zu Kirschtomaten und Mozzarella packte, läutete bedauerlicherweise das Telefon. Es war Bel.
    »Entschuldige bitte, Mag, aber Hannah hat einen seltsamen Ausschlag. Ich muss sie zum Arzt bringen. Tut mir wirklich leid.«
    Traurig starrte ich in meinen Einkaufskorb, bevor ich alles wieder zurücklegte. Ich ging in die kalte Nacht hinaus. Der Wind schlug mir ins Gesicht. Da ich mir gerade erst die Haare hatte schneiden lassen, spürte ich die Kälte im Nacken ganz besonders. Ich zog meinen Wollschal enger und versuchte, mir nicht selbst leidzutun. Alle Menschen um mich herum sahen so aus, als hätten sie etwas Interessantes zu tun - nur ich nicht. Das Jolly-Sportsman-Pub an der Ecke wirkte einladend, und so kramte ich in der Tasche, um festzustellen, wie viel Kleingeld ich noch hatte. Da fanden meine Finger etwas anderes: Sebs Karte. Ich sah auf die Uhr. Es war noch nicht mal sieben. Ich hatte immer noch genug Zeit, um an den Piccadilly Square zu kommen, wenn ich wollte. Wenn ich Seb wollte. Aber zuerst wollte ich mir im Pub etwas gönnen.
     
    Ich nahm gerade einen tiefen Zug aus meinem ersten Glas Wein, als jemand sich an mich heranschlich und meinen Ellbogen fasste. Ich erschrak so sehr, dass ich den Wein über meine Tasche schüttete.
    »Maggie!«
    »Lieber Himmel, Fay!« Ich erstickte fast an meinem Merlot.
    »Soll ich mir auch einen bestellen?« Sie sah mich an. »Allein zu trinken ist ja nicht gerade lustig.«
    »Mitunter … mitunter ist es aber auch ganz in Ordnung«, meinte ich steif.
    »Ach, Maggie, stellen Sie sich doch nicht so an.«
    »Bitte, Fay. Ich hatte einen harten Tag heute. Ich möchte nur … ich möchte wirklich gern ein wenig allein sein.«
    »Das glaube ich Ihnen nicht!« Sie lachte mich an. »Wie auch immer: Ich habe etwas für Sie.« Sie gab mir einen Umschlag.
    Ich biss die Zähne zusammen. »Wenn das wieder ein Foto von dem verdammten Unfall ist …«, sagte ich und legte den Umschlag ungeöffnet auf die Theke.
    »Ist es nicht. Versprochen. Es ist etwas viel Netteres«, kicherte sie. Natürlich hatte der Barmann sie längst entdeckt, und so wandte sie sich ihm zu. »Eine Weinschorle bitte. Und eine weitere für sie.« Fay schob mir den Umschlag wieder zu. »Machen Sie ihn ruhig auf.«
    Nervös sah ich hinein: Kinderfotos. Ein Kind mit schwarzen Locken und einem ernsthaften Ausdruck in den blauen Augen. Und noch ein Foto von einem etwa sechs Monate alten Mädchen, das nur einen Zahn hatte. Ein weiteres Foto zeigte ein vielleicht sechsjähriges Mädchen im Prinzessin-Lillifee-Kleid, das mit weit aufgerissenen violetten Augen entzückt in die Kamera starrte. Ein Schauer lief mir über den Rücken.
    »Wissen Sie, wer das ist?«
    »Soll ich

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